RE: Hades & Persephone - 7

Wenn Raymond ehrlich mit sich war, so machte er sich Sorgen, wie sein Vater reagieren würde, wenn er mitbekam, wie Raymond sich gerade von seiner Stiefmutter bedienen ließ. "Ich nehm ein Wasser, danke", murmelte er leise, erhob sich schnell wieder und füllte sich Kranwasser in ein großes Glas. "Ja, ich hab sie schon lange nicht mehr gesehen." Am seinem Geburtstag, sowie an den Geburtstagen seines Opas und seiner Oma telefonieren sie immer, sofern es das Netz zuließ. In den Tagen, in denen er allerdings seine Mutter besucht hatte, war das kaum möglich gewesen, denn das Netz war immer wieder zusammen gebrochen. Trotzdem hatten sie ihm ab und an Carepakete auf das Internat geschickt.

Er hatte sich nie groß Gedanken über Leslies Familie gemacht. Bis jetzt hatte er immer den Eindruck gehabt, dass Leslie und Miranda ihm seine genommen hatten. Weswegen also, sollte er sich für ihre interessieren? Für Raymond war es befremdlich, diese Fürsorge von Miranda zu erfahren. Als würde es sie groß stören, wenn er nicht hier wäre, sie hatte ihn doch auch nicht vermisst, wenn er auf dem Internat gewesen war. Still aß er seine Pancakes, während er seinen Stiefbruder und dessen Mutter beobachtete. Plötzlich vermisste er seine Mutter und sehnte sich nach ihr. Die sanfte Berührung, die Miranda ihrem Sohn schenkte erinnerte ihn so sehr an seine Mum... Still erhob er sich, um das inzwischen leere Geschirr wegzuräumen und im Anschluss auch die restlichen Schüsseln in der Spüle zu sammeln. "Ich mach das schon, Ray", kam Miranda ihm zur Hand.

Mit einem komischen Gefühl machte Raymond sich auf in sein Zimmer. Es war wirklich ungewöhnlich, die Freundin seines Vaters all die Arbeit machen zu lassen. Wenn er nicht gerade in seinem Büro gesessen hätte, um seine Folien zu überharbeiten, hätte er es bestimmt nicht durchgehen lassen. "Danke dir"; meinte er dann.
In seinem Zimmer angekommen ließ er sich auf sein Bett fallen. Nichts tun machte gar keinen Spaß mehr, wenn man wirklich nichts zu tun hatte... Erst, als er hörte, wie es an seine Zimmertür klopfte stand er wieder auf. Wer klopfte überhaupt an, statt einfach in sein Zimmer zu stürmen?
"Hm?" Kurz hatte er vergessen, warum Leslie überhaupt fragte... dann erinnerte er sich. Stumm blickte er den Anderen an. während er das schmale Lächeln sah. Wie sehr er es hasste. "Nein", beschloss er kurzer Hand, bevor er die Zimmertür anlehnte, anstatt sie zu schließen.

Und nun war er doch in sein Zimmer gekommen, ohne anzuklopfen. Raymond musste zugeben, dass er Leslie gerade vermutlich auch ein wenig dazu provoziert hatte. Aber das komische Lächeln war aus seinem Gesicht gefegt worden. "Ja." Seine Antwort war schlicht. Er war schlimmeres gewohnt, Leslies Verhalten juckte ihn gerade tatsächlich nicht. "Natürlich werde ich das." Jetzt langsam hob er den Blick wieder an um seinen Stiefbruder anzusehen. "Gibt es sonst noch etwas?" Sie würden nicht aufeinander hocken, immerhin hatten sie beide einen eigenen Raum, in dem sie sich verkriechen konnten.

Überrascht beobachtete Raymond, wie Leslie sich auf sein Bett schmiss. Das durfte doch nicht wahr sein. Auch, wenn es fast schon niedlich war, Leslie dabei zu beobachten, wie er Trübsal blies, wusste er, dass sein Stiefbruder ihn provozieren wollte. Kurzerhand ließ er sich auf seinem Schreibtischstuhl nieder und drehte sich so, dass er seine Füße auf dem Bett ablegen konnte. Viel musste er sich nicht bewegen, sein Zimmer war das kleinste im Haus. Seelenruhig legte er seine Füße auf die Bettkante. Wennn er sich ein wenig gestreckt hätte, hätte er mit seinem Zeh Leslies Wange streicheln können. "Gemütlich?", fragte er mit einem Grinsen.

"Hmmm, was hast du denn jetzt gesehen?", lachte Raymond, als er sah, wie Leslie sich kurz anspannte. Dass er tatsächlich einen Nerv getroffen hatte, ahnte er nicht. Von seinen Worten, allerdings, ließ er sich nicht provozieren. Er hatte einfach keine Energie mehr dafür. Stattdessen legte er seine Füße nun auf den Bauch des anderen ab, bevor er sich das Handy schnappte, und es ausknipste. Endlich war der nervige Ton aus. Schnell hielt er das Handy hoch, damit Leslie nicht sofort nach ihm greifen konnte. "Und jetzt erzählst du mir mal, warum du überhaupt noch in meinem Zimmer bist."

Jetzt war es Raymond der schmal lächelte. Ruhig legte er das Handy hinter sich auf seinen Schreibtisch. Natürlich war er ein Arschloch, aber er würde Leslie seine Privatsphäre lassen. Was er in seiner Freizeit machte interessierte ihn nicht, solange Leslie ehrlich war. "Aber das bin ich doch, Laurel." Er zwinkerte ihm zu. "Also... ist der allseits beliebte Musterschüler gerade zu einer fetten Party eingeladen worden?", höhnte er dann.

Kurz verdrehte Raymond seine Augen. Wenigstens das hatte er nicht vergessen. Dann hörte er, wie Leslie seinen ehemaligen Spitznamen benutzte und wieder dieses ätzende Lächeln aufsetzte. Sofort wurde er ruhig. Woher wusste er, dass man ihn früher so genannt hatte? Er war sich sicher, dass er es hier niemanden erzählt hatte. Oder hatte der Andere ihn doch auf irgendeine Art und Weise bespitzelt? Ruhig sezte er sich ebenfalls aufs Bett und lehnte sich ein wenig zurück, während er entspannt seine Arme ausbreitete, sodass sein rechter Arm auf Lesies Oberkörper lag. Mit seinen Fingerspitzen klopfte er sanft auf Leslies Hals. "Wenn du das behauptest, dann muss es wohl stimmen..." Seine linke Hand ruhte auf Leslies Knie und er betrachtete das Gesicht des Blonden gespannt.