RE: --|| ViPER - A better world for everyone ||-- - 4

Ich ließ mich von ihm stützen und lehnte mich etwas an ihn, da ich ansonsten vielleicht wieder gegen eine Wand laufen würde. "Nein, ich denke, das ist nicht notwendig. Ich denke, ich werde mich Zuhause einfach hinlegen und mich ausruhen." Und dort die Wunde desinfizieren und bestrahlen, sodass sie heilen konnte. "Ich hätte Sie hier keinesfalls erwartet." Ich drehte mich nochmal um. Nein, uns verfolgte niemand zum Glück. Und es war kaum jemand auf der Straße. Alle saßen sie an ihren ViPERs in einer anderen Welt.

"Ist wohl besser.", murmelte ich leise.
"Wovor bist du weggelaufen? So wie du in mich rein gerauscht bist...", sagte ich leise.
Wir gingen langsam weiter. Sein Körper war leichter als ich erwartet hatte. Zumindest spürte ich kaum sein Gewicht.
Es war immer noch erstaunlich, dass ich ihm tatsächlich noch einmal begegnet war und kurz kam mir der Gedanke, ihn nicht wieder gehen zu lassen.

Ich ging neben ihm her. Spürte die Übelkeit in meinem Körper und hoffte, mich nicht übergeben zu müssen. Meine Kapuze hatte ich weiter tief in mein Gesicht gezogen, damit er mich so nicht genauer ansehen konnte. Und auch nicht meine Haarfarbe sah, damit er darauf können konnte, der Traum wäre eine Schöpfung im ViPER gewesen.
"Ich will nicht darüber sprechen", sagte ich leise. Denn das war einfacher, als eine Lüge zu erfinden. Keine Lüge hätte verheimlichen können, dass ich in Schwierigkeiten steckte. Aber das tat ich schon seit 3 Tagen, als ich damit begonnen hatte, mich überall einzumischen.
Der Name Safran streifte wie ein Gespenst durch das Darknet und größere Systeme als versteckter Code. Ich hatte viele Feinde und Bewunderer. "Dein Firmensitz ist hier in der Nähe. So spät Feierabend gemacht, oder eine heimliche Affäre im Büro?"

'So geheimnistuerisch also', dachte ich und musste wieder ein wenig schmunzeln.
Dann hörte ich seine Frage und blieb kurz stehen und sah auf ihn hinab.
"Das glaubst du ernsthaft...", fragte ich gespielt entrüstet.
"Dass ich ein Typ für eine Affäre bin...?"
Ich trat gewandt mit einem Schritt vor ihn, sodass ich immer noch mit der anderen Hand ihn an der Hüfte hielt.
"Ich bin weder verheiratet, noch habe ich eine aktuelle Beziehung...", meine Stimme war leise und ich legte sacht einen Finger an sein Kinn.
So hob ich langsam sein Gesicht, damit er mich ansah.
"Aber... ich muss zugeben, dass es da jemanden gibt... der mich völlig aus der Fassung bringt... mit den zauberhaftesten Augen die ich jeh gesehen habe..."
Instinktiv neigte ich mich vor und legte meine Lippen auf seine. Meine Hand strich langsam über seine Wange und meine Finger streiften sein Ohr und sein Haar.

"Ich kenne dich kaum. Kann doch angehen", meinte ich. Es hatten viele Menschen Affären und die meisten fanden daran auch nichts verwerflich. Er anscheinend schon. Es beleidigte ihn schon fast, dass ich es ihn nur gefragt hatte.
Als er sich vor mich stellte, hielt ich automatisch an. Auch, da er ja meine Stütze war und ich direkt merkte, wie schwerer es wurde, nur zu stehen.
Er erklärte, dass er in keiner Beziehung war. So deutlich, dass mir nochmal bewusst wurde, dass dieser Mann etwas von mir wollte. Das überforderte mich schlicht, da ich engen Kontakt zu Menschen immer gemieden hatte.
Er hob mein Gesicht an. Mein Herz begann direkt aufgeregt zu rasen. Konnte ich das zulassen? Durfte ich es? Ich war hin und her gerissen und wollte darüber nachdenken, aber da kam er mir näher und küsste mich bereits gang sachte. Für mich jedoch war es, als wäre ein Sturm über mich herein gebrochen. Ich war dennoch unfähig, mich zu bewegen, so sehr verunsicherte es mich. Mein Blut begann zu kochen, mir wurde heiß innerhalb weniger Sekunden. Dann zog ich meinen Kopf zurück und betrachtete mit großen Kunstaugen sein Gesicht. Versuchte darin zu begreifen, was grade passierte. Schüttelte ungläubig nur den Kopf. Ich sah im Augenwinkel, wie das Taxi neben uns hielt. "Das ist nicht mein Schicksal", wisperte ich stotternd, presste die Lippen zusammen.

