RE: A Warlock's Destiny - 2

Nicolai griff sich an den Hals, hilflos nach Luft ringend und japsend. Seine Füße suchten nach Halt den sie nicht fanden. Dann stellte der Hexer seine Frage und der Junge schrie vor Schmerz.
"Ja!", rief er. "Ja, tu ich! Und jetzt lasst mich runter, Himmeldonnerwetter nochmal! Luft! Ich brauche Luft, bitte!"

Ein grollendes Lachen brachte seine Stimmbänder zum Vibrieren und seine Brust zum Beben als der Jüngling ein weiteres Mal zu betteln begann. Wie erbärmlich. Wenigstens konnte er auf diese Weise ans Licht bringen, was bisher im Verborgenen geblieben war. Der Bursche war also ein Wunderkind. Ein magisch begabter Bengel. Jetzt galt es nur noch herauszufinden, wessen Lehrling er war. Um dem Knaben zu verstehen zu geben, dass er ihm keinen Gefallen tun würde, verstärkte er den Würgegriff, bis der Junge tatsächlich zu ersticken drohte. Kurz bevor er das Bewusstsein verlieren würde, ließ die Geisterhand von dem Burschen ab. "Von wem wurdest du ausgebildet?" fragte der Jäger gefährlich ruhig als wäre er an einer harmlosen Konversation mit dem Jüngeren interessiert. Weil es üblich war, magisch Begabte in einer Gilde oder einem Orden zu unterrichten, damit sie mit ihrer Gabe umzugehen lernten, sobald sich erste Anzeichen ihrer besonderen Fähigkeiten erkenntlich machten, ging der Hexer davon aus, dass der Bursche einen Meister besaß von dem er entweder ausgebildet wurde oder immer noch ausgebildet wird.

Ihm wurde schwarz vor Augen und dunkle Punkte tanzten in seinem Blickfeld. Er war kurz davor, in dunkle Tiefen abzudriften, denn die unsichtbare Hand die ihn gefasst hielt, brach ihm fast das Genick, geschweige denn dass sie ihm die Luft nach wie vor abklemmte.
Als er losgelassen wurde, landete er auf dem Bauch, mühsam versuchend, die Kontrolle über sein Sehvermögen zurück zu erlangen. Sein Hals schmerzte, die Angst kroch in seine Glieder. Was nur hatte dieser Wahnsinnige vor? Und wie kam er auf diese schwachsinnige Frage? Denn selbstverständlich hatte niemand ihn ausgebildet. Wie überhaupt konnte er das wissen? Orientierungslos kroch er auf dem Boden herum. Nicolais verschwommener Blick erfasste das Scheunentor. Es war vorbei mit der Zurückhaltung und Vernunft. Lieber da draußen sein als hier drin mit dieser Bestie!
Es war nur eine fegende Bewegung mit der Hand, doch sie hatte große Auswirkungen. Sogleich erhob sich eines der Hühnerhäuschen in die Luft und flog - samt Hühnern - auf den Fremden zu, begrub diesen unter sich. Von der enormen körperlichen Stärke der Hexer keine Ahnung habend, rannte Nicolai was seine Füße hergaben, stemmte sich gegen die Tür und riss diese auf. Rasend vor Angst lief er durch den Schnee auf den Waldrand zu, wo er diesen Irren hoffentlich abhängen konnte!

Dain grinste sein wölfisches Grinsen als er den Jungen auf dem Boden leiden sah. Welch ein Hochgenuss! Und doch konnte er ihm keine weitere Pein zufügen, da sie Gleichgesinnte waren. Es bestand eine Verbindung zwischen ihnen, erschaffen durch die Magie, die nicht zu unterschätzen war. Er musste sich mit aller Macht zurück halten, um seiner boshaften Ader keinen freien Lauf zu lassen, als vollkommen unerwartet das Holzkonstrukt auf ihn zugeschossen kam. Im letzten Moment errichtete er ein magisches Schutzschild vor sich, sodass das hölzerne Geschoss daran zerbarst, ehe seine Kraftreserven gänzlich ausgeschöpft waren. Zornig über diese Verschwendung seiner Kräfte sprang er schließlich auf die Beine und befahl Elixier, dem Burschen den Weg zu versperren. DIe kleine Ratte war jedoch schneller und konnte durch das Scheunentor entkommen. Das Schlachtross schnaubte aufgebracht und warf den gewaltigen Kopf hin und her, während es auf einen weiteren Befehl wartete. Dain, der die Jagd liebte wie kein anderer, machte keine Anstalten sich zu beeilen. Sollte der Bursche doch einen ordentlichen Vorsprung bekommen. Es würde die Jagd auf ihn umso reizvoller machen. In aller Seelenruhe kleidete er sich an, wohlwissend, dass sich der Knabe mittlerweile in Sicherheit wiegte. Welch ein Irrglaube! Er würde ihm eine Lektion erteilen, die den Jungen das Blut in den Adern gefrieren ließ. Selbstgefällig leckte er sich den Rinnsal Blut von seiner Lippe, die aufgeplatzt war, nachdem ihn ein Holzsplitter durch den Aufprall des Hühnerhauses gegen den Schutzschild getroffen hatte. Auch dafür würde die Ratte büßen.

