RE: Exit - No Escape - 3

Lysandre trug eine einfache Jeans und ein schwarzes Hemd, welches immer ein Stück oben offen war, sein dunkles Haar war frisch gewaschen und lag auch im Halbnassen Zustand. Er musterte den blassen Jungen, er gefiel ihm, und das nicht nur wegen der süßen Scheu. Die er übrigens seit den letzten Treffeb nicht abgelegt hatte, was sein Stammeln bewies. Lysandre schloss die Tür hinter Leif und lächelte ihm zu. "Klingt super, ich bin heute noch nicht zum Essen gekommen! Aufstrich und Marmelade dürften noch im Kühlschrank sein!" Er ging durch den langen Flur vor in die Küche und deutete auf den großen Tisch. "Mach es dir bequem, was willst du? Käse? Wurst? Nutella? Marmelade?" Er blickte in seinen Kühlschrank und holte bersagtes heraus. "Ich bin froh, dass ich nicht alleine hocken und zeichnen muss!"

Oh nein! Jetzt ging er doch auf seinen Vorschlag ein. Leif atmete möglichst unauffällig durch, versuchte sich nicht anmerken zu lassen wie unangenehm ihm die Situation jetzt war. Durfte man in so einem Haus überhaupt normal etwas essen? Auf einmal fühlte es sich so an als hätte er Steine im Magen liegen. Aber er durfte sich nicht anmerken lassen, also folgte er Lysandre in seine Küche. Das schlechte Gewissen wuchs. "Marmelade klingt gut", brachte er mühsam hervor, behielt die Tüte mit den Brötchen aber weiter in der Hand. Alles sah hier so sauber und ordentlich aus. Katalogreif. Um sich abzulenken kam Leif lieber auf das Thema zu sprechen, weswegen er eigentlich hier war. "Wobei genau brauchst du eigentlich Hilfe? Dann... Ich kann mir dann vielleicht während dem Essen schon was überlegen", schlug er ihm vor. In Wahrheit suchte er zwanghaft einen Grund um sich abzulenken. Lysandre hatte ihm zwar angeboten es sich bequem zu machen, doch es dauerte ein paar Sekunden bis Leif sich auch dazu durchringen konnte, Platz zu nehmen. Möglichst weit vorne auf dem Stuhl, damit er sich mit seinem dunkelblauen Pulli nicht anlehnen musste. Er hatte extra seine beste Hose angezogen, eine schwarze Jeans, doch auch die schien ihm kaum würdig genug, dass er sich mit ihr an diesen Tisch und auf diesen Stuhl setzen sollte.

Er holte Teller und deckte den Tisch, dann setzte er sich schnappte sich eine Semmel. "Hmmm, schön frisch!", meinte er freudig, als sie warm war. Er schnitt sie auf und bestrich sie großzügig mit Nutella. "Ich brauche dich mehrmals. Einmal dass du mir mit dem langwierigen knochenzeichnen hilfst und dann als Model für meine Handstudie, ich muss Muskelspiel und sämtliche Seiten zeichnen und so weiter" Er grinste schief. "Das kann dauern, ich hoffe, ich halte dich nicht auf?" Wie gern er ihn noch zusätzlich ohne Hemd gesehen hätte. Diese hübsche, bleiche Haut gefiel ihm...

Während Lysandre sich über sein Brötchen hermachte, ließ Leif seins nach wie vor unangetastet vor sich auf dem, mit Sicherheit sündhaft teuren, Teller liegen. Er konnte hier jetzt unmöglich etwas essen. Sein Magen war zugeschnürt. Zum Glück schnitt Lysandre dann ihr eigentliches Vorhaben an und Leif konnte sich etwas entspannen. Knochen zeichnen klang simpel. Das würde er ganz gut hinbekommen. Das andere machte ihn aber etwas stutzig. "Hand...model?", harkte er unsicher nach und warf flüchtig einen Blick auf seine Finger, die sich bereits wieder krampfhaft in den Saum seines Kapuzenpullis gekrallt hatten. Sie waren völlig verschwitzt! Nein, das ging nicht. "Ich weis nicht ob das eine gute Idee ist", gab er zu bedenken. "Also Zeit hätte ich schon, aber... Ich hab ganz unruhige Hände, die zittern dauernd. Ich bin wohl kein geeignetes Handmodel."

"Du hast schlanke Finger und ich hatte schon so viele Wurstfinger zum zeichnen, da wäre die perfekt!" Er musterte den Jungen, der etwas überrumpelt schien. "Ach, halb so wild, du legst die Hand auf den Tisch und ich seh mir an, wie die Proportionen und Muskeln und Sehnen verlaufen!", erklärte er und zwinkerte dann. "Im Notfall fesseln wir dir die Hände!", scherzte er und grinste kurz, wenn er wüsste, wie real das werden könnte. Er aß sein Brötchen, um seine bösen Ideen zu Stoppen, dann sah er zu ihm. "Wenn du nicht willst, musst du nicht, war nur eine Idee!"

