Geschichten April - Juni 2020 » Sektenherz

@Sinan

X ist Mitglied in einer politisch-religiösen Sekte. Nachdem er sein ganzes Leben keinen Anschluss gefunden hat, ist er nun glücklich, endlich einen Sinn zu sehen und Menschen um sich herum zu haben, welchen er wichtig ist. Die Sekte erfreut sich immer stärkerer Beliebtheit im Land, hat mittlerweile viele Anhänger und versucht das politische System zu instabilisieren.
Y ist kein Sekten-Anhänger. Er lernt X kennen und steht der Sekte sehr kritisch gegenüber .


Name: John Rhodes
Alter: 23
Charakter: John ist Student, allerdings nicht wirklich ein guter, da er häufiger die Vorlesungen schwänzt. Er lebt noch in seinem Elternhaus und leidet sehr unter dem Tod seines Vaters, auch wenn dieser schon 8 Jahre zurückliegt. Seinen Ausweg aus dieser Trauer hat er sich zum einen bei Drogen gesucht, aber auch mit Musik. Er hat eine eigene kleine Punkrock-Band, die hauptsächlich Lieder gegen das amerikanische System schreibt. John ist sehr an Politik interessiert und besucht häufiger Demonstrationen. Er ist sehr für Veränderungen im politischen System, allerdings ist ihm klar, dass radikale Veränderungen alles nur schlimmer machen. Und Gewalt bringt erst recht nichts. Wenn, dann müssen Veränderungen gut durchdacht sein, sodass sie allen nützen.
Seit einiger Zeit lebt bei John und seiner Mutter auch ein neuer Mann, in den sich seine Mutter verliebt hat. Dieser war einst Soldat. John gerät andauernd mit ihm wegen seiner politischen Ansichten, aber auch wegen seines Aussehens, seines Drogenkonsums und seiner Homosexualität mit ihm aneinander. Oft flüchtet John regelrecht von Zuhause, um von seinem zukünftigen Stiefvater in Ruhe gelassen zu werden. Dann verbringt er die meiste Zeit entweder bei Bandproben, bei irgendeinem Freund, auf Demonstrationen oder einfach irgendwo draußen.
Aussehen:
Quelle: https://pm1.narvii.com/7236/f797659c7fa1...0-427v2_uhq.jpg

Name: Kasimir Jahnson
Herkunft: Estland (leichter Akzent)
Alter: 25 Jahre
Größe: 1,87 Meter
Körperliche Merkmale: lange Dreads bis zur Hüfte, fahle Haut, an beiden Ohren schwarze Ohrstecker, Untercut
Beruf: Webdesigner und Künstler
Wohnsituation: Alleine mit seinem Hund in einer 3-Zimmer-Wohnung.
Hobbys: Zeichnen in verschiedenen Stilen, Traumreisen, Bogenschießen
Charakter: Melancholisch, emotional, direkt, kritisch, achtsam und gerne in Sachen völlig vertieft, manches Mal genießerisch

Lebenslauf:
Kasimir und seine Eltern wanderten illegal nach Deutschland ein, als er etwa 10 Jahre alt war, da sie in Estland keine Arbeit mehr fanden. Sie versuchten hier Arbeit und eine Wohnung zu finden, was aber nicht gelang. Sie waren obdachlos. Nachdem er eines Abends von Polizeibeamten beim Betteln aufgesammelt wurde, kam er anschließend in eine Pflegefamilie. Als die Pflegemutter dann einige Jahre später an MS erkrankte, kam Kasimir mit 16 Jahren in eine Jugendwohngruppe. Angestachelt von anderen Jugendlichen und auf der Suche nach Beziehungen, begann er ihr Verhalten zu kopieren. Er randalierte, begann selbst Drogen zu konsumieren und schaffte nur mit großer Mühe seinen Abschluss. Erst, als er eine eigene Wohnung bezog, machte er schließlich noch seinen Realschulabschluss und eine Ausbildung. Heute ist er Webdesigner und Künstler, er verdient sich damit sein Geld, konnte sich ein stabiles Leben aufbauen, wobei er schon immer das Gefühl hatte, in dieser Welt nie richtig dazuzugehören. Als wäre er ein feindliches Wesen, und könnte nicht aufgenommen werden. Traumreisen helfen ihm dabei, dieses triste und unästhetische Leben zu ertragen. Menschen hasst er, aufgrund ihrer Verantwortungslosigkeit und Hässlichkeit. Jahrelang lebte er also alleine ohne feste Bindungen, besorgte sich dann irgendwann einen Hund. Aber auch dieser kann sein Bedürfnis nach Nähe nicht vollends befriedigen, ebenso auch nicht die vielen kurzen Affären oder One-Night-Stands, welche er führt.
Erst als er jemanden von der Sekte trifft, verändert sich alles. Das erste Mal in seinem Leben hat er das Gefühl, irgendwo zugehörig zu sein und aufgenommen zu werden. Er will die Welt verändern, und schreckt dafür auch nicht vor Gewalt zurück.

