RE: Alter Schmerz erblüht erneut - 2

Die Zeit war wie eingefroren, die Geräusche um uns verstummt. Zumindest für meine Ohren. Sie nahm den späten Verkehr nicht mehr war, die Ansagen an der Bahnstation, die Unterhaltungen von Leuten zu weit entfernt. Doch der Zauber der Vergangenheit zerbrach vor mir plötzlich wie ein Spiegel, in dessen Scherben ich die Realität wieder erkannte.
Meine Augen rissen entsetzt auf, als ich sah wie er vor mir davon rannte. Kurz blieb ich stehen wie das Kind, das er damals zurückgelassen hatte. Doch diesmal würde er mir nicht entkommen.
Niemals wieder.
Ich bückte mich, hob den Schlagstock auf, der sich auf einmal seltsam vertraut in meiner Hand anfühlte und rannte im nächsten Moment auch schon los.
Eine Stimme in meinem Kopf lachte ihn aus, für die naive Idee nochmal vor mir davon zu rennen. Scheinbar kannte er mich doch nicht mehr so gut, sonst wäre ihm eingefallen, dass ich ihn immer überholt hatte.
Auch heute brauchte ich nicht lange um ihn zu erreichen. Meine Lungen brannten, doch das trieb mich nur weiter an immer schneller zu laufen, bis die Hitze in meinem Inneren das Eis das mich lähmte zum schmelzen brachte. Von jetzt an war Schluss mit Stillstand.
Als ich auf seiner Höhe war holte ich aus und schlug ihm den Stock von hinten gegen die Schläfe, bremste so seine Flucht und griff nach seinem hinteren Kragen, um ihn zurückzureißen und zu Boden zu stoßen. Ich atmete tief durch, leckte mir über die Lippen und stellte mich über ihm auf, bevor ich meine Kapuze vom Kopf zog und damit dieses alberne Versteckspiel entgültig beendete.
"Hallo Judas... Hast du mich vermisst?", fragte ich ihn mit einem kalten Lächeln auf den Lippen und ließ den Kopf leicht zur Seite fallen, den Schlagstock fest in der Hand und bereit erneut zuzuschlagen sollte er auch nur den Versuch unternehmen wieder wegzulaufen.

Ich sah nicht mehr zurück. Mein Kopf war nur noch von dem Fluchtgedanken erfüllt. Alles hatte ich aufgebaut, all meine Energie investiert, all die Jahre bin ich durch die Hölle gelaufen, nur um jetzt in Frieden zu leben. Und dann auch sie in Gestalt meines alten besten Freundes wieder auf. Und nun war er hinter mir her. Mir war bewusst, dass er mich einholen würde. Und nach einer Weile - wir hatten einen Park erreicht - spürte ich nur einen dumpfen Schlag und dann ein ziehen an der Kehle. Ich fiel zu Boden. Der Boden unter mir war leicht feucht, fing meinen Körper auf und ich spürte eine aufkommende starke Panik. Er stellte sich über mich und ich sah in seinen Augen die Bereitschaft, mich zu verprügeln, wenn nötig. Das war nicht mehr der beste Freund, den ich früher gekannt hatte. Es war ein anderer Ausdruck in seinen braunen tiefen Augen. Verachtung.
Seine Frage traf mich tief in meinem Inneren, denn ich erinnerte mich an die harte Trennung vor vielen Jahren. Der Schmerz ließ mich mein Gesicht verziehen, dann würde meine Mimik wieder ernst und gefasst.
"Ja, früher. Das ist aber schon lange vorbei." Meine Stimme war tief und rau. Ich sah ihm in die Augen, mein Blick wurde kalt und distanziert. Ich wollte Abstand zu meiner Vergangenheit, und er war das Monster, welches mich wieder damit konfrontierte. Sein Lächeln war wahnsinnig. Es verstört mich, da meine Erinnerungen an den kleinen Jungen es nicht zulassen wollte.