Schlanke Finger? Skeptisch betrachtete Leif seine Hände. Er hatte schon deutlich hübschere gesehen und dennoch schmeichelte es ihn ungemein, diese Worte aus Lysandres Mund zu hören. Er lächelte etwas, stutze bei seinen nächsten Worten aber. "Fesseln?..." Das war ein Scherz, oder? Er konnte Lysandre überhaupt nicht einschätzen. Nervös lachend schüttelte Leif den Kopf. "Ich glaube, das ist nicht nötig. Die Hand liegen lassen sollte ich wohl noch hinkriegen, hm?" Auf jeden Fall wollte er Lysandre helfen, das stand außer Frage. "Ich helfe dir gerne, wenn ich kann", ergänzte Leif das, was er eben noch gedacht hatte. Bis Lysandre mit seinem Brötchen fertig war hatte er ja noch Zeit sich wieder etwas zu beruhigen und darauf vorzubereiten. Und davor wollten sie ja Knochen zeichnen. Währenddessen kam er bestimmt runter.

"Natürlich war es das!", grinste er und zwinkerte "Oder was denkst du?" Er war so süß und Lysandre hätte fast losgelacht. Doch stattdessen aß er sein Brötchen auf. "Und du willst sicher nichts?", fragte er, ehe er sich erhob und seinen Teller in die Spüle stellte. "Ja, du musst die Hand nur ablegen und dann kannst du sitzen und lesen oder so!" Er lächelte ihm aufmunternd zu. "Wenn du nichts mehr willst, gehen wir in das Wohnzimmer und beginnen?", fragte er und deutete auf den großen Tisch auf dem die Materialien lagen. Aus den Augenwinkeln ging er Leifs Hinterseite ab. Er war echt hübsch mit der schlanken Figut der blassen Haut und dem Hintern... dieser kleine süße Hintern, was er gern damit täte..

Appetit hatte Leif definitiv keinen mehr. Schon als er das Haus betreten hatte. Daher schüttelte er den Kopf und erhob sich von dem Stuhl. "Ich brauch nichts, lass uns lieber gleich anfangen, dann schaffen wir mehr." Die Brötchen ließ er Lysandre da, nahm sich stattdessen seinen Stoffbeutel mit seinen Zeichenutensilien und ging damit schon mal vor zum Wohnzimmertisch. Er kam nicht umhin den Blick erneut schweifen zu lassen. "Du wohnst alleine hier, oder?", fragte er dann ganz direkt. Es stand außer Lysandres Name keiner an der Tür und es deutete auch nichts in der Wohnung darauf hin, dass sie von mehreren bewohnt wurde. Dabei hätte sie genug Zimmer um eine Familie mit vier Kindern unterzubringen, wo trotzdem jeder noch die Chance hatte sich vom anderen zurückzuziehen, wenn man niemandem begegnen wollte. Beneidenswert. Leif war dem Stress bei sich Zuhause bis vor seinem Auszug täglich ausgesetzt, ohne einen Rückzugsort. Die Wände in ihrer Wohnung waren so dünn, dass man jedes Geräusch im ganzen Haus hörte. Jetzt wohnte er endlich alleine und hatte seine Ruhe. "Wer hält das hier eigentlich sauber? Sind ganz schön viele Fenster..." Und Leif liebte es, diesen weiten Ausblick und die Offenheit. So wirkte alles noch viel größer.

"Ja, das Haus gehörte meiner Familie mal, aber sie reisen nicht gern und wenn ich hier schon studiere, durfte ich es haben!" meinte er. Nun ja. Er hatte es seinem Vater abgenommen, mit der Drohung ihn sonst bei der Polizei anzuzeigen. Sein befreiungsakt hatte ihn von der Familie getrennt und befreit. "Ich bin recht ordnungsfanatisch, daher räume ich gern auf!" Glatte Lüge, er hatte eine Putzfrau aber er klang im Moment nicht gern wie ein verwöhnter reicher Schnösel. Er setzte sich und sah zu dem Anderen. "dann wollen wir mal, hm?"

Leif nahm es Lysandre nicht ab, dass er dieses Haus alleine so in Takt hielt. Daran saß man mindestens einen ganzen Tag. Und Leif hatte nicht mal das komplette Haus gesehen. Wie groß die restlichen Zimmer waren, darüber konnte er nur spekulieren. Trotzdem erhob er keinen Einwand, ließ es so stehen und nickte zustimmend, dass sie anfangen konnten. Leif setzte sich vor den Tisch, packte seine Tasche aus und legte Papier und Stifte vor sich. Mit geübten Bewegungen und gezielten Strichen skizzierte er Lysandre ein grobes Skelett aufs Blatt. Natürlich würden überall noch die Feinschliffe fehlen, Einzelheiten, Realitätsnähe. Aber das war Lysandres Job. Nach und nach könnten sie so ein vollständiges Skelett aufzeichnen, mit jedem für ihn wichtigen Detail und Leif freute sich, dass er ihm wirklich helfen konnte. Anschließend räumte er seine Sachen etwas zur Seite und legte stattdessen seine Hand auf die Tischplatte. "Wenn ich was machen soll, sagst du Bescheid, ja?" Er war immerhin noch nie Handmodel gewesen und sah interessiert zu, was Lysandre nun aufzeichnen würde. Schlecht war er nicht, dass hatte Leif schon anerkennend festgestellt.

