Geschichten Oktober - Dezember 2018 » Gefühle~mal~anders

Steckbrief:

Name
Andrew Princton
Alter
35 Jahre alt
Beruf
Controller
Geschichte
Andrew wurde von einer mittelständischen Familie aufgenommen, da seine leiblichen Elter ihn nicht wollten und in eine der unzähligen Babyklappen abgegeben hatten. Im Heim nahm ihm eine Familie auf, die keine eigenen Kinder bekommen konnten und lebte dort wohlbehütet. Doch als sich seine Adoptiveltern schieden, lebte er weiterhin bei seiner Mutter und als er sich Outete, brach sein Adoptivvater sofort den Kontakt zu Andrew ab und meldete sich nie wieder bei ihm. Natürlich fühlte er sich schuldig, doch er wollte so Leben, wie es ihm gefiel und sich nicht verstellen. Nach der Schule, der Ausbildung und dem Studium arbeitete er erfolgreich in einer gigantischen Firma als Controller und liebte seinen Beruf über alles. Derweil unterstütze er seine Mutter und lebte in einem geräumigen Loft.
Aussehen

Steckbrief:

Name: Kyle Tailor

Alter: 20

Beruf: gelernter Kellner/Barkeeper

Geschichte: Kyle wuchs in ärmlichen Verhältnisse auf. Sein Vater verließ seine Mutter kurz nach Kyles Geburt. Seine Mutter erkrankte vor 3 Jahren schwer und war somit Arbeitsunfähig. Und so muss Kyle sich um das Geld kümmern.
Er ist ein liebevoller Sohn, der alles für seine Mutter tun würde.

Aussehen:

Der Leiter in der Controlling Abteilung zu sein kann an manchen Tagen sehr anstrengend sein, aber ich liebte meinen Beruf und genoss es sehr, die Verbindungen in einem Unternehmen zu verfolgen und einzugreifen, wenn Probleme entstehen könnten. Zudem lockte auch das monatliche Gehalt. Als Controller verdient man ordentlich und auch die Aufstiegsmöglichkeiten waren gut. Außerdem war der Geschäftsführer ein Freund meiner Mutter, weswegen ich den Job eigentlich machen wollte, da er für mich wie ein Vater, in all den Jahren, war. Er würde mir vielleicht eines Tages den Laden überschreiben, da er keine eigenen Kinder hatte. Ich würde mit Stolz sein Unternehmen führen.
Besagter Chef klopfte gegen Feierabend an meiner Tür und lächelte mich an. Er war schon über 60 Jahre alt und dennoch Topfit.
"Bist du immer noch hier?" fragte er und grinste mich an. Dabei entstanden Lachfältchen um seine Augen herum und seine weißen Zähne kamen zum Vorschein.
"Ja, ich komme einfach nie früher weg. Und du? Hattest du noch viel zu tun?" fragte ich. Lucas Stepfort, so hieß der Freund meiner Mutter und zugleich mein Chef.
"Nein, ich war bei einem Geschäftsessen und dann wollte ich eigentlich meine Sachen holen und Feierabend machen. Hast du noch Lust auf einen Drink?" fragte er und schaute auf seine Uhr.
"Gerne!" sagte ich zu, da ich einen Drink gut vertragen konnte. Ich fuhr meinen PC runter, stellte alles Ordentlich an seinen Platz, bevor ich mir meinen Mantel anzog und meine Aktentasche um die Schulter warf. Gemeinsam mit Lucas verließ ich das große, moderne Gebäude. Am Empfang wünschten wir dem Wachmann einen schönen Abend und eine unbeschwerte Schicht.
Eine Limousine fuhr vor, worauf ich Lucas die Tür öffnete und ihn zuerst einsteigen ließ. Auf der anderen Seite nahm ich platz, während Lucas Stepfort seinem Fahrer den Ort nannte, an dem wir den harten Arbeitstag ausklingen ließen.
"Ich hab mir überlegt, bald in den Ruhestand zu gehen." eröffnete Lucas unerwartet das Gespräch.
"Aber du liebst deinen Beruf. Oder ... hat der Arzt was gesagt?" fragte ich vorsichtig. Lucas Stepfort litt seit ein paar Jahren an einem schwachen Herzen. Schon einmal kam er nur knapp einem Herzanfall davon. Doch wenn er so weiter machte, konnte dieser Tag doch bald eintreffen.
"Nur das übliche... Kürzer treten und dergleichen." winkte er ab, da er dem Geschwätz seines Arztes nicht für voll nahm. Als der Wagen hielt, stiegen wir aus und standen vor einer Bar. Lucas hielt sich nicht lange draußen auf, sondern betrat die Bar und zielte sofort die Theke an. Ich folgte ihm und setzte mich neben ihn auf einen Hocker.
"Einen Wodka on Ice, bitte." bestellte er.
"Ich bekomme einen Whisky on the Rocks." fügte ich hinzu.

Ich hatte durch einen guten Freund den Job in dieser Bar bekommen. Ich musste Geld besorgen...ich musste meine Mutter doch pflegen und ihr alles geben, was sie brauchte. Heute war mein erster Arbeitstag. Dementsprechend aufgeregt und nervös war ich auch...Ich hatte Glück, dass ich in einem edlen Restaurant meine Lehre als Kellner absolvieren konnte. Viel Geld bekam ich während meiner Ausbildung nicht, doch es reichte um über die Runden zu kommen. Doch dann wurde die Krankheit meiner Mutter schlimmer...und die Behandlung teurer. Deshalb nahm ich eine Nebenstelle als Barkeeper an. Doch mit der Zeit gingen mir die anderen Mitarbeiter auf die Nerven...sie waren...arrogant und hochnäsig, hielten sich für etwas besseres. Und dann verlor ich den Job. Die Bar hatte Geldprobleme und musste Mitarbeiter entlassen. Und so traf es auch mich... was konnte ich also tun? Der Job als Kellner reichte niemals aus um meine Mutter und mich durch zu bringen. Wir würden nicht mehr lange die Miete und die anderen laufenden Kosten decken können und auf der Straße landen- ein Todesurteil für Mum...und was sollte ich dann tun? Alleine... und dann tauchte mein bester Freund aus der Schulzeit auf... er kannte den Chef dieser Bar und verschaffte mir den Job als Barkeeper. Ich hatte wieder Hoffnung.

Der Tag neigte sich langsam dem Ende und es wurde voller. Am Abend war laut dem Chef immer viel los. Ich mixte also Getränke, betreute die Kunden. Nach einer Weile hatte ich kurz Zeit um Gläser zu waschen. Danach kontrollierte ich, ob es noch genügend alkoholische Getränke gab oder ob ich noch etwas aus dem Lager holen musste. Seufzend notierte ich, welche Getränke fehlten, dann huschte ich ins Lager und holte die Flaschen.

Ich drehte mich wieder zu den Kunden. Es kamen immer noch neue Menschen. Gehen schien keiner zu wollen. Kein Wunder, es herrschte eine angenehme Atmosphäre. Mein Blick fiel auf einige Männer in der Ecke der Bar, die sich lachend unterhielten. Ich beneidete sie. Sie schienen Geld im Überfluss zu haben. Anders als Mum und ich...Wie unfair das Leben doch war. Ich musste um alles kämpfen, bekam nie etwas geschenkt. Und anderen fiel das Glück in den Schoß. Reiche Eltern, ein Job in einer angesehenen Firma... Ich vertrieb diese Gedanken, als zwei Männer eintraten und auf die Theke zu steuerten. Sie nannten mir ihre Bestellungen. Ich nickte und schenkte die Getränke ein. Ich stellte die Gläser vor ihnen ab.

"Wegen vorhin... es wird einfach Zeit, das die nächste Generation die Geschäfte führt und ich finde, niemand ist besser dafür gemacht als du. Du verstehst das Unternehmen und kannst dementsprechend Handeln. Ich werde demnächst mit dem Notar alles wichtige Besprechen und einen Vertrag aussetzen, dass du mein Assistent wirst und immer mehr die Bevollmächtigung bekommen wirst." erklärte Lucas und nippte an seinem Wodka.
"Ich fühle mich sehr geehrt. Soll ich mit der Personalabteilung reden, dass wir bald einen neuen Controller benötigen werden?" fragte ich und tat es ihm gleich.
"Gute Idee. Du kannst deinen Nachfolger dann einarbeiten, während du einige meiner Arbeiten übernehmen wirst. Schaffst du das?" fragte er. Ich nickte ihm zu blickte zu dem Barkeeper, der uns die Getränke serviert hatte. Er war noch sehr Jung und beherrschte sein Handwerk. Er mixte den Alkohol mit Säften zusammen und richtete die Getränke anspruchsvoll an. Ob er sich diesen Job wirklich freiwillig ausgesucht hatte?
"Worüber denkst du nach?" fragte Lucas und trank sein Getränk aus. Er war schon bereit zu gehen.
"Nichts... Willst du schon gehen?" fragte ich.
"Ja, du weißt doch, deine Mutter wollte noch mit mir was besprechen. Sie wartet bestimmt mit ihrem leckeren Essen. Willst du mitkommen?" bot er mir an, doch ich lehnte ab. Am Sonntag würde ich meine Mutter besuchen und von ihren Kochkünsten kosten können.
"In Ordnung. Dann bleibst du noch?" hackte er nach.
"Ja, ich nehme mir ein Taxi. Grüß meine Mutter von mir. Bis Morgen." verabschiedete ich mich. Lucas nickte und verschwand aus der Bar. Sein Drink ging auf meine Rechnung, was vollkommen okay war.
"Noch einen, Bitte." bat ich.

Ich sah flüchtig zu meinem Kunden. "Gerne..." Ich begann das Getränk zu mixte ihm ein weiteres Getränk. Unauffällig sah ich auf die Uhr. Noch drei Stunden, dann wäre meine Schicht vorbei. Mit einem freundlichen Lächeln stellte ich das Getränk auf die Theke. Danach wandte ich ihm meinen Rücken zu und putze die Gläser. Ich war in Gedanken bei meiner Mutter...und meinen Vater. Wut kochte in mir hoch, als ich an meinen Erzeuger dachte...warum hatte er Mum verlassen? Warum hatte er MICH verlassen? Uns im Stich gelassen? Ohne einen Grund zu nennen...von heute auf morgen. Ich bemerkte kaum, dass meine Hand sich zur Faust ballte. Mit einem Klirren zerbrach das dünne Glas. Scherben bohrten sich in meine Haut. Erschrocken zuckte ich zusammen. Ich sah, wie Blut auf den Tisch auf den die Gläser standen, tropfte. "Super..." murmelte ich. Ich hoffte, dass keiner mein Missgeschick auffiel und derjenige zu meinem Chef ging und ihm alles erzählte...wäre das überhaupt ein Grund, mich zu kündigen? Immerhin war ich noch in der Probezeit.

Ich hielt meine verletzte Hand unter kaltes Wasser. Langsam ließ der Schmerz nach. Ich entspannte mich wieder. Ich bekam kaum mit, dass einige Männer mich ansahen...sie hatten, wenngleich es ziemlich laut war, das Klirren des Glases gehört. Ich hob den Blick, als mein Chef bei der Tür zum Büro erschien. Er konnte mich noch nie leiden...stumm deutete er mir, ihm zu folgen. Ich seufzte leise und gehorchte. Die Tür hinter mir schloss sich. Mein Chef schwieg ein paar Sekunden. "Bist du so dumm oder tust du nur so?" fauchte er mich an. "Denkst du, ich brauche einen Barkeeper, der sich selbst verstümmelt?" Ich sagte nichts, denn ich wusste, es würde nichts bringen. Ihm war es egal, ob ich es mit Absicht getan hatte, oder ob es ein Unfall war. "Geh!" befahl mein (nun ja wohl ehemaliger) Chef. "Ich will dich nicht mehr sehen! Du bist gefeuert!" Ich senkte den Blick und wandte mich ab.

Ein paar Minuten später hatte ich die Bar verlassen. Was sollte ich jetzt denn tun? Ich war immerhin nur noch Kellner...ohne das zusätzliche Geld des Barkeeper-Jobs würde meine Mutter...ich blinzelte die Tränen weg. Ich musste jetzt stark sein...für uns beide!

Ich beobachtete die Szene und schüttelte den Kopf. Ich war geschockt über die Reaktion des Chef der Bar und wie dieser mit seinen Mitarbeitern umging. Zwar war ich nur ein Gast, doch konnte ich mir sowas ja nicht gefallen lassen. Ich holte mein Geld hervor und legte den Schein auf den Tressen. Danach umrundete ich die Theke und betrat den hinteren Raum der Bar.
"Ähm, Entschuldigung... Ich finde es wirklich nicht fair, wie Sie Ihren Mitarbeiter behandeln. Sie haben es doch mitbekommen, dass er sich verletzt hat und es sicher nicht mit Absicht getan hatte. Sie sollten sich lieber um Ihre Mitarbeiter kümmern anstatt Sie zu feuern. Als Gast, werde ich Ihren Laden nicht mehr besuchen." verkündete ich und stellte mich auf die Seite es Mitarbeiters und führte ihm raus aus dem kleinen Hinterzimmer.
"Packen Sie Ihre Sachen und dann werde ich Sie ins Krankenhaus begleiten. Wenn Sie möchten, können Sie mir gerne Ihre Geschichte erzählen, vielleicht kann ich Ihnen helfen." bot ich ihm an.