Für einen Moment hatte ich mich ihm gegenüber noch überlegen gefühlt. Wie der Wolf der seiner Beute nachrannte nur um sie dann schlussendlich doch noch zu reißen. Doch da hatte ich mich offenbar geirrt. Wi er mich ansah, brachte mein Blut wieder zum kochen.
Wütend ging ich zu ihm runter in die Hocke und packte grob seinen Kragen.
"Schon lange vorbei? Hast du eigentlich auch nur die leiseste Ahnung, was du mir angetan hast?", knurrte ich ihn an, meine Augen waren vernegt, meine Lippen bebten vor Wut und würden ihn am liebsten niederschreien, wenn ich mich aufgrund der späten Stunde nicht beherrschen würde.
Auf Polizei konnte ich gerade wirklich verzichten, meine Liste war lang genug
"Oh nein...", widersprach ich ihm dann mit einem dunklen Lächeln und ließ ihn los, nur um ihm mit einer widersprüchlichen Geste das Haar in seine perfekte Frisur zurückzustreichen.
"Es ist noch lange nicht vorbei....", säuselte ich und behielt den 'und dafür wirst du bezahlen'-Teil für mich, da sollten meine Augen mehr leere Drohungen sprechen.
Ich wusste wo er wohnte und nicht mehr lange, dann würde ich auch wissen wo diese Schlampe wohnte.

Ich schluckte, als er mich erneut am Kragen packte. Er war kräftig geworden. Nicht kräftiger als ich, aber er war nicht mehr der unschuldige kleine Junge, den ich früher immer beschützt hatte. Nun wehte ein anderer Wind durch ihn, ein verpesteter, abartiger.
Völliges Unverständnis lag in meinem Blick. Was Ich ihm angetan hatte? Er war doch derjenige, der den Kontakt nicht mehr wollte, diese verlogene Ratte! Ich Blicke seine beenden blassen Lippen an. Sie verrieten mir, dass er mich nie losgelassen hatte. Er hatte es nie geschafft, mit alldem abzuschließen. Und ich redete mir ein, ich hätte es und würde auch weiterhin die Büchse fest verschlossen halten können.
Er ließ mich los, streichelte mein Haar. Ich verstand ihn nicht. "Das ist doch absurd. Hörst du dich eigentlich reden, River!? Wir sind erwachsen! Natürlich ist es vorbei, komm damit zurecht!", ich zischte, um nicht zu schreien. Nun packte ich sein Ohr, wie ich es früher getan hatte, wenn er mir zu sehr auf die Nerven gegangen war. Ich zog ihn zu mir runter." Du hast doch keine Ahnung. Gar nichts weißt du", flüsterte ich in sein gepacktes Ohr. Ich holte auf uns verpasste ihm eine mit der anderen Faust, sodass er von mir fiel. Dann richtete ich mich auf und trat kurz neben ihm den Boden, sodass einige Laubblätter auf ihn geworfen wurde. "Nichtsnutz, was ist nur aus dir geworden. Sieh dich doch mal an, du ignoranter Bastard."

Um ehrlich zu sein hatte ich nach ner jämmerlichen Fluchtaktion nicht damit gerechnet, dass Judas nochmal groß was entgegen zu setzen hatte. Ich hatte schon befürchtet, dass er zu diesem kümmerlichen Weichei verkommen war, dessen Bild er bisher abgegeben hatte. Als er mich aber am Ohr packte, erkannte ich darin seine Stärke von früher. Ich war vielleicht der schnellere Läufer von uns, aber der Stärkere war er. War er immer gewesen.
Ich hörte ihm zu, wenn auch nur widerwillig und verzog mit jedem weiteren Wort zunehmend mein Gesicht, bis es ihm mit verbitterter Miene entgegen starrte.
Ich wollte ihm so vieles an den Kopf schmeißen, ihn zusammen schreien, ihn spüren lassen, welchen Schmerz er mir zugemutet hatte, aber es war ihm scheinbar einfach gleichgültig. Ich hatte keine Ahnung? Was wusste er schon? Mindestens genauso wenig.
Langsam stand ich auf, klopfte mir in einer überflüssigen Geste ein paar Blätter von meiner durchtragenen Jacke und sah ihm ausdruckslos in die Augen.
"Das wirst du mir büßen", versprach ich ihm genauso ausdruckslos, wie meine Miene, bevor ich mich langsam umdrehte und ihn dort im Park stehen ließ.
Die Hände steckte ich in meine Jackentaschen und ging.