Wie der Kerl meinen Verstand durcheinander brachte, wühlte mich innerlich auf. Ich versuchte es mir nicht anmerken zu lassen, dennoch konnte ich nicht widerstehen. Ich musste diese Lippen schmecken, im Hier und Jetzt.
"...das kannst du nicht wissen wenn du es nicht probierst...", sagte ich leise und strich ihm noch einmal über die Wange.
"Ich werd dir jetzt in dieses Taxi helfen und du kannst allein hinfahren wo auch immer du hin willst... oder wir steigen gemeinsam ein und siehst wo dein Schicksal dich hin führt...", hauchte ich und ging, ihn stützend, mit ihm zum Taxi und öffnete ihm ganz Gentleman-like die Tür.

Doch, ich wusste es. Mein Schicksal stand schon lange für mich fest. Indien oder der Tod. Ich wollte dieses verfluchte Leben nicht mehr, welches wie eine einzige Jagd nach Frieden gewesen war, den ich nie gefunden hatte und wie finden würde. Bei diesem Gedanken verzog ich verbittert das Gesicht.
Wir gingen zum Taxi. Dieses wurde nur noch technisch gesteuert, kein Mensch darin war zu sehen. Ich lieb vor der Tür stehen und öffnete sie, hielt aber einen Moment lang inne. "Ich habe keine Sehnsucht nach der Schnelllebigkeit der gegenwärtigen Beziehungen. Ich werde dein Angebot, mich zu in Versuchung zu führen, also dankend ablehnen."
Genau das interpretierte ich grade in sein Interesse an mir. Schneller, kurzer Sex. Wäre auch nicht das erste Mal, dass ich diese bitteren Erfahrungen machen durfte, die mich nie befriedigt hatten. Es mochte sein, dass ich nun wie eine verfluchte Zicke mit einem Stock im Arsch wirkte, aber gehobener Sprache, das war mir dennoch recht.

"Schnelllebigkeit?", ich hob eine Augenbraue.
Das hatte gesessen. Was glaubte er eigentlich mit wem er da redete? Langsam spürte ich wie sich ein Gefühl nach oben in meine Kehle bahnte und ich große Mühe hatte ihm meine Wut nicht ins Gesicht zu spucken.
Mein Gesichtsausdruck wurde schlagartig kühl. Ich gab mir wirklich Mühe und bei allem was mir heilig war, dass tat ich wirklich nicht für jeden x Beliebigen.
"Vielleicht sollten wir die Spielchen sein lassen, Safran.", meine Stimme klang jetzt hart und kalt und mit voller Absicht betonte ich den Decknamen den ich in den Codes gefunden hatte.

Ja, Schnelllebigkeit. Nichts anderes hatten mich die Menschen dieser Gesellschaft hier gelehrt. Stumpfheit, Oberflächlichkeit, Schnelllebigkeit. Mitten in der Nacht mit Fremden irgendwo hin mit zu gehen, führte oft nur dazu, dass sie einen in einer Seitenstraße und bestenfalls in einem Hotelzimmer vernaschen wollten. Ich hatte es versucht, ja. Und konnte es nicht mehr ertragen. Ich kannte diesen Mann nicht. Woher sollte ich wissen, dass er vielleicht doch anders war? Ich war zu müde, es auszuprobieren.
"Wie ehrlich von dir, zuzugeben, dass es für dich nur ein Spielchen ist?" Ich drehte meinen Kopf zu ihm und sah ihn an. Er hatte meinen Nerv getroffen, den Teil meiner Persönlichkeit, der sich sicher in seinem Revier fühlte. Ich sah ihn selbstbewusst an, aber auch respektvoll. Bisher gab es nur wenige, die meinen Code bis zu dem Namen entschlüsselt hatten.
Ich atmete tief durch. "Hör mir zu...", meinte ich leise, gewissermaßen sachte. "Wer zu oft in den Himmel sieht, in der Hoffnung die Sterne zu erblicken, und ins Leere schaut... hat nicht nur bald ein gebrochenes Herz, auch gleich ein gebrochenes Genick." Ich hoffte, er verstand, was ich ihm damit sagen wollte. Entdeckte das Schlüsselwort darin. "शुभ रात्रि."
Ich stieg ein.

