RE: Insel der Monster - 6

Kastr, der sich verlegen an Demos' Seite herumgedruckst und gegessen hatte, blickte diesem verwirrt in die Augen.
"Arbeit? Wieso? Ihr und Arbeit?"
"Ha! Nur wenn wir müssen!"
"Wir können doch nicht jede Nacht am selben Ort feiern. Das wär den Göttern gar nicht recht. Deshalb musst du das machen. Warst als erster wach. Dein pech."
"Moment, ich? Aber... woher soll ich wissen, was ein guter Platz ist?"

Demos versuchte ihn zu beruhigen.
"Ach. Du musst nur einen Ort mit einer großen freien Fläche finden. Möglichst im Wald oder an einem Fluss. Ach ja, und es sollte da was zu trinken geben. Viel zu trinken! Aber mach dir keine Sorgen. Du wärst der erste in .... ich glaube über 50 Jahren, der mit der Tradition bricht. Wenn die Idioten hier das schaffen, packst du das auch!"

"Na, wenn das so ist...", grinste er und nickte. "Das sollte doch kein Problem sein. Also, wo sind meine Waffen?"
"Waffen? Wozu brauchst du sowas?", lachte einer der Jungen, denen er es gestern besorgt hatte. "Du willst nur einen Platz finden, da braucht man keine Klingen."
"Worauf wartest du? Du kannst feiern, alsod kannst du auch arbeiten, Kleiner!"
Kastor war es nicht gewöhnt, sich herumkommandieren zu lassen. Doch den Boten der Götter gehorchte er ohne Murren. Er erhob sich augenblicklich, sich bewusst, dass er nackt und schutzlos vor den Satyrn stand.
"Bis später", seufzte er Demos zu.

Damos machte sich also an die heroische Aufgabe, einen Festplatz für die Satyrn zu finden. Es war seltsam, denn auch wenn der Ort ihm vollkommen fremd war, trugen ihn seine Schritte doch bestimmt in eine Richtung. Nach einem relativ kurzen Marsch erreichte er ein kleines Tal. Die Berghänge waren mit den schönsten Weinreben bepflanzt und die Heide am Boden Tals lud quasi dazu ein, ein Gelage auf ihr zu feiern!
Doch in der Mitte des ganzen Stand ein Haus, eher ein Anwesen, ganz in weiß und mit seltsamen Ornamenten verziert. Hier musste wohl derjenige leben, der all dies angepflanzt hatte.

(Damos?)
Kastor trat, schon ein wenig erschöpft nach der durchzechten Nacht den Hang hinunter und überblickte das fruchtbare Tal. Wenn die Satyrn hier fertig waren, dann würde von den Weinreben sicher nicht viel übrig sein.
Verdammt, er vertrödelte hier wirklich seine Zeit. Er hatte doch was anderes vor! Jetzt, wieder mit klarem Kopf, kam ihm in den Sinn, dass er seine Zeit doch unmöglich mit solchen Festlichkeiten verschwenden konnte!

"Was suchst du hier?", ertönte eine tiefe, samtweiche Stimme im seinem Rücken. Als Kastor sich umdrehte, erblickte er eine Gestalt, die eben doch noch nicht dort gestanden hatte und noch seltsamer war als die Satyrn. Es sah aus wie eine Art ... Hund, nur auf zwei Beinen, ganz in schwarz und mit langen, spitzen Ohren. Die Gestalt trug ein weißes Lendentuch und eine seltsame weiß-blaue Kopfbedeckung, ansonsten hatte sie offenbar eine Vorliebe für Goldschmuck.
Das Wesen sah Kastor leicht missbilligend an. Der Fakt, dass er nackt war, störte das Tierwesen offenbar nicht.

"Sch... Beim Prometheus!", rief Kastor entgeistert und wich vor der kreatur zurück, die auf ihn niederstarrte wie auf ein Insekt, das die Ernte angriff. Dabei fiel er fast den Weinberg hinunter, konnte sein Gleichgewicht jedoch gerade noch halten und sich fangen. Was bei allen Göttern war das für ein Monstrum!? Der unbekleidete Jüngling nahm eine Abwehrhaltung ein als würde er befürchten, das Wesen würde ihn gleich anfallen.
"Wer... Wer bist du?", wollte er wissen. Eine Art Dämon? Hatte er den Besitzer gefressen?