Ich sagte nichts mehr darauf. Schüttelte nur den Kopf und ließ diesen Idioten davon ziehen. Und doch, ich glaubte ihm. Er war verrückt geworden. Schlich seit einiger Zeit hier um das Haus, beobachtete mich und schien nicht mit alledem abschließen zu können. Doch ich verstand ihn nicht. Er wollt damals doch alles abschließen, wieso riss er nun alte Wunden erneut auf?
Ich nahm den Schlagstock und ging zurück in meine Wohnung. Einen lauten Schrei unterdrückte ich und stellte mich stattdessen unter die eiskalte Dusche. War das grade wirklich alles passiert?

Tage später kam ich grade von einem klassischen Konzert wieder. Ich trug einen Anzug, war alleine und rauchte grade eine, beschloss durch die fast leeren Straßen zu spazieren. Meine Vergangenheit hatte mich eingeholt, meine Gedanken kreisten nur noch darum.

Wie versprochen würde ich mich an ihm rächen. Ich stand weiterhin jeden Tag und jede Nacht unten vor dem Haus, sah zu seinen Fenstern hoch, beobachtete wenn er das Haus verließ und wieder kam. Ich hatte sogar seine dämlichen Freundin bis nach Hause gefolgt und hatte ihr in der Nacht sämtliche Scheiben eingeschlagen.
Durch die ganze Aktion bekam ich jedoch weniger Schlaf, viel zu wenig und das zeigte sich auch an den wenigen Tagen, wo ich bei der Arbeit erschien. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie mich vor die Behörde riefen und neue Auflagen verhängten, doch das war mir völlig egal.
Judas hatte mich also schon so gut wie vergessen, also würde ich dafür sorgen, dass er mich von jetzt an nicht mehr ignorieren konnte.
Einer meiner Mitbewohner hatte mir damals beigebracht Schlösser zu knacken und ich war über die Jahre immer besser darin geworden. So hoffte ich auch bei Judas in die Wohnung zu kommen. Es war der erste Abend an dem ich ihm ausnahmsweise nicht gefolgt war.
Das hieß, ich hatte es vor, doch als ich gesehen hatte wo er hin wollte, hatte ich ganz schnell einen Rückzieher gemacht. Ich konnte diese Musik nicht mehr ertragen, denn sie rief Erinnerungen einer Zeit in mir wach, die ich längst begraben hatte.
Also beschloss ich, einfach bei ihm Zuhause auf ihn zu warten und ihm einen kleinen Überraschungsbesuch abzustatten, wie ich es früher gerne getan hatte.