Ich sah den Gast verwundert an, dann nickte ich und folgte ihm. Ich war noch verunsichert. Warum half er mir? Noch nie hatte sich jemand um mich gesorgt oder gekümmert. Es war ein komisches Gefühl...aber es war...nicht schlecht.
Kurz darauf erreichten wir das Krankenhaus. Still ließ ich mich behandeln. Die Wunde musste genäht und verbunden werden. Ich bedankte mich leise und erhob mich.
Ich war verzweifelt...wie würde es jetzt weiter gehen? Ohne den Job? Immerhin brauchte ich das Geld. Ich seufzte leise, dann verließ ich das Behandlungszimmer. Ich sah verwirrt auf, als ich meinen ehemaligen Gast sah. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er noch hier war. Ich hatte gedacht, er würde es nicht ernst meinen und mich allein lassen. Ich zögerte, dann trat ich zu ihm. "Ich..." Ich brach ab, wusste nicht wirklich, wie ich anfangen sollte. "Ich weiß nicht, wie ich Ihnen Danken kann..."
Ich zwang mich, zu lächeln, verdrängte die Schmerzen. Es tat weh, wenn ich die Hand bewegte. Und so sollte ich arbeiten? Als Barkeeper? In einem Job, wo ich die Hand immer brauchte. Aber ich hatte keine andere Wahl...Ich musste meiner Mutter helfen.

Ich wartete vor dem Behandlungszimmer auf den ehemaligen Barkeeper. Ich hoffte, dass seine Verletzung nicht allzu gravierend war, damit er schnell wieder arbeiten konnte. Natürlich wollte ich erst seine Geschichte erfahren. Jeder trug doch eine Geschichte mit sich rum. Vielleicht konnte er ja meinen Job übernehmen, wenn er qualifiziert genug dafür war. Aber vielleicht konnte ich ihn auch anders helfen.
"Nicht der Rede wert. Ich fand es einfach nicht fair von Ihrem Chef, Sie für einen Unfall so zu bestrafen. Wahrscheinlich denken viele Gäste so wie ich und er wird ein paar finanzielle Einbüßen haben. Da bin ich mir sicher." gestand ich und erhob mich von der Sitzbank.
"Ich bring Sie nach Hause. Wenn Sie möchten, kann ich mir überlegen, wie ich Ihnen helfen könnte, wenn Sie mir erzählen, warum Ihr Chef so krass reagiert hat." erklärte ich.

Ich lächelte flüchtig. "Ich hoffe, Sie haben Recht..." murmelte ich. "Meinetwegen kann der Laden den Bach runter gehen!" Aus irgendeinem Grund vertraute ich ihm. Ich hatte beschlossen, ihm zu vertrauen und alles erzählen, was er wissen wollte. Es war an der Zeit, mich endlich jemanden anzuvertrauen und ich hatte das Gefühl, er könnte dieser Mensch sein. Ich hoffte nur, dass mein Gefühl mich nicht im Stich ließ und es falsch war, dem noch unbekannten meine Geschichte zu erzählen.

"Was wollen Sie wissen?" fragte ich und sah ihn an.
Zum ersten Mal war ich froh, nicht allein zu sein. Es fühlte sich gut an, dass jemand sich um mich kümmerte. Doch plötzlich hatte ich Angst. Was, wenn er sich über mich und meine kleine Wohnung lustig machte? Wenn er sich dann abwandte und ging?

"Wir können auch in ein Café fahren, wenn es Ihnen dort lieber ist. Wir müssen nicht zu Ihnen nach Hause." beruhigte ich ihn und lief mit ihm zum nächsten Starbucks, der noch geöffnet hatte. Dort bestellte ich uns heiße Getränke und brachte diese in die Nische, in der sich der Fremde gesetzt hatte.
"Vielleicht sollten wir uns erst einmal vorstellen." sagte ich und lächelte ihn aufmunternd an. Ich hatte uns Kakao bestellt, hoffentlich mochte er die heiße Schokolade.
"Mein Name ist Andrew und wie heißt du?" fragte ich und reichte ihm die Hand über den Tisch hinweg.
"Also, ... was hat dich so beschäftigt, dass das Glas in deiner Hand zerbrochen ist?" fragte ich nach, da ich mir schon die ganze Zeit dachte, dass da doch was hinter stecken musste.