"Oh das hab ich nicht gemeint.", knurrte ich.
Ich erinnerte mich an unsere erste Begegnung und das erste Gespräch. Ich packte ihn grob am Arm bevor er einsteigen konnte und zog ihn dicht an mich heran. Allerdings war dies keine zärtliche Aufwartung wie zuvor.
"Du bist ein ganz schön verzogener arroganter Bastard.", sagte ich leise und konnte kaum meine Wut darüber verbergen, wie sehr es mich aufregte, dass er so blind war.
"Glaubst du denn, dass ich mich für dich interessiere, bedeutet, dass ich dich sonst wo mit hinnehme um dich zu vögeln?!", fauchte ich.
"Du warst die erste Person, die ich jemals mit in mein Allerheiligstes genommen habe, weil ich dachte, unter all diesen Schnöseln, würdest du es wenigstens zu schätzen wissen. Aber du bist fast so blind und arrogant wie sie. Und um dem die Krönung auf zu setzen, soll ich jetzt hier den bösen Buhmann spielen?! Wer hat mich denn angesprochen und angelockt!! Fass dir an deine eigene Nase, faccia di culo!", ich war mittlerweile so sauer, dass ich anfing in meiner Muttersprache zu fluchen.
Fast schon erschrak ich vor mir selbst, weil ich es nicht fassen konnte, was dieser Kerl mit seinen Augen nur an sich hatte, dass mich so sehr aus der Reserve lockte. Doch ich hatte es satt, jemandem nachzulaufen in dem ich mich offenbar sehr getäuscht hatte.

Ich wollte gehen. Nicht für immer. Aber noch hatte ich zu wenig Vertrauen, zu viel Angst vielleicht auch, um nun mit ihm mitzugehen. Und ich hatte nicht damit gerechnet, dass er mich nun beleidigte und so wütend wurde. Dabei hatte ich versucht, ihn mit meinen letzten Sätzen zu beruhigen und mich zu erklären.
// "Glaubst du denn, dass ich mich für dich interessiere, bedeutet, dass ich dich sonst wo mit hinnehme um dich zu vögeln?!" //
"Ich will ehrlich sein. Ja, das hatte ich nicht ausgeschlossen." Ich versteifte mich. Sein Griff war fest und ich versuchte gar nicht erst, mich los zu reißen. "Du küsst mich während unserer zweiten Begegnung. Mich, einen Misanthropen. Es ist naiv zu glauben, dass ich nach so kurzer Zeit all das vergesse, was ich über Menschen gelernt habe und dir nun einfach mein Vertrauen schenken kann. Es war nicht so, als hätte ich es nicht versucht, Menschen zu vertrauen. Aber es wurden Grenzen überschritten und das schafft Mauern. Sei nicht so ungeduldig und gierig. Und hör auf, mich fertig zu machen, nur weil ich ich jetzt nicht mit dir komme. Du benimmst dich wie ein kleines Kind, was nicht gelernt hat, für seine Wünsche Kraft und Zeit zu investieren." Ich sah ihm streng in die Augen. "Und nun lass mich los, bevor ich mich dazu entschließe, dich für immer zu meiden."

"Du hast es nicht verstanden denke ich. Denn ich glaube nicht, dass du auch nur den Hauch einer Ahnung hast, wer ich bin und was ich durchgemacht habe, um so weit zu kommen.", sagte er nun ruhiger.
"Und ich denke es ist erneut völlig von dir missverstanden, dass ich mich aufrege weil du mein Angebot ausgeschlagen hast... Sondern, weil ich festgestellt habe das du ein arroganter Egoist bist, der nicht einmal auf die Idee kommt an andere als sich selbst zu denken. Und glaub mir... mit so jemandem... will ich nichts zu tun haben."
Ich ließ ihn los und trat zurück.
"...es ist Schade dass du nichts begreifst... vielleicht solltest du öfter mal über deine Mauer sehen."
Ich wandte mich ab und machte Anstalten zu gehen.