Meine Freundin hatte mir von der Sache mit ihren Scheiben erzählt. Ich sagte ihr nur, sie solle vorsichtig sein, Kameras und Alarmanlagen installieren. Dass das mit mir zu tun haben könnte, verschwieg ich ihr. Sie sollte nichts von meiner Vergangenheit erfahren. Ich hatte ihr eh nur Lügen aufgetischt.
Die einzigen Farblleckser in meiner Wohnung waren die dutzenden gemalten Vögel. Damit hatte ich schon als Kind begonnen, doch sie sahen früher noch sehr schlecht aus. Mittlerweile konnte ich mir damit was dazu verdienen.
Als ich Zuhause ankam, bemerkte ich direkt, dass die Tür nicht richtig abgeschlossen war. Ich trat ein und erwartete ihn schon oder wenigstens Spuren davon. Ich gab mich entspannt, zog die Schuhe und den Mantel aus, schritt dann in die Wohnküche. Er saß da auf meinem Sofa, und obwohl ich ihm kurz in die Augen blickte, ignorierte ich ihn. Seine Drohung hatte ich nicht vergessen und ihn schon lange erwartet. Ich ging zu einem der Schränke und schenkte mich dort einen Gin ein. "Ich habe recherchiert, deine Karte ist fast schwarz. Wenn es soweit ist, drehen wir den Spieß um, einverstanden?" Ich stellte mich vor ihm hin, trank eine Schluck, und gab ihm dann aus dem Nichts heraus so eine kräftige Schwelle, dass sein Kopf zur Seite flog.
"Das war für meine Freundin."

Ich ließ die Ohrfeige über mich ergehen, immerhin konnte ich nicht abstreiten, dass ich sie nicht verdient hatte. Ich atmete tief durch und legte mir eine Hand an die glühende Wange. Der Schmerz pochte noch eine Weile nach.
"Klar, das musste ja kommen...", schmunzelte ich und verzog leicht das Gesicht.
Kraft hatte er defintiv immer noch.
"Autsch...", kommentierte ich die Schelle mit reichlicher Verzögerung und lachte dann leise.
"Aber die Schlampe hat es verdient. Und da war ich noch gnädig."
Ich hätte ihr auch direkt etwas antun können, hatte ich aber nicht. Es war lediglich eine Warnung wie ernst es mir war, mehr nicht.
"Hat es dich gelangweilt sie zu ficken, dass du dich jetzt doch über mich informierst?", fragte ich ihn feigsend, stand auf und ging in seinem Wohnzimmer herum, sah mir hier und da seine Einrichtung an, seine Bilder, Dekorationen, allgemein wie er jetzt lebte.
"Ist das hier eigentlich dein Scheißernst? Hatte nicht erwartet, dass du mal so ein Spießerleben führen würdest. Fehlt nur noch die weiße Katze mit dem lila Schleifchen um den Hals, findest du nicht? Oder warte, die sitzt bei deiner, wie nanntest du sie? Freundin, hm?"

Ich war überrascht, dass er die Ohrfeigen so aufgefasst hatte und anscheinend hart im Nehmen war. Er zeigte zwar Reaktionen, diese waren aber vergleichsweise schwach zu meinem Schlag. Das regte mich gewissermaßen auf. Aber er hatte es wohl ebenso kommen sehen, wie ich seinen Besuch. Wir wussten beide, woran wir waren: Verachtung. "Sie hat nichts mit alledem zu tun. Konzentriert dich auf mich und lass sie aus dem Spiel." Ich machte mir Sorgen um sie. Wie tief musste er gesunken sein, um sogar Unschuldige und Außenstehende mit zu bestrafen?
Ich sah mich kurz um. Die Wohnung hatte er anscheinend nicht durchsucht. Suchte er nur meine Nähe? Meine Angst?
"Ich werde dir keine Fragen zu meinem Sexualleben beantworten. Das kannst du anscheinend gerne alles selbst heraus finden." Vielleicht waren hier und bei meiner Freundin bereits Kameras installiert, dieser kranke Stalker. Er versuchte weiterhin zu provozieren, meinen Lebensstil ins Lächerliche zu ziehen.
"Ja, es ist recht spießig geworden, da hast du recht", stimmte ich ihm zu. Beobachtete ihn, wie er durch das Zimmer streifte. "Und du, wie sieht dein Leben nun aus? Was hast du bisher erreicht?" Wahrscheinlich war er neidisch. Ich fragte mich, wie er zu diesem Monster werden konnte. Wir waren früher doch beide so liebe Kinder. "Was willst du nun, Riven? Was ist der Grund für deinen erbärmlichen Besuch?"