@Sinan

-John-

"Achtung, Achtung! Diese Demonstration wird aufgelöst, da sie nicht ordnungsgemäß angemeldet wurde! Wir bitten Sie, diesen Platz nun umgehend zu verlassen. In 15 Minuten hat dieser Platz komplett geräumt zu sein, sonst werden andere Maßnahmen ergriffen!"
So lautete die Durchsage des Polizisten durch sein Megafon. Noch während er redete, wurden wütende Stimmen laut.
"Fick dich, Alter! Einen Scheiß mach ich!"
"Das ist doch meine Freiheit, ob ich dafür demonstriere!"
"Wenn dieses beschissene Atomkraftwerk da drüben hochgeht, gehst du auch drauf, du Scheißbulle!"
"Unglaublich, dass die Stilllegung von diesen Dingern nicht schneller vorangeht..."
"Ja! Das Ding muss gestoppt werden! Sofort!"
"Stoppt das Kraftwerk jetzt! Stoppt das Kraftwerk jetzt! STOPPT DAS KRAFTWERK JETZT!"
Die wütenden Stimmen wurden immer lauter und sie formierten sich zu diesem Sprechchor. Dabei hatte dieser Polizist gar nicht mal unrecht. Die Demo war wirklich nicht angemeldet. In den sozialen Netzwerken war der Aufruf zu dieser Anti-Atomkraft-Demo und der Forderung nach einem EU-weiten Gesetz gekommen und innerhalb weniger Stunden viral gegangen.
Und ich war mitten drin in diesem Wahnsinn, der langsam zu eskalieren drohte. Am Rande des Platzes sah ich lauter Polizeiwagen und auch größere mit Wasserwerfern. Nicht mehr lange und diese Dinger würden zum Einsatz kommen.
Ein unangenehmes Quietschen von einem Mikrofon drang an meine Ohren. Ich hob meinen Kopf. Wollte dieser Bulle noch irgendwas sagen? Ich konnte ihn jedoch nicht entdecken. Tatsächlich sprach jemand anderes. Mit einer anderen Botschaft.
"Unsere Stimmen werdet ihr nicht aufhalten! Lasst euch nicht von Kleindenkern unterdrücken!", stachelte die Stimme die Menschenmenge auf. Zustimmendes Gegröle folgte und es kam, wie es kommen musste: der erste Stein flog auf die Polizisten zu.
Nun gab es kein Halten mehr. Die Leute stürzten auf die Polizei zu, die mit Mühe, die Massen abwehrte. Mir wurde das langsam ein bisschen zu heiß. Langsam ging ich ein paar Schritte rückwärts. Dabei fielen mir ein paar Leute am Rande des Platzes auf. Einer von ihnen hielt ein Megafon in der Hand. Hatte er diese aufstachelnden Worte gesagt? Die Leute verteilten Flyer an die umstehenden Leute. Neugierig davon runzelte ich die Stirn und näherte mich dieser Gruppe, die irgendwie zur Demo gehörte, aber irgendwie... auch nicht.