"Meine Name ist Uhmtakathi, Sohn des Anubis und Wächter Toten." Und Frührentner, aber das musste ja keiner wissen.
"Ich wiederhole meine Frage, was suchst du hier, Sterblicher?"
Aus dem nichts erschien ein blau-gold gestreifter Stab in seiner Hand, an dessen Ende ein seltsames Symbol angebracht war. Es sah aus wie ein Nadelöhr mit einem waagrechten Strich nach der Öse.

Anubis? Der musste wohl eine große Nummer sein.
"I-Ich bin... Kastor... Sohn des Herimos", stammelte der Bursche, wie er noch nie gestammelt hatte. Schließlich war er ein mächtiger Krieger und hatte einen Ruf zu verteidigen. Doch diesem Geschöpf stellte er sich furchtsam gegenüber. "I-Ich... Ich wollte Euch nicht stören, ich suche... nur einen Platz für die Satyrn des Waldes!"

"Schicken diese elenden Plagegeister nun auch schon Menschen aus, um Orte für ihre grässlichen Feiern zu finden? Jeden Abend der selbe Mist. Ich dachte, sie würden heute endlich weiter nach Süden ziehen, raus aus meiner Hörweite. Aber nein, nun schicken sie einen hier her und besitzen die Dreistigkeit, auf meinem Land feiern zu wollen. Warum, bei Isis' Titten und Apophis' verfaultem Atem, sollte ich so etwas zu lassen?"
Der Stab und die Augen des Wesens begannen unheilvoll zu glühen. Scheinbar war er kein Freund von Nachbarschaftshilfe.

"W-Was? Nein, so ist das nicht!", verteidigte sich Kastor und hob abwehrend seine Hände. "Ich... Ich wusste nicht, dass hier jemand lebt! Hätte ich ja gar nicht ahnen können! Ich... Ich könnte mir jedoch vorstellen, dass sie sich freuen würden, Eure Gastfreundschaft anzunehmen. Sie... Sie heißen Gäste immer willkommen und kein Gaumen bleibt trocken! W-Wieso wollt Ihr es nicht zulassen?"

Die Gestalt deutet mit seinem Stab auf das Gebäude hinter sich.
"Glaubst du wirklich dieser Ort sein unbewohnt?"
Er schnaufte.
"Ich bin nicht interessiert, ihr Gast zu sein. Sie werden meinen Wein und Schnaps saufen, das Land verwüsten und dann einfach weiter ziehen. Warum sollte ich so etwas wollen? Mal davon abgesehen, dass ich es ablehne, auf meinem Besitz als Gast bezeichnet zu werden!"
Er starrte den nackten Jüngling eine Weile an, dann verzog sich seine Schnauze zu einem Grinsen.
"Andererseits, was hast du mir dafür anzubieten, dass ich ihre Horde hier feiern lasse?"

Die Gestalt mit dem Hundekopf schien durchaus eloquent zu sein und führte sich auf wie ein reicher Landbesitzer. Beinahe menschlich...
"Anzubieten?", wollte der Bursche wissen, dem das plötzliche Einlenken äußerst verdächtig vorkam. Wie kam das? Was wollte er? "Wenn du mir deinen Preis nennst, können wir uns sicher einig werden!"

"So viel Unternehmergeist, erfrischend." Er musterte ihn ausgiebig.
"Aber es scheint nicht, als hättest du irgendwas zum tauschen dabei. Aber du hast Glück, ich hatte schon immer eine Schwäche für gut gebaute Männer mit schönem Gesicht, auch wenn ich sonst einen etwas dunkleren Hautton gewöhnt bin. Wie wäre es, wenn du für ein paar Tage mein Diener, sagen wir gleich Sklave, wärst? Dafür öffne ich den Ziegen mein Heim und Hof, inklusive meiner Vorratskammer. Na, was sagst du?"

"Sklave?"
Ein Wort, das Kastor gar nicht leiden konnte. Sofort warf er sich entschlossen in die Brust und präsentierte sich stolz und männlich.
"Ich bin niemandes Sklave! Wo ich herkomme, werde ich als Held gefeiert! Jemand wie ich unterwirft sich niemandem!"