"Ich bin Kyle!" ich gab Andrew die Hand. Ich entspannte mich. Ich überlegte, wo ich anfangen sollte. Ich atmete tief durch, dann begann ich zu erzählen:
"Ich dachte...an meinen Vater! Er verließ meine Mutter, als ich noch klein war...obwohl ich sein Sohn bin, hat er niemals nach mir gefragt...ob es mir gut geht, wie ich in der Schule bin!" Die schmerzhaften Erinnerungen durchdrangen mich wie ein Messer. Ich zwang mich, weiter zu erzählen. "Aber...Mutter und ich hielten dennoch zusammen...wir waren ein Herz und eine Seele..." Ich lächelte traurig. "Aber dann...wurde Mutter krank...schwer krank...somit konnte sie nicht mehr arbeiten! Deshalb musste ich Geld heranschaffen. Aber als Kellner verdient man nicht viel! Deshalb...habe ich den Job als Barkeeper bei diesem miesen Chef angenommen...er konnte mich nie leiden. Ich bekam den Job nur wegen meines besten Freundes...und jetzt...brauche ich einen neuen Job! Sonst wird Mutter..." Ich brach ab und senkte den Blick.

"Das mit deiner Mutter tut mir Leid. Sowas hat niemand verdient. Was hat deine Mutter denn, wenn ich fragen darf?" fragte ich Kyle und nippte von der heißen Schokolade. Eigentlich war mir dieser viel zu Süß, doch ich sollte mich jetzt nicht darüber beschweren. Das mit seinem Vater kam mir irgendwie bekannt vor und nahm mich mit, schließlich wollte mein Vater ebenfalls nichts mehr von mir wissen, nur weil ich Schwul bin.
"Kyle, ich versteh deinen Wunsch, den Grund deines Vaters zu wissen, warum er euch im Stich gelassen hat und nicht für euch da war. Aber... ich kann mir es nur so vorstellen, dass ihm vielleicht die Verantwortung zu viel war, was natürlich keine Entschuldigung sein soll. Er ist ein Wichser, dass er Feige war und euch einfach alleine gelassen hat." sagte ich und legte vorsichtig eine Hand auf seine.
"Trink was, dass wird dir gut tun." sagte ich und nickte zu der dampfenden Tasse.

Ich sah verwundert auf seine Hand, die er auf meine gelegt hatte...ich ließ es zu. Seltsam für mich, denn eigentlich mochte ich keine Berührungen. Doch bei ihm machte es mir nichts aus. "Sie hat Krebs...Endstadion..." Es fiel mir schwer, die Erkrankung meiner Mutter beim Namen zu nennen. Aber es hatte auch eine befreiende Wirkung. Ich vertraute Andrew immer mehr. Er war nett und schien sich wirklich um meine Probleme zu sorgen.
Andrew war der Erste Mann, den ich mochte... verwirrt stoppte ich meine Gedanken. Ich 'mochte' ihn? Ich kannte ihn doch gar nicht...wie konnte ich ihn dann mögen? Gut, er war sympathisch....sehr sympathisch. Abermals fragte ich mich, warum er sich um mich kümmerte. Ich griff mit der freien Hand nach der Tasse und trank einen Schluck. Die heiße Schokolade schien mich von innen zu wärmen. Genau das, was ich brauchte...oder lag es an Andrew? Erneut stoppte ich meine Gedanken. Wie kam ich auf den Quatsch? Jaa...er sieht gut aus...aber selbst WENN ich ihn mochte...ging es ihm genauso? Irgendwie schämte ich mich für meine Gefühle. Ich hatte schon länger das Gefühl, dass ich eher Männer erotisch fand als Frauen...Aber ich würde mein Geheimnis für mich zu behalten...

"Oh... das tut mir schrecklich leid. Und man kann wirklich nichts mehr tun?" hackte ich nach, da ich ihm einfach helfen wollte.
"Kommt ihr denn klar? Was für eine dämliche Frage... wahrscheinlich nicht. Was hältst du davon, wenn ich dir helfe einen neuen und festen Beruf zu bekommen. Hast du vielleicht Lust in der Firma anzufangen, in der ich arbeite? Ich könnte einen Assistenten gebrauchen und wenn du daran Spaß findest, könnte ich dich als Controller einweisen ... weil ich eigentlich bald als Geschäftsführer fungieren soll. Was hältst du davon? Natürlich kannst du es dir noch überlegen. Wenn nicht... dann schauen wir, was der Markt so hergibt." schlug ich vor und lächelte Kyle an. Ich wollte nicht, dass er traurig ist sondern Glücklich und die Zeit mit seiner Mutter genießen konnte.