"Wenn du mich nur niederreden willst, nur zu", sagte ich trocken und betrachtete gerade die Malerei eines Vogels an der Wand.
Ich mochte keine Vögel. Sie waren das Symbol der Freiheit und das was ich nicht mehr hatte. Meine Augen vernegten sich während ich eine Hand an die Wand legte und langsam die Fingernägel darüber zog.
"Ich bin es gewohnt, dass jeder über mich urteilt, das macht mir nichts aus", lächelte ich sarkastisch und strich mir die Haare zurük, bevor ich mich wieder zu ihm umdrehte.
"Damit kannst du die Vergangenheit auch nicht wieder rückgängig machen", nun war meine Stimme wieder kühl.
Ich ging zu Judas rüber und drückte ihn an der Brust zurück auf die Couch, bevor ich mich rittlings auf seinen Schoß setzte, die Arme locker auf seinen Schultern abgelegt, in er einen Hand, hinter seinem Rücken hielt ich mein Klappmesser und drehte es zwischen meinen Fingern, während ich ihn fast schon unschuldig anlächelte.
"Mein Leben interessiert dich doch überhaupt nicht, Judas. Hat es noch nie, hab ich recht? Immerhin hast du mich und alles was uns mal verbunden hat einfach so hinter dir gelassen. Du bist jetzt einer von den Großen, hast Erfolg, eine schicke Frau an deiner Seite, eine schöne Wohnung", zählte ich auf und sah dabei gespielt nachdenklich an ihm vorbei nach oben.
"Weißt du, ich hab mich immer gefragt, ob ich dir überhaupt etwas bedeutet habe, oder ob ich nur ein Spielzeug für dich war. Der kleine Junge aus der Musikgruppe, der dich angehimmelt hat, weil du ja so beliebt und talentiert und so cool warst. Ich hab mich getäuscht. Du bist auch nur einer von vielen. Ein Gesicht, das man wieder vergisst, wenn es den Glanz seiner Bewunderer verliert."

"Über jeden Menschen wird geurteilt. Aber jeder hat selbst zu verantworten, wie diese Urteile ausfallen. Du bist intelligent, du hättest mehr werden können als ein Straftäter und Stalker." Aber er war zu schwach. Zu hasserfüllt, wer auch immer ihm diesen Hass eingebracht hatte.
"Ich will sie nicht rückgängig machen. Ich will sie einfach hinter mir lassen. Ich habe hart dafür gearbeitet, nie wieder so etwas erleben zu müssen." Er kam wieder, setzte sich auf mich und ich war kurz perplex, dass ich so viel Nähe nicht erwartet hatte. Während er sprach, atmete ich tief durch. Ich hatte das Messer aufblitzen sehen, und ich konnte ihn nicht einschätzen.
"Ich begreife nicht, wieso du so urteilst. Ich hatte doch keine andere Wahl." Ich legte den Kopf leicht in den Nacken, auf dem Sofa ab. "Willst du mich nun umbringen?" Ich kommentierte seine weiteren Provokationen nicht. Stattdessen griff ich langsam mit einer Hand hinter mich, umfasste das Messer an der Klinge und sah ihm dann in die braunen Rehaugen. "Hasst du mich so abgrundtief, dass du mich wirklich verletzen willst? Weil ich damals nicht länger auf dich aufpassen konnte?"

Meine Augen verengten sich wieder und meine Antwort fiel mit einem klaren "Ja" aus, während ich ihn keine Sekunde aus den Augen ließ.
"Ich hasse dich und ich werde dir weh tun, aber ich hab nicht vor dich umzubringen. Ich mach dir dein beschissenes Leben zur Hölle, sodass du mich nie wieder vergessen kannst", versprach ich ihm mit dunkler Stimme, ließ ihn meine KLinge packen, bewegte sie aber nicht.
"Das hast du alles dir selbst zu verdanken. Genauso wie du dich gerade selbst verletzt."
Ich spürte den Widerstand an meinem Messer, fragte mich ob er es mir entreißen könnte und hielt es fester.
"Aber ich bin ganz Ohr. Du sagst du hattest keine Wahl? Weingstens eine Erklärung bist du mir schuldig, findest du nicht?", knurrte ich ihn an, machte meine Wut wieder deutlicher und drückte ihn mit der freien Hand an der Schulter gegen die Lehne.
"Und bete lieber, dass du einen verdammt guten Grund hast. Nicht, dass ich dir dann verzeihen würde."