Zusammen kamen sie schnell voran. Er nutzte seine Vorskizzen, arbeitete sie aus und so fügten sue zusammen ein ganzes Skelett zusammen. Sie waren schnell, und es machte Spaß. Sie konnten sich unterhalten und er hockte nicht allein rum. Gerade zeichnete er den letzten knochen fertig, als der Junge die Hand auf den Tisch legte. Er musterte ihn. "Ball mal die Hand zu einer Faust!", forderte er, um das Muskelspiel besser zu sehen. Wie gern hätte er diese Hände gefangen in einem Seil gesehen..

Wie von ihm gewünscht ballte Leif seine Hand zur Faust und musterte sie ebenfalls einen kurzen Moment. Er konnte die Adern unter seiner Haut erkennen und schluckte. Bevor er auf falsche Gedanken kam sah Leif weg, wandte den Blick zu Lysandres Zeichnung, die er anfertigte. Er hatte wunderschöne Hände. Sauber, gepflegt... Zu gerne würde er diese Hände mal auf seiner Haut spüren und... Nein nein nein! Jetzt war nicht der richtige Ort um seinen Tagträumen und Schwärmereien nachzugehen. Ohne es zu merken ballte sich Leifs Hand stärker zusammen, zitterte durch den aufgebauten Druck leicht.

Lysandre zeichnete schnell und konzentriert, im Augenwinkel registrierte er etwas, als Leif kurz der Hemdärmel hoch rutschte. Es war nur eine Millisekunde, doch er meinte, einige Narben auf der Arminnenseite gesehen zu haben. Hatte er sich geirrt? Oder verletzte sich der blasse junge? Die Narben schienen ihm zu sauber angeordnet, um von einem Unfall zu stammen. Er zog nur kurz die Braue hoch, sagte aber nichts dazu. Dann lächelte er und schattierte die Zeichnung. "Sehr schön, danke! Jetzt leg die Hand flach auf den Tisch!" Der Junge war ein gutes Model, da er ihn in Ruhe arbeiten ließ, außerdem waren seine Hände besonders. Sehr schmal und fast weiß...

Nächste Anweisung und Leif folgte ihr ohne groß nachzudenken. Die Hand flach auf den Tisch, so wie am Anfang. Inzwischen sah er seine eigene Hand gar nicht mehr an, viel mehr folgte sein Blick den kratzenden Bewegungen des Bleistifts, den Lysandres Finger gezielt über das Papier führten. Er konnte wirklich gut zeichnen. Fast war Leif eifersüchtig und je länger er auf die Skizzen starrte, desto mehr fragte er sich, ob Lysandre ihn wirklich gebraucht hätte. Das Skelett hätte er auch locker ohne seine Hilfe zeichnen können. Ein Kloß bildete sich in seinem Hals, den er nicht mehr loswurde. So wie er Lysandre einschätzte, musste er es selbst auch gewusst haben. Aber dann hieß das, dass er sich gerne mit ihm getroffen hatte, oder? Für die restliche Zeit schwieg Leif, bewegte seine Hand nach Angaben und beobachtete wie sein Muskelspiel auf Papier landete. Es war schön, entspannend und darüber hinaus vergaß er völlig wie die Zeit verflog. Erst nachdem Lysandre mit seinen Zeichnungen fertig war fiel sein Blick wie versehentlich auf die Uhr. "Oh!", stellte er verblüfft fest, denn die Uhr zeigte, dass es bereits nach vier war.

Er arbeitete konzentriert und schnell und genoss die Zeit. Er war ein gutes Model, nahm Anweisungen gut an, war ein angenehmer Partner beim zeichnen. Er beendete die letzte Handstudie und legte den Stift weg um seine Finger zu entspannen. Dann sah er auf, als er den erstaunten Ausruf des Kleinen hörte. "Was ist denn?", fragte er und folgte seinem Blick. "Stimmt, es ist spät!", meinte er lächelnd. Schade, er war fertig, es gab eigentlich keinen Grund mehr, dass er bleiben musste, doch er hoffte dennoch, dass Leif dies tat. "Willst du schon heim? Ich will dich nicht aufhalten, du warst eine große Hilfe!", lächelte er. "Oder willst du noch was essen? Du bist so lange hier bewegungslos gesessen!"