Ich blieb einfach stehen. Ließ seine Worte wie schweren Hagel auf mich nieder regnen, seine Vorwürfe. Ich vertraute ihm noch nicht, wie konnte er so viel von mir verlangen?
Ich ließ ihn ziehen. Sah ihm eine Weile nach und merkte, wie er mich verunsichert hatte. Bastard. Egoist. Nicht das erste Mal, dass ich diese Worte hören, doch seine verletzten mich tatsächlich.
Ich stieg in das Taxi.

Virtuelle Welt.
Die Versuche, meine Firewall zu durchbrechen, waren wie viele kleine Bomben. Die Mauer hielt stand. Ich hatte nur das Gefühl, dass sie enger um mich wurde und mir die Luft zum Atmen ausging.

14 Tage später.
Ich arbeitete ununterbrochen. Es war stickig in meinem Herzen. Der Wunsch mich zu suizidieren hieß mich fast nicht mehr weiter arbeiten.
Und so lief ich umher, auf der Suche nach dem Ort des Friedens. Kam im kleinen Gewächshaus an, brach dort ein, legte mich zwischen die vielen Pflanzen und Blüten und schlief so entspannt ein, wie lange nicht mehr.
Der kleine Chip in meinem Gehirn ließ mich ununterbrochen im Schlaf das Lied Wicked Game von Chris Isaak hören. Ich wollte nichts anderes mehr hören.

Ich hörte seid dieser Nacht nichts mehr von dem Fremden. Fast schon war ich völlig froh darüber. Dennoch gab es Gelegenheiten, die ihn mich einfach nicht vergessen ließen.
Das machte mich fuchsig. Es lenkte mich ständig ab und das konnte ich mir gerade jetzt eigentlich nicht leisten.
Einige Tage später besuchte ich nach einer einwöchigen Auslandsreise endlich wieder mein geliebtes Gewächshaus.
Mir blieb fast das Herz stehen, als ich die Einbruchsspuren an der Tür bemerkte, außerdem war sie nur angelehnt.
Langsam schob ich sie auf, darauf vorbereitet höchstwahrscheinlich totale Verwüstung vorzufinden.
Doch auf den ersten Blick schien alles wie immer. Verwirrt blickte ich durch den Raum. Wer brach denn bitte in dieses Gewächshaus ein und nahm nichts mit? Wenn es denn ein Diebstahl war...
Ich trat ein und schob die Tür hinter mir zu. Vielleicht hatten die Diebe etwas besonderes gesucht? Prüfend schritt ich durch das Gewächshaus, strich sanft über das eine oder andere Blatt einer Pflanze und dann entdeckte ich ihn.
Ihn, den ich mir geschworen hatte zu vergessen. Ihn, den ich eigentlich nie wieder sehen wollte. Ihn, der mich fühlen ließ, dass ich noch menschlich war...
Scharf sog ich die Luft ein und wollte schon anfangen ihn anzuschreien, was zum Teufel er hier zu suchen hatte.
Doch dann bemerkte ich, dass er schlief.
Eine ganze Weile stand ich da, sah ihn nur an. Mein Kopf wirkte leer, alles an Stress und Sorgen schienen wie weggeblasen, etwas das normalerweise nur der Anblick meiner geliebten Pflanzen schaffte.
Er war keine Pflanze... sondern nur Ungeziefer, dass sich in meine Welt gedrängt und festgesaugt hatte, wie ein Parasit, den ich einfach nicht abschütteln konnte.

Ich bemerkte nicht, dass jemand herein gekommen war. War einfach zu müde von der Arbeit der letzten Zeit, mein Schlaf war tief und sehr erholsam und mich hätte wohl auch kaum ein Sturm erwecken können. Und so ließ ich mich beobachten, bewundern und dann verabscheuen.
Ab einem bestimmten Punkt begann ich den Text des Liedes leise vor mich hin zu flüstern. Die Lippen formten die melancholischen Worte, die mich beruhigten und beschrieben, mich verstanden und in den Arm nahmen.
Erst, als einige Sonnenstrahlen durch die hellen Milchgläser des Hauses drangen, seufzte ich leise. Murmelte vor mich hin, drehte mich auf dem Boden, räkelte mich. Noch wusste ich nicht, wo ich war, ehe ich die Augen öffnete und an die Decke blickte. Ich musste lächeln, als ich das Licht sah und die Pflanzen um mich spürte. Dann drehte ich mich nochmal und blieb dann erschrocken in meiner Bewegung liegen. Da stand dieser Mann.... und es überforderte mich so sehr, dass ich mich kaum bewegen oder etwas sagen konnte.