Wir waren noch relativ friedlich, jedenfalls auf dieser Demonstration. Standen eher am Rand, einige von uns waren in der Menge. Mit den Demonstranten hatten wir für genau diese Aktion dasselbe Ziel: Die Abschaltung des Atomkraftwerks. Dennoch hassten sie uns, sobald sie mitbekamen, welcher Organisation wir angehörten. Ein kleines Banner an unseren Oberarmen verriet es meist: Der Umriss eines weißen Wolfkopfes.
Das Atomkraftwerk war alt, hatte hier und dort schäden, und wurde zwar saniert, entsprach jedoch häufig nicht den Sicherheitsstandarts. Wie auch alle anderen hier, hatten wir eine gewisse Angst davor.
Dennoch unterschieden wir uns, da wir nicht grundsätzlich gegen Atomkraft waren. Ganz im Gegenteil. Wir wollten Atomkraftwerke, nur wollten wir neue mit den höchsten Standarts und das weiterhin an neuen Technologien geforscht wird, auch eine Endlagermöglichkeit gefunden wird, um saubere Energie zu produzieren. Für uns war das die Zukunft, gemeinsam mit noch vielen anderen Glaubensansichten.
Ich fand es ätzend, hier zu stehen, und diese Flyer zu verteilen und andre über unsere Haltung zu informieren. Nicht selten wurden wir beleidigt, oder sogar angespuckt. Nicht selten wurden wir zum Ziel von Gruppenschlägereien.
Auch heute war ich durchaus angespannt, wie auf jeder Demonstration. Als ich die Wasserwerfer sah, wurde ich nervös. In den letzten Monaten ging die Regierung immer wehementer gegen unangemeldete Demonstationen vor, es schien mir nahezu, als sei sie genervt von Demonstrationen im Allegemeinen.
Irgendwann kam aus der Masse jemand zu uns. Die meisten Menschen räumten bereits den Platz oder begannen sich mit der Polizei anzulegen. Es schien kaum noch um das Thema zu gehen, sondern nur noch um den Kampf zwischen Bürgern und Staat.
"Und welche Position vertrittst du?", fragte ich, als er vor uns stehen blieb.

-John-

Als ich näher an die Gruppe herankam, sah ich schließlich die Armbinden mit dem weißen Wolf an ihren Armen. Ah, das war doch diese Gruppe, die zum Teil sehr radikale Ansichten hatte, oder? Wie hießen die noch gleich...?
Da bemerkte mich einer aus der Gruppe und sprach mich auch direkt an. Kurz überlegte ich, ob ich einfach weitergehen sollte. Andererseits, warum nicht einfach mal mit diesen Leuten reden? Als ich mich dem jungen Mann, der mich angesprochen hatte, gegenüberstellte, bemerkten mich auch die anderen aus der Gruppe. Prompt wurde mir ein Flyer in die Hand gedrückt, den ich aber erstmal nicht weiter beachtete. ich dachte eher über die Frage nach, die mir gestellt worden war.
"Welche Position? Meinst du, was diese Demo betrifft? Nun... ich bin für die Abschaltung dieses Reaktors. Aber das ist wohl jeder hier..." Und trotzdem waren nicht alle auf der gleichen Seite. Ich blickte zu den wütenden Demonstranten, die sich mit der Polizei anlegten. Langsam fuhr in der Ferne einer der Wasserwerferwagen vor. Nicht mehr lange und gleich würde die Menschenmenge mit einem knallharten Wasserstrahl beschossen werden. "Nun... ich bin der Ansicht, dass man miteinander reden sollte", sagte ich schließlich und lächelte den Mann vor mir an. "Das tu ich ja im Moment auch bei euch." Ich wusste, dass diese Gruppe oft auf Demos war und oft auch für Tumult sorgte. Allerdings waren sie auch selbst oft die Zielscheibe von Andersdenkenden. Nicht, dass ich jetzt Mitleid mit diesem Verband hätte. Aber ich fand es auch nicht gerecht, dass sie angegriffen wurden. Meiner Meinung nach, sollte man sich immer erstmal die Argumente seines Gegenübers anhören und nicht einfach draufhauen.
Ein Alarm von einer Polizeisirene ertönte. Dann sprach wieder ein Polizist. "Wir lösen diese nicht genehmigte Demonstration jetzt gewaltsam auf!"
Ich verzog das Gesicht. "Wird wohl Zeit zu gehen..." Irgendwie schade, ich hätte jetzt gern noch ein wenig mit diesen Leuten geredet.