Alle Vorsicht in den Wind schlagend, flüchtete Nicolai in das dichte Unterholz. Zweige und Schnee rieselten auf ihn herab. Es war ihm egal, auch wenn dornige Ranken und Äste ihm die Kleidung und die Hände durchstachen. Er keuchte schwer, die Schmerzen waren schlimm. Und die Chance einem bösartigen Hexer zu entkommen war geradezu lachhaft gering.
Noch geringer sogar als er plötzlich auf einen Hang stieß, den er in der Dunkelheit nicht gleich gesehen hatte. Der Flüchtige stolperte und fiel, sich überschlagend, den Abhang hinunter. Im Schnee rutschte er bis auf den Boden ganz unten, wobei ihm der Aufprall freilich endgültig das Bewusstsein raubte...

Blutrünstig leuchteten die Augen des Hengstes auf als sein Herr und Meister auf ihn zuging und sich geschickt in den Sattel schwang. Ein geisterhaftes Wiehern, das aus einer anderen Dimension zu stammen schien, ausstoßend machte der Hengst einen Satz nach vorne und zerschmetterte das Scheunentor mit seinem massigen Körper. Der wilde Ritt beförderte Ross und Reiter wie einen Rammbock durch die Schneemassen. Es dauerte nicht lange und sie hatten den Wald erreicht, der förmlich nach der magischen Aura des Jungen stank. Nicolai hatte einen großen Fehler begangen als er Gebrauch von seiner Magie machte. Denn jene war wie ein unverwechselbarer, einzigartiger Fingerabdruck. Eine mentale Gravur, die zu jeder Zeit und überall von magisch Begabten wahrgenommen werden konnte und das ganz ohne Talisman. Die Zähne wie ein Wolf fletschend spornte er sein Pferd im Trab dazu an, den zahlreichen Hindernissen auszuweichen, während er in einem gewissen Abstand den Burschen verfolgte. Dabei achtete er mit Absicht darauf, ihm nicht zu nahe zu kommen, damit der Knabe lediglich eine Ahnung davon haben konnte, gejagt zu werden, was umso schauderhafter auf die Beute wirkte. Wie ein herannahendes Gewitter donnerte der Hengst über Stock und Stein, bis er einem Hang entgegen schlitterte. Kurz vor dem Fall blieb das Tier stehen, jedoch nicht ohne mit den Vorderhufen in die Höhe zu steigen. Mit der Geschicklichkeit eines Raubtiers sprang der Hexer vom Pferd und fing den Sturz mit einer Bodenrolle ab, ehe er den Hang hinab glitt und sich direkt im Anschluss auf den bewusstlosen Jüngling stürzte. Unschön fluchend wegen der Ohnmacht seiner Beute schulterte er Nicolai, stieg mit ihm den Hang hinauf und warf seine Last auf den Rücken des Hengstes. Gleich danach setzte er sich in den Sattel, gab dem Hengst die Sporen und strebte eine Höhle an, die ihnen als Unterschlupf dienen sollte. Bis sie ihr Ziel erreichen würden, gestattete er dem Hengst sich im gemächlichen Trott fortzubewegen, damit Nicolai unterwegs Zeit hatte das Bewusstsein widerzuerlangen. Sollte er erwachen, würde er sich zwischen Pferdehals und Hexer eingeklemmt widerfinden ohne Aussicht auf ein Entkommen.

Nicolai driftete zwischen Träumen und Gespinsten. Auch wenn sein Körper still lag, war sein Geist in Aufruhr. Namen- und gesichtslose Monster in Menschengestalt jagten ihn durch Wälder von Dornen und Schatten.
Alles wirkte so echt...

Als der junge Magier wieder zu sich kam, spürte er, dass er sich bewegte. Seine Lider flatterten , die Arme und Beine fühlten sich taub an vor Schmerz. Er konnte nicht verhindern, dass er erneut abdriftete und bei jedem Erwachen wieder woanders war.
Als er schließlich die Augen aufschlug, lag er auf kalter Erde. Schmutz klebte an seiner Wange als er sich stöhnend erhob. Ihm war so furchtbar kalt...
"Wo... Wo bin ich...?", fragte er mit krächzender Stimme und griff sich an die Stirn wo noch das getrocknete Blut klebte.

Der Hexer entzündete die Feuerstelle Kraft seiner Gedanken, wobei er regungslos auf dem kahlen Erdboden hockte und ins Leere starrte. Die Seelenschlünde in seinem Gesicht spiegelten das flackernde Feuer wieder, während er zu meditieren schien. Er musste dringend seine Magie-Reserven auffüllen, andernfalls wäre er leichte Beute für die Ungeheuer dieser Einöde. Nicht einmal die Stimme seines Gefangenen konnte ihn aus der Ruhe bringen. Dain saß weiterhin bewegungslos an Ort und Stelle, bemühte lediglich seinen Geist zu sprechen, der die Worte direkt in das Bewusstsein des Jungen schickte, sodass der Hexer weder die Lippen bewegen noch die Stimmbänder benutzen musste.
"Falsche Frage" erklang es unwirklich im Kopf des Bengels. Der Hexer starrte noch immer ins Feuer, während Elixier den Eingang der Höhle mit seinem massigen Körper bewachte. Da Nicolais Fuß an einer Fessel befestigt war, würde er nicht fliehen können.
"Wieso trägst du kein Abzeichen deines Ordens bei dir?" erschallte die tonlose Stimme erneut in Nicolais Gedanken. Der Hexenmeister hatte den Burschen während seiner Ohnmacht abgesucht und kein Hinweis für seine Zugehörigkeit gefunden, was ihn sehr wunderte, da jeder Magier in Nicolais Alter einer Gilde oder zumindest einem Orden angehören musste.

Mit seinen Händen stützte er sich ab und setzte sich auf. Nicolai bemerkte, dass seine Füße gefesselt waren, doch sein gewaltiger Kopfschmerz beschäftigte ihn noch ein wenig mehr. Blinzelnd sah er sich in der Höhle um, die groß genug für sie beide und das monströse Reittier war, das dem Hexenmeister gehörte. Diesen erblickte er auch gleich am Feuer. Er war wach - doch irgendwie nicht ganz da, denn er ließ sich in keinster Weise anmerken, dass er ihn bemerkt hatte.
Verwirrt griff er sich an den Hinterkopf - nun hörte er sogar schon Stimmen - und dachte nach. Abzeichen? Was denn für ein Abzeichen?
In Garahl, der Hauptstadt dieses Landes, war Magie verhasst und man misstraute allen, die auch nur ansatzweise mit ihr zu tun hatten. Aus diesem Grunde gab es dort weder Orden, noch hatte die Gilde dort eine Niederlassung. Wen wunderte es also, dass er da ohne Ausbildung hatte auskommen müssen?
"Ich... Ich bin kein Mitglied eines Ordens", antwortete er leise und zögernd. "Ich komme aus Garahl. Einem wie Euch sagt die Stadt vielleicht etwas."

Das Weiß seiner Augen kam wieder zum Vorschein, verdrängte so die geweiteten Pupillen, als er seine Meditation beendete. Die Information, einem gildenlosen Magier begegnet zu sein, weckte Dains Interesse schlagartig. Er war erst wenige Male in seinem unfassbar langen Leben Magiern begegnet, die keine Ausbildung genossen hatten. In den meisten Fällen starben sie an ihrer Unwissenheit und Unfähigkeit. Wer nämlich seine Kräfte nicht kontrollieren konnte, war früher oder später dem Untergang geweiht. Ab einem bestimmten Punkt würde sich die Magie gegen ihren Träger wenden, wenn dieser nicht imstande war sie zu zügeln. Dain hatte gesehen wie unerfahrene Burschen mitten auf dem Marktplatz in Flammen aufgingen und die halbe Dorfgemeinde mit sich in den Tod rissen. Kein schöner Anblick. Von daher täte er dem Jungen einen Gefallen, wenn er diesen hier und jetzt niederstreckte auf dass er zu keiner Gefahr für die Menschheit und sich selbst wurde. Der Hexer richtete sich in einer fließenden Bewegung auf, wobei das Leder seiner Kleidung leise knarzte. Schleichend wie das Raubtier, das er auf mystische Weise verkörperte, näherte er sich dem Jüngling, der auf dem Boden kauerte. Seine Schritte waren lautlos und erhaben, voller Selbstsicherheit und Stolz. Vor dem Knaben ging er in die Hocke, legte einen langen Finger unter dessen Kinn und hob es an, sodass er gezwungen war dem Hexer geradewegs in die beiden seelenlosen Schlünde seiner Augen zu sehen. "Garahl? Das erklärt diesen trotzigen Ausdruck in deinem Gesicht" kommentierte Dain monoton flüsternd als würde er diesen friedlich anmutenden Augenblick nicht mit seiner grollenden Stimme zerstören wollen. Selbstverständlich war ihm die Hauptstadt des Landes, das er seit einigen Wochen bereiste, bekannt. Dennoch hätte er nicht damit gerechnet, auf einen Jungen wie Nicolai zu treffen, da die Einwohner Garahls magisch Begabte im Kindesalter zu töten pflegten wegen ihres Hasses auf alles Fremdartige. Mit dem Daumen strich er über die zarte Wange des Jungen, ehe er den Griff um dessen Kinn verstärkte. "Dass du lebst hast du entweder deinem Verstand oder deiner Torheit zu verdanken. Was auch immer es sein mag, wir werden es niemals erfahren, da ich dich töten werde" verkündete er gänzlich ungerührt wie ein Schlächter, der das Schlachten und Morden gewohnt war. Blut quoll wieder aus der hauchfeinen Wunde an seiner Unterlippe hervor. Mit der Fingerkuppe der freien Hand fing er einen Tropfen auf und zerrieb diesen zwischen den Fingerspitzen direkt vor Nicolais Augen. "Nicht zuletzt deswegen" nannte er als Grund für das Todesurteil die unverschämte Art des Jungen, welche jenen dazu gebracht hatte, den Hexer zu verletzen.

Es war doch verhext, dass er ausgerechnet dann hingefallen war, als ihn dieser Unhold verfolgt hatte. Das war ihm noch auf keiner Flucht passiert - und es hatte einige gegeben, denn nicht jeder Diebstahl war ihm unbemerkt geglückt. Nicht selten hatte er vor einem wütenden Hafenarbeiter oder den Leibwächtern eines reichen Händlers in Garahl durch das Labyrinth der Straßen und Gassen fliehen müssen. Das waren jedoch gänzlich andere Umstände gewesen, denn immerhin hatte er sich dort ausgekannt und oftmals sogar einige der Stolpersteine für seine Verfolger vorab in Stellung gebracht.
Davon konnte in diesem Fall natürlich keine Rede sein, denn hier draußen war einer mit der Ausbildung zum Hexenmeister eindeutig im Vorteil gegenüber einem gewöhnlichen Stadtjungen. Vermutlich hätte er auch ohne den unglücklichen Sturz nicht lange vor ihm davon laufen können.
Als ihm der Fremde eröffnete, dass er ihn töten wolle, war Nicolai seltsamerweise kaum noch erschreckt. Schließlich hatte er das die ganze Zeit erwartet und er war eindeutig zu erschöpft, um noch einmal wegzulaufen.
"Ich würde es vorziehen, wenn es meinem Verstand zu verdanken wäre", antwortete er daher nur hochnäsig und mühte sich, keine Miene zu verziehen, als ihm der Hexer den kleinen Kratzer präsentierte, den er ihm beigebracht hatte. "Das war Notwehr, das wisst Ihr ganz genau! Ihr könnt nicht erwarten, dass ich mich nicht wehre, wenn Ihr mir droht! Seid so gut und macht es wenigstens schnell."

Der Junge hatte richtig erkannt, dass er einem Hexer niemals entkommen konnte - Sturz hin oder her. Denn ein Hexer war wie ein Bluthund. Hatte dieser erst die Fährte seiner Beute gerochen, ließ er nicht von ihr ab bis er sie zerfleischt hatte.
Wieder lachte der Jäger trocken bei den armseligen Worten des Jