RE: --|| Darkest Nights ||-- - 4

Callahan seufzte gedehnt und lehnte sich in die Lehne seines Stuhls zurück, dabei nahm er das Weinglas in die Hand und nippte daran.
Na, da hatte er sich ja was nach Hause geholt. Erst so extrem vorlaut und jetzt bekam der Bursche die Zähne nicht aus einander.
Er war sich nicht sicher, ob er die richtige Wahl getroffen hatte. Unmerklich schüttelte er leicht den Kopf.
Doch, er hatte sich richtig entschieden, wenn der junge Blonde das Training nicht überstand, konnte er ihn immer noch verkaufen.
Er hatte einen starken und gesunden Körperbau und ein Gesicht, dass die vom Zuchtprogramm ins schwitzen bringen würde, wenn sie ihn sahen.
Außerdem machte er, Callhahan Belmont niemals Fehler.
"Mein Name...", begann er schließlich völlig ruhig und bemühte sich sogar nciht ganz so kalt zu klingen, "...ist Callahan Belmont. Du sprichst mich niemals mit Vornamen an. Verstanden?"
Schließlich musterte er den Blonden noch einmal von oben bis unten.
"Mister Bellmont ist ausreichend.", er nickte kurz zufrieden mit sich selbst, dass er das geklärt hatte.

Der blonde North Western schwieg vor allem aus Misstrauen und Trotz, doch ja, es hatte keinen Sinn so zu tun, als ob er vor dem Herrn dieses Hauses keine Angst hatte. Wie er da so saß, wirkte er ganz wie der König im eigenen Reich. Leger und doch erhaben, entspannt und doch höllisch aufmerksam. Immer wieder glitten Aarons Blicke hinüber zu ihm, der den Wein genoss, der solchen Luxus jeden Tag genoss. Verdammt, war er etwa neidisch? War das Bewunderung? Wollte er das womöglich etwa auch? Nein, unmöglich. Er wollte zurück. Zurück zu seinen Leuten. Zurück in die Ruinen. In die Dunkelheit. In das Elend...
Er ertappte sich dabei, wie er förmlich danach lechzte, dass der andere wieder das Wort ergriff, was er dann auch tat. Er stellte sich als Callahan Belmont vor. Den Namen kannte er nicht. In den vielen Zeitungen, die er klaute, war er womöglich mal aufgetaucht, aber sowas merkte er sich ja nicht.
"I-In Ordnung...", murmelte er, bevor er hastig nachsetzte: "Mr. Belmont."

"Offensichtlich verstehen wir uns jetzt...", raunte er knapp.
Noch einmal musterte er den Jungen.
"Morgen beginnt dein Training. Albert besorgt dir neue Kleidung. Du wirst alles in deinem Zimmer finden. Es sei denn dir gefällt die Zelle besser.", setzte er gemein grinsend nach.
Er trank den Wein aus, stellte das Glas hin und stützte sich auf den Tisch ab, um auf zu stehen.
"Du kannst dich frei im Haus bewegen. Aber der 2. Stock im Westflügel ist tabu und der Keller auch. Erwische ich dich je in diesen Bereichen... brech ich dir jeden einzelnen deiner mickrigen Knochen."
Er machte Anstalten den Raum zu verlassen, drehte sich an der Tür jedoch noch einmal um.
"Wenn du versuchst das Haus zu verlass schneid ich dich Scheibchenweise aus einander.", sagte er beiläufig, fixierte ihn aber drohend mit Blicken.
Zufrieden mit sich und der Welt ging er dann hinaus. Er hatte noch zu arbeiten.

Er durfte sich also frei im Haus bewegen... nur eben doch nicht. Mehr denn je kam sich Aaron vor als sei er in einem Gefängnis gelandet. Wieso im Haus des obersten Inquisitors? Gab es für menschliche Arbeitskräfte keine eigenen Ausbildungsstätten? Er verstand die Welt nicht mehr. Andererseits: Wer verstand schon die Blutsauger? Die Drohungen jedenfalls nahm er durchaus ernst.
Als sein neuer Herr und Meister fertig war, kam Albert zurück, machte sauber und verwies ihn auf sein Zimmer - einen kleinen aber sehr hübschen Raum im Erdgeschoss, der hell erleuchtet und holzgetäfelt war. Kein Luxusquartier, doch besser als alles was er kannte. Aaron entkleidete sich langsam, noch völlig überwältigt von dem, was ihm widerfahren war. Und nun? Er warf sich ins Bett, bezweifelte jedoch ernsthaft, dass er hier Schlaf finden würde.... fünf Sekunden, ehe ihm die Augen zufielen.

Am nächsten Morgen stand Callahan schon in aller Frühe auf. Es war gerade erst fast 5 Uhr und er stand neben Aarons Bett. Er betrachtete den jungen Mann. Er hatte wirklich eine recht athletische Statur, trotz, dass man ihm ansah, wie auch an ihm Unterernährung, Schlafmangel und Stress, durch sein nicht gerade leichtes Leben, nicht an ihm vorbei gegangen war. Das musste er ändern. Er konnte nicht riskieren, dass ihm wieder einer unter seiner Obhut starb.
Diesmal würde er sich höchst persönlich um die Ausbildung kümmern. Ihm war egal was die Riege sagte. Es war nützlich einen Menschen mit zu nehmen. Zumindest bei manchen der Missionen. Vor allem einen, der sich gut in den Winkeln auskannte, welche die Vampire normalerweise mieden, aus offensichtlichen Gründen. Wer der auch nur einen Funken Würde besaß, ging schon freiwillig in die Slums.
Es wäre sicherlich leichter ihn einfach zu manipulieren. Doch das konnte schief gehen, wie schon einmal, denn Gedankenmanipulation war immerhin keine exakte Wissenschaft und man konnte einiges im Hirn seines Opfers kaputt machen, wenn man den Menschen zu häufig zwang Dinge zu tun, die nicht in ihrer Natur lagen.
"Steh auf!", sagte er schließlich laut, als die Uhr an der Wand genau 5 Uhr zeigte.

"Steh auf!"
"Whah!", machte Aaron und erschrak sich so sehr, dass er mit einem Mal stocksteif im Bett saß. Er hatte ohnehin scheiße geschlafen: Das Bett war zu weich - schlicht zu bequem -, als dass einer wie er dort hätte schlafen können. Zudem hatte Aaron ohnehin einen sehr leichten Schlaf, der schnell erschüttert wurde. Dann hatte er es so gegen Vier endlich geschafft, ein Auge zu zu machen, bei all den Gedanken, die ihm durch den KOpf schossen, und dann wurde er sofort wieder geweckt. Aus wirren Augen starrte er hinauf in die kalten Augen seines... "Gastgebers", der scheinbar schon länger dort stand und ihm beim Schlafen zusah. Für einen kurzen Augenblick hatte er gedacht, die Vampire wären gekommen, um sie alle auszurotten, als ihm klargeworden war, dass er das längst hinter isch hatte und sich erinnerte, wo er war...
Irritiert sah er hinüber zu der Zeitanzeige. 05:00 Uhr morgens? Tickte er nicht richtig?
"I-Ich bin sofort wach!", rief er, bevor sein Gegenüber noch wütend werden konnte, und sprang aus dem Bett.

Er grinste etwas als sich Aaron fast zu Tode erschreckte und hoch schoss.
Dann allerdings wurde sein Blick wieder ernst und er stemmte eine Hand in die Hüfte.
"Zieh dir die Trainingssachen an.", befahl er kühl und zeigte auf einen Stuhl in der Ecke. Dort lagen tatsächlich nagelneue Sachen, die augenscheinlich sogar die richtige Größe hatten. Nebst nagelneuer Unterwäsche und ein paar vernünftigen Laufschuhen, gab es noch ein Shirt und einen schwarzen Trainingsanzug bestehend aus Hose und Zip-Jacke.
"In der Küche steht dein Frühstück, sei in 10 Minuten unten ansonsten lass ich dich ohne Frühstück anfangen.", schnaubte er und verließ das Zimmer.

Es hatte schon etwas Skurriles. Der Vampir – sein neuer Boss, musste man ja fast sagen – hatte reglos an seinem Bett gestanden und gewacht, ihm beim Schlafen zugesehen und… wer weiß was angestellt? Der Jugendliche brauchte einige Sekunden, um sich darüber klar zu werden, in welcher Lage er sich befand, denn der miese Schlaf hatte irgendwie dafür gesorgt, dass er es beinahe vergessen hatte. Als er sich erinnerte, erschrak sich Aaron beinahe noch einmal.
Doch es stimmte wohl, was sie in Manhattan sagten: „Die Dunkelheit macht Sachen mit dir“. Irgendwann wunderte einen nichts mehr. Irgendwann war man einfach nicht mehr entsetzt. Im Heim eines Blutsaugers aufwachen, um den Arsch auch noch zu bedienen? Wenn man einmal ehrlich war, konnte man es vermutlich sogar schlimmer treffen.
Er dachte noch über die Weisheit in jenen Worten nach, als es auch schon hieß:
„Zieh dir die Trainingssachen an.“
Dem Fingerzeig mit dem Kopf folgend, sah der Bursche hinüber zum Stuhl in der Ecke des Zimmers, auf dem fein säuberlich seine neuen Sachen lagen. Wann hatte er die bitte dort deponiert? War der schon die ganze Nacht hier? Unwillkürlich fragte sich Aaron trotz all seiner anderen Sorgen, ob der Vampir irgendein Perverser war, der die Leute im Schlaf beobachtete oder sonst was mit ihnen anstellte, während sie wehrlos waren. Brrr!
Sobald der Hausherr, Mr. Belmont, das Zimmer verlassen hatte, sprang Aaron aus dem Bett, um die Order auszuführen. Nicht wirklich aus Gehorsam oder Hingabe zur Sache, als vielmehr wegen der Aussicht auf ein Frühstück, das dem Abendessen vom Vortag in nichts nachstand. In den neuen Sachen, warmer Unterwäsche und schwarzem Anzug bei teuren Sportschuhen, schlitterte er in die Küche, wo Albert bereits dafür gesorgt hatte, dass ein typisches amerikanisches Frühstück für ihn vorbereitet war. Nun gut, er wusste nicht, was ein amerikanisches Frühstück war, außer aus Sitcoms, die sie über verbotene Fernsehaufzeichnungen bei reparierter Leitung geschaut hatten. Ein ungebildeter Mensch wie er wusste es natürlich nicht, doch war der Trainings- und Essensplan bereits so gut wie fertig und Albert hatte Anweisung, den Neuling nicht mit Fett oder Zucker aufzuplustern.
„Ich wünsche einen guten Morgen“, sagte der Butler würdevoll (und das will was heißen, denn er trug eine Schürze über seinem maßgeschneiderten Anzug!) und tat ihm auf.
„Äh… gleichfalls.“
„Wie ich sehe, hat der Herr zur erquicklichen Ertüchtigung geladen. Ich bin sicher, es wird recht vergnüglich.“
„Ver… Vergnüglich?“ Verarschte ihn der Kerl? Der wirkte so, als würde er Dinge sagen, aber das Gegenteil meinen (Nein, Aaron kannte nicht wirklich die Bedeutung von Sarkasmus). „Meint Ihr das ernst?“
„Nein“, seufzte der ältliche Herr trocken. „Das meinte ich nicht. Vermutlich werden Sie sich nach mehreren Stunden die Lunge aus dem Leib husten. Doch für diesen Fall habe ich bereits vorgesorgt. Mit Eis und Verbandskästen. Und vermutlich brauchen wir Nadel und Faden. Wissen Sie was? Ich werde sogleich das örtliche Hospital unterrichten, um einen Platz dort zu reservieren.“
Der machte ihn fertig. Ungläubig starrte er den Dienstboten an und hätte schwören können, dass dieser trotz des ausdruckslosen Gesichts eine diebische Freude an seiner Lage empfand.

Auch Callahan betrat die Küche gerade in dem Moment als Albert seinen sarkastischen Sermon beendete. Und er musste schmunzeln.
"Vielleicht rufst du Dr. Schulzmeier an, Albert. Immerhin wäre es nur fair, wenn der junge Mann den besten Chirurgen für abgetrennte Gliedmaßen und Unfallchirurgie bekommt, den wir kriegen können.", auch seiner Stimme war nicht anzumerken ob er tatsächlich einen Witz machte.
Im vorbeigehen nahm er sich einen Pfannkuchen von einem Teller, rollte ihn zusammen und stippte ihn in Honig.
Als er Aarons Blick sah zuckte er mit den Schulter.
"Was denn? Ich mag menschliches Essen. Und du guck nicht so, Zucker und zu viele Kohlehydrate gehören nicht zu deinem Ernährungsplan."
Er setzte sich an die Theke und nahm sich die Morgenzeitung.
"Nicht mal auf der Titelseite, ich stiefel für die im Dreck rum und alles was die interessiert ist die dämliche Hochzeit von Regan und Elithabeth.", maulte er nach einigen Minuten.
"Vielleicht sollten sie die Tatorte das nächste mal auch mit Lavendel-farbigen Blumengestecken ausschmücken. Das gäbe den gewissen Touch für das Titelfoto, Sir.", näselte Albert und wendete einen weiteren Pfannkuchen in der Pfanne.
Der Vampir warf ihm einen Zorn-funkelnden Blick zu. Irgendwann musste er vielleicht doch dem Kerl nochmal neue Manieren beibringen. Aber leider hatte er recht. Extravaganz und Dekadenz war alles, was die Obrigkeit interessierte.
"Iss schon auf wir haben viel zu tun!", fauchte er dann zu Aaron hinüber und beäugte ihn über den Rand seiner Zeitung hinweg.
Er las weiter in der Zeitung bis Aaron fertig war. Dann stand er auf und bedeutete ihm zu folgen und führte ihn hinaus auf das große Anwesen, das mehr einem halben Park glich.
"Siehst du den Weg da?", er zeigte an der Terrasse vorbei zu einer Art Trampelpfad der augenscheinlich einmal um den gesamten Garten führte.
"Lauf ein paar Runden zum warm werden. Wenn du gehst, sehe ich das, verlässt du den Weg, sehe ich das.", sagte er kühl.
Diese Worte sollten klar stellen, dass Aaron gar nicht erst versuchen sollte sich gegen die Anweisung zu widersetzen.

Ein leises Kribbeln beschlich ihn, als der Vampir die Küche betrat. Mr. Belmont gönnte sich von dem Essen, das der Butler gerade in der Pfanne briet, nicht ohne ihm einen empörten Blick zuzuwerfen. Schnell schaute Aaron weg. Er konnte sich nicht beschweren. Er hatte sein Leben lang aus Mülltonnen und von Nährpaste gelebt. Frisches Roggen mit fettarmem Schinken war für ihn eine Verbesserung, die er nie für möglich gehalten hätte. Wie er den beiden so zuhörte, konnte man sie beinahe für alte Freunde halten. Auch wenn Mr. Belmont seinem Zorn und seiner Überlegenheit Ausdruck verlieh, hatte er beinahe das Gefühl, eine gewisse Art der Vertrautheit zwischen den beiden zu bemerken. Wenn man sie so sah, bekam man den Eindruck, mit der Welt sei alles in Ordnung…. Als habe man sie nicht wie Tiere in die Kanäle und Ruinen gejagt…
Er beeilte sich mit dem Essen, auf dass es in seinem Magen lande und nicht im Müll. Der Butler hingegen schien sich mit der Zeitvorgabe nicht recht aufzuhalten. Ungerührt tat er dem Jungen neu auf, wenn dieser fertig war, denn er hatte schon etwas Ausgehungertes. Natürlich nichts Schweres. Sonst würde der Kleine beim Laufen noch umkippen.
„Gesunde Ernährung ist wichtig“, lamentierte er und machte eine knappe Verneigung in Richtung seines Herrn. „Wir wollen ja nicht ansetzen von den ganzen Pfannkuchen, nicht wahr?“
Albert hatte annähernd eine Ahnung, was seinen neuen Kollegen in Haus und Hof erwartete und insgeheim war er froh, dass er hier nur der Butler war.

Sie fanden sich in dem großzügig angelegten Park wieder, der hinter dem Anwesen verlief. Es war fast, als würde halb Staten Island nur diesem einen Mann gehören. Der Park war üppig und weitläufig. Es war beinahe wie eine Welt, wie von zwei schreibwütigen Göttern geschaffen, die es nicht im Mindesten scherte, dass Bäume nach fünfzig Jahren ohne Sonnenlicht eigentlich völlig tot sein sollten. Doch er hatte nicht besonders viel Zeit, die Schönheit dieses Ortes zu bewundern, für dessen Instandhaltung dutzende menschliche Arbeitssklaven herangezogen wurden. Denn Mr. Belmont hatte bereits den Plan für den heutigen Tag ausgearbeitet und schien entschlossen, diesen durchzuziehen. Aaron machte sich noch nicht viel daraus. Er war es gewohnt, zu rennen. Er war einer der flinksten Bewohner Manhattans.
So startete er, ohne dem Vampir zu antworten, immer auf dem Weg bleibend. Er würde sich sein Überleben jetzt nicht ruinieren, indem er einfachste Anweisungen nicht befolgte. Sollte sein neuer Gebieter ruhig sehen, dass er nicht faul war.
Doch er war noch nie aus sportlichen Gründen gelaufen. Dies war eine völlig neue Art der Erschöpfung, die ihn nach mehreren Runden langsam ergriff. Das Denken fiel schwerer, wurde langsamer… Doch das war beinahe schon eine Erleichterung, nicht nachdenken zu müssen. Das ganze Elend einmal zu vergessen und sich einfach nur auszupowern. Insofern wurde ihm gerade eine völlig neue Welt eröffnet.

Er selbst verzichtete auf den Dauerlauf und setzte sich auf eine Bank. Jede Runde, die Aaron an ihm vorbei musste quitierte er mit kritischen Blicken.
Wurde der Bursche etwa langsamer?
"Streng dich etwas mehr an. Seid der 6. Runde brauchst du länger! Leg einen Zahn zu du hast noch mindestens 4 vor dir.", giftete er ihn an als er erneut an ihm vorbei lief.
Was er sich dabei nur gedacht hatte? Er würde es niemals ernsthaft mit einem Abtrünnigen aufnehmen können. Doch Callahan war ein Mann der zu seinem Wort stand. Und er hatte einen Ruf zu verlieren.
Außerdem war die Ausbildung wichtig. Selbst wenn er als Mensch nicht überlebte, wäre es später hilfreich und ersparte ihm einiges an Aufwand und Zeit.
Der Junge war wirklich flink auf den Beinen, aber völlig ungeübt darin seine Kräfte vernünftig ein zu teilen. Bei einem Wettschwimmen im Meer, wäre er sicher derjenige, der ertrinken würde, weil er vergäße sich Kräfte für den Rückweg auf zu sparen.
Das musste er ihm unbedingt austreiben. Aber am ersten Tag erwartete er sowieso keine Höchstleistung. Vor allem nicht bei seinem miserablen Gesundheitszustand. Er würde ihn schon aufpäppeln und erhoffte sich bessere Ergebnisse in mindestens ein bis drei Wochen.

Er lief. Und er lief… Und lief… Schon bald dachte er an nichts anderes mehr, als an die Anstrengung, die langsam in seine Muskeln, die Arme und die Beine schoss. Jedes Mal wenn ihm sein neuer… ähm… Eigentümer vorwarf, er würde langsamer, zog er nochmals an, doch die Strecke war lang und seine Reserven gingen zur Neige. Schnell jemandem entkommen war das eine, und sich dann in den Ruinen verstecken. Doch das hier war etwas anderes. Schon bald rann der Schweiß in Strömen, sein Atem ging nur noch stoßweise…
Am Ende von Runde Sieben lief er nicht mehr unbedingt geradeaus und nur die herrischen Rufe des Vampirs trieben ihn vorwärts. Was nur sollte das? Er würde nie so leistungsfähig sein wie ein Vampir, das war doch völlig schwachsinnig!
Am Ende von Runde Acht stolperte er bloß noch voran. Gott, er konnte nicht mehr! Er… konnte… nicht…
„Aaaah…“
Verdammt, seine Muskeln streikten! Ohne die Worte Mr. Belmonts länger zu beachten – beachten zu können – stoppte er. Er ging in die Knie. Aaron keuchte schwer, holte tief Luft, doch schien nie genug zu bekommen. So außer Atem war er noch nie gewesen. Als der Vampir näherkam, sicherlich, um ihn für den Ungehorsam zu bestrafen, schüttelte er den Kopf.
„Bitte… ich… ich kann… nicht mehr… Ich bin kaputt! Bi- bitte…“ Er flehte geradezu darum, endlich allein sein zu können. Endlich Ruhe zu haben. Es lag ja nicht nur an Callahan. Das ganze Leben war für ihn stets eine Flucht gewesen. Stets sich Verstecken, stets Stress. Keinen Moment der Ruhe, immer dasselbe, dasselbe…
Die Tränen stiegen ihm in die Augen, denn er wusste genau, was folgen würde. Würde es wehtun? Noch mehr als jetzt? Würde er ihn töten?
„Bitte… nur… nur kurz ausruhen, bitte!“

Entnervt, beobachtete er den Jungen wie er seine Runden zog. Es war im Grunde nur eine Frage der Zeit bis er bald zusammenbrechen würde.
Albert tauchte plötzlich neben ihm auf wie aus dem Nichts.
"Bitte, Sir.", sagte er und legte Handtücher und Wasserflaschen auf die Bank.
"Albert!", fauchte der Vampir ihn an.
"Ich schwör's Ihnen, hören sie auf immer so ein Leisetreter zu sein... Wenn mein Herz noch schlagen würde, wär ich wegen ihnen sicher tot umgefallen."
Es war schon erstaunlich, dass dieser Kerl es immer schaffte ihn doch des öfteren zu überraschen, ja gar zu erschrecken. Und das als Mensch. Das machte ihn manchmal ein wenig nervös.
"Aber natürlich, Sir. Künftig werde ich meine Arbeit laut rumpelnd und herum trampelnd erledigen.", konterte der Butler sarkastisch dann sah er zu dem Jungen der noch immer seine Runden drehte, oder sollte man eher sagen torkelte.
"Wie viele haben sie den armen Hamster denn schon rennen lassen?", fragte Albert schlicht.
"Er dreht gerade die Siebte.", murmelte Callahan abwesend und achtete wieder mehr auf den jungen Kerl.
"Oh je, ich glaube ich geh schon mal rein und lege den Arzt auf die Kurzwahltaste...", sagte er und machte sich davon.
Callahan schüttelte leicht den Kopf, der Bursche war wirklich recht fit. Er hatte ernsthaft nicht mal erwartet, dass er überhaupt fünf Runden schaffen würde.
Dann brach er zusammen. Das hatte wirklich gedauert. Da war wirklich noch einiges zu tun.
Er nahm ein Handtuch und eine der Wasserflaschen und ging zu ihm hinüber. Keuchend hockte sein Gegenüber vor ihm und bettelte regelrecht, um eine Pause.
Wortlos hielt er ihm das Handtuch und die Flasche hin und sah auf ihn hinunter.
"Nicht gut, aber besser als ich erwartet habe. Morgen beendest du mindestens die achte Runde aufrecht. Würde und Respekt bekommt man nicht geschenkt, das verdient man sich.", seine Stimme klang kühl, allerdings ruhig und er schien auch nicht wütend zu sein.

Von Angst vor Strafe getrieben, war dies wohl die absolut sportlichste Meisterleistung seines Lebens gewesen. Der Park war nämlich groß und laut Uhr hatten sie jetzt bereits späten Vormittag. Aaron hatte auch erwartet, dass er bestraft würde, weil er die erforderliche Rundenzahl nicht durchgehalten hatte. Natürlich erst, nachdem er sich die Lunge aus dem Leib gehustet hatte.
Doch die Worte seines neuen… „Arbeitgebers“ waren nicht erfüllt von Aggressivität oder der Aussicht auf baldigen Verlust diverser Gliedmaßen.
„Würde und Respekt bekommt man nicht geschenkt, das verdient man sich.“
„D-Danke…“, erwiderte er zittrig. Moment, Danke? Fand er das jetzt schon dankenswert? Die Sportübungen mussten ihn aber derbe fertiggemacht haben.
Ungeschickt stand er auf, um dem Vampir aus dem Park zurück nach Hause zu folgen, wo Albert bereits das Mittagessen vorbereitete. Aaron hatte sich schon immer gefragt, ob Vampire essen mussten – also neben Blut – oder ob sie es nur zum Vergnügen taten. Doch was Albert kochte, diente natürlich auch den menschlichen Bewohnern des Hauses – also einer Haushälterin und einem Gärtner neben ihnen. Aaron lernte auch Elise kennen, die Mitarbeiterin in Mr. Belmonds Büro. Büro? Was? Nach gründlichem Überlegen jedoch war es ihm völlig klar. Natürlich hatte der oberste Inquisitor ein Büro und eine Sekretärin! Natürlich hatte er eine offizielle Anlaufstelle! Aaron wurde erst da völlig klar, wie wenig er über die Gesellschaft und ihre Strukturen wusste. Schließlich hatte man ihnen auf Manhattan sowas nie beigebracht. Er hatte nicht einmal eine Schule besucht. Es war ein Wunder, dass er lesen konnte. Doch wo er herkam, war das normal…
Elise wirkte, obwohl sie ein Mensch war, super integriert. Sie hatte schwarze Business-Klamotten an und einen glatten, noch nicht ganz schulterlangen messerscharfen Haarschnitt in Schwarz (so á la Claire aus Jurassic World. Pre-Indominus-Rex natürlich xD).
„Oh, ein Neuer, Albert?“, fragte die junge Frau, die so aussah als wäre sie noch keine fünf Jahre älter als Aaron.
„Oh, wir haben gedacht, wir versuchen es noch einmal, nachdem uns der letzte entlaufen ist.“, gab der Butler trocken zurück, während er ihr von einem Tablett Gebäck anbot.
„Oh, nein. Ich bin auf Diät.“
„Wovon? Wenn Sie ihr donnerstägliches Tic-Tac weglassen, ernähren sie sich bald nur noch von Luft. Luft und Sex. Obwohl, in Ihrem Falle wohl doch nur von Luft. Weshalb denn dieses Mal wieder eine Diät? Wegen der letzten Trennung? Oder der davor? Oder der davor?“
Wie auch immer sie zueinander standen, Elise gab sich jedenfalls höchst professionell, als sie sich an Aaron wandte.
„Hören Sie nicht auf ihn. Callahan hat seinem Personal leider nicht beigebracht, wann man lieber still ist.“
„Oder wann man sich lieber eine Kugel in den Kopf jagt?“
Während sie beleidigt die Akten nahm und aus der Küche stolzierte, rollte der Butler mit den Augen als hätten sie es mit einer Geisteskranken zu tun.
„Also, noch können Sie weglaufen“, erklärte er dem völlig perplexen Aaron. „Die Frau hat schärfere Zähne als jeder Vampir. Oh, da kommt ja auch schon der nächste Kerkermeister.“
Der Kommentar galt einem grobschlächtigen Kerl, der soeben durch die Küchentür hereingetreten war, um Aaron für Schießübungen abzuholen.

"Setzt ihm nicht solche Flöhe ins Ohr.", schnauzte Callahan entnervt und rieb sich die Stirn als bekäme er von dem Geschwätz Kopfschmerzen.
"Ich fass' es nicht. Wozu war sie hier? Kommt dauernd rein geschneit und sagt nie wieso... ich brauch eine mit mehr Hirn...", knurrte er Elise nach die gerade wieder zur Tür raus war.
"Und du!", er nahm sich Albert vor.
"Sei netter zu ihr. Du weißt genau sie ist nur ne Tippse. Sie ordnet meine Termine und das macht sie bisher ganz gut. Wenn du meinst du musst sie dauernd auf die Palme bringen darf ich mir das, nacher wieder Stundenlang anhören."
Albert zuckte nur mit den Schultern und widmete sich wieder seinen häuslichen Pflichten. Dann allerdings sah Callahan auf und schien seine komplette Haltung erneut zu ändern. Sein Rücken straffte sich und er stand gerade und autoritär als der andere breitschultrige Kerl eintrat.
"Ruben!", begrüßte er den nordisch anmutenden Muskelkoloss freudestrahlend.
"Wurde auch Zeit. Schön dass Sie hier sind. Das ist der Bursche um den es geht.", sagte er und nahm Aaron bei den Schultern und schob ihn etwas vor.
Der große grobe Typ nickte nur knapp.
"Kein Problem. Ich bringe auch einer Ratte bei mit einem Barrett zu schießen, wenn's denn sein muss. Er ist n bisschen dürr und bleich.", knurrte die tiefe Stimme und hob eine Augenbraue als er Aaron musterte.
"Daran arbeiten wir ja gerade. Es wäre toll, wenn er die Grundlagen in sagen wir etwa zwei Wochen kann. Ist das möglich?"
"Auch kein Problem.", lachte der andere düster und setzte noch nach, "Theoretisch reicht auch eine, aber er sieht nicht besonders clever aus."
Das war vielleicht auch etwas hoch gegriffen, wo es doch eher den Eindruck machte, als wäre der Muskelprotz der ohne ein Fünkchen Verstand. Seine tief liegenden Augen und das markante Gesicht und die schiefe Nase sahen aus als hätte er schon mehr als einmal Bekanntschaft mit einer fremden Faust oder einem Kantholz gemacht.
"Na dann, husch! Ich hab zu arbeiten und kann nicht den ganzen Tag Babysitter spielen!", mit diesen Worten rauschte er zur selben Tür hinaus wie seine Sekretärin und überließ seinen kleinen Rekruten Ruben.
Dann viel ihm noch was ein und er kam zurück und lehnte sich halb durch die Tür.
"Wenn er Fehlermacht, verschone bitte das Gesicht und die Hände und lass die Beine ganz. Der Rest ist mir egal. Aber notfalls muss er noch passabel aussehen, falls ich ihn doch nicht hierfür gebrauchen kann.", sagte er mit einem freundlichen Lächeln und einer Sanftheit in der Stimme die fast schon über das Gesagte hinwegtäuschen konnte.
Ruben hingegen nickte als hätte er verstanden und grinste bösartig.
"Na dann komm. Waffenkunde. Bevor du Schießen lernst geht's an die Theorie.", knurrte er und nahm Aaron grob am Arm mit sich.
"Wundervoll!", hörte man noch Callahan schmunzeln und schon war er wieder verschwunden.
Albert hingegen stand da, mit einem befiederten Staubwedel in der Hand und betrachtete die ganze Szene. Eine ganze Weile hatte er versucht seiner Pflicht nachzukommen und dem groben Klotz etwas an zu bieten, doch er wurde dauerhaft ignoriert.
"Vergessen wir einfach den Butler, er ist ja nicht besser als eine Topfpflanze...", grummelte er resigniert, als auch alle schon um ihn herum die Küche verlassen hatten und wuschelte ein wenig Staub von der Dunstabzugshaube.

Callahan's Büro
"Und um 11 Uhr haben sie einen Termin mit dem Präfekt von Gein Fleshwares.", plapperte Elise, die mitten in seinem Büro stand und geschäftig auf einem kleinen Smartphone ähnlichem Gerät herum tippte, das jedoch fast nur aus Glas zu bestehen schien.
Sie wischte mit den Fingern darauf herum. Und offensichtlich hatte sie Übung darin, denn es ging flott und stehts achtete sie darauf, dass ihre manikürten Nägel nicht an das Glas klickerten. Ein kleines Hologram erschien links vor ihr mit dem Bild eines Kerls, wohl der Präfekt.
"Da scheint es ein Problem mit einem entlaufenen Produkt zu geben. Sie konnten es wohl isolieren aber nun marodiert es durch eins der Labore. Er klang sehr aufgeregt und es wirkte dringend."
Callahan saß an seinem Schreibtisch. Eigentlich hörte er ihr nicht wirklich zu. Ihre Stimme fand er schon immer zu anstrengend.
"Zum Mittag haben sie eine Stunde, dann allerdings ein Telefonmeeting, um 13:15 Uhr mit der Boyd Malvo Inc. und deren CEO's. Es geht um das neue die neue Munition, die Sie in Auftrag gegeben haben."
Wieder erschienen drei Bilder mit Namen darunter vor ihr. Sie wollte schon weiter reden, als Callahan die Hand hob um sie zu unterbrechen.
"Halt doch mal kurz deinen Mund. Ich versuch mich hier zu konzentrieren.", sagte er kühl und tippte etwas in seinen Laptop.
"Oh... natürlich.", sagte sie und schloss die Hologramme und den Vortrag.
Er klappte schließlich den Laptop zu und stand auf.
"Glaubst du es wird funktionieren?", fragte er und stand nun mit verschränkten Armen vor dem Fenster.
Er blickte hinaus und sah Aaron und Ruben unten auf einem kleinen Übungsplatz. Ruben schien gerade eine der Waffen zu erklären.
"Eh... Sie meinen den Neuen?", fragte sie irritiert.
"Nein, den rosa Elefanten den ich in meiner Freizeit dressiert habe... Natürlich meine ich den Jungen.", knurrte er sarkastisch.
"Er scheint Potential zu haben, wenn Sie ihn ausgesucht haben, Sir."
"Potential...", murmelte Callahan abwesend.
Dann winkte er sie mit einer leichten Handbewegung zu sich.
"Komm her.", befahl er knapp und sie folgte ohne zu zögern und trat neben ihn.
Seine Hand glitt ihren Rücken hinauf bis zu ihrem Nacken und dem fein säuberlich geschnittenen Haaransatz.
"Sie dir das an.", sagte er und ließ den jungen Burschen nicht aus den Augen.
"Potential sagst du. Lass uns doch ein kleines Spiel spielen.", seine Stimme bekam einen gefährlichen Unterton.
"Sir?", sie verkrampfte sich ein wenig und ahnte, dass ihrem Boss mal wieder langweilig wurde.
"Wenn er versagt, mache ich dich dafür verantwortlich.", langsam packten seine kalten Finger zu und pressten sich gegen ihre warme Haut.
"Ah... Sir... ich...", wimmerte sie leise.
"Es war deine Idee ihn aus zu suchen. Es wird Zeit, dass du dafür die Verantwortung übernimmst."
Er packte ihr so perfekt frisiertes Haar am Hinterkopf und riss ihren Kopf zurück, seine Augen funkelten sie an. Er beobachtete wie ihr Panik ins Gesicht stieg und jedwede Farbe daraus wich. Trotz Make-Up konnte er es sehen. Ihr Herz schlug ihr nicht nur sprichwörtlich bis zum Hals. Das Pulsieren ihrer Schlagader war deutlich zu sehen.
Seine Augen veränderten sich. Das violett in seiner Iris wich mehr und mehr einem leuchtenden gelblichen Ton und feine Adern traten dunkel darum hervor.
"Bitte...", flehte sie kurz doch hielt dann sofort den Mund als sie seinen Blick bemerkte.
"DU! Wirst dich dafür verantworten.", fauchte er sie an.
"Ja, Sir.", sagte sie unterwürfig und schloss die Augen.
Dann schnellte sein Kopf vor und er biss zu. Nur ein leises Seufzen drang aus ihrer Kehle und ihre Arme glitten schlaff an ihre Körperseite.

Auf dem Übungsplatz währendessen
"Also nochmal, es gibt unterschiedliche Handfeuerwaffen. Sie sind nach Typ und Kaliber unterteilt. Das hier ist eine Beretta 92 FS INOX, 9mm Luger Munition, Leichtmetallmantel, 15 Schuss Magazinkapazität, starres Visir.", während er erklärte zeigte er dem Burschen die silbrig glänzende Waffe.
"Das ist ein Magazin", er hielt es hoch.
"Es sind keine Kugeln drin es geht heute nur darum, dass du lernst zu laden und zu entsichern, zielen und Abzugshahn ziehen. Wenn du das bei den anderen Modellen begriffen hast, zeig ich dir wie man sie kompett aus einander nimmt und wieder zusammen setzt. Das Reinigen einer Waffe und genau zu wissen wie sie funktioniert, kann dir das Leben retten."
Er klickte das Magazin in die Waffe, zeigte wie man den Sicherungshebel umlegte, sie hielt und damit zielte.
"Wenn du das Magazin wechseln musst, drückst du diesen Mechanismus hier.", sagte er und es klickte leise, das Magazin rutschte heraus und er fing es mit der anderen Hand auf.
"Du hast nicht immer die Zeit dich darum zu kümmern, das leere Magazin einzusammeln. Lass es dann einfach fallen und kümmere dich nicht darum. Aber für jetzt: Auffangen wieder einlegen, entsichern und zielen."