"Ihr habt mir mein Leben damals schon zur Hölle gemacht", knurrte ich leise und hielt weiterhin die Klinge fest gepackt. Spürte wie diese sich langsam in meine Haut zu drücken versuchte. Es löste alte Gefühle in mir aus, ich schnaubte tief, packte sie noch fester. "Ja, ja! Es ist alles meine Schuld! Und eure!" Ich wusste gar nicht, wem ich alles die Schuld geben wollte. Vielleicht jedem verdammten Menschen auf der Erde. Die alten Bilder kamen auf, die ich so lange unterdrückt und verschlossen hatte, und sie trafen mich mit voller Wucht. Rissen mich heraus aus meiner Beherrschung. Seine letzten Worte bekam ich zwar noch deutlich mit, aber ich wünschte mir grade nichts mehr, als irgendjemanden zu bestrafen. Noch fester umfasste ich die Klinke, Blut lief an meiner Hand hinab und ich entriss sie ihm mit einem Ruck, schmiss sie durch den Raum. Meine blutige Hand packte danach seine Haare, ich riss ihn runter auf den Boden. Hielt seine Wellen weiterhin fest im Griff und schleifte ihn durch die Wohnung. "Eine Erklärung?! Du weißt es doch! Du weißt es doch du elendiger Arsch!" Wenn er versuchte, aufzustehen, trat ich ihn mit voller Wucht in die Seite. Wir erreichten mein Schlafzimmer, in welchem ich ihn los ließ und nochmal hart trat. In der Zeit, in der er mit seinem Schmerz beschäftigt war, holte ich aus dem Schrank einen alten Holzkasten und öffnete ihn. Den Inhalt kippte ich über River. Es waren 6 ungeöffnete Briefe, mit Rücksendescheinen versehen. Dann pfefferte ich die Holzkiste auf ihn.

Zugegeben, diesen plötzlichen Wandel hatte ich nicht kommen sehen. Das Blut an seiner Hand hatte meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen, sodass ich zu spät reagierte und nicht mehr verhindern konnte, dass Judas mir die Klinge entriss.
"Was zum... Argh!", setzte ich an, zischte dann aber vor Schmerz auf, als sich seine Finger grob in meine Haare gruben.
Ich ließ Judas los, fasste nach seinen Händen und wollte sie von mir reißen, dabei fiel ich von ihm runter und landete mit einem dumpfen Schlag am Boden. Natürlich versuchte ich mich wieder aufzukämpfen, fing mir dafür nur seine Tritte ein und zerrte weiter zischend an seinen Händen. Meine Nägel kratzten fest über seine Hände, sein Handgelenk versuchte mich aus dem unerbittlichen Griff zu befreien.
Als er endlich los ließ und mich nochmal trat krümmte ich mich ächzend auf die Seite, hielt mir die Stelle und versuchte das Dröhnen in meinem Kopf zu beruhigen. Meine ganze Kopfhaut brannte wie Feuer.
"Was verflucht soll die Scheiße?!", fuhr ich Judas an.
Bevor ich mich komplett wieder aufrichten konnte um ihn zu konfrontieren trafen mich die Briefe, egfolgt von der Kiste, die ich mit meinem Arm abwehrte. Irritiert blickte ich auf die Umschläge und verstand nicht ganz.
"Was ist das?", verlangte ich eine Erklärung und nahm einen der Umschläge in die Hand um ihn mir genauer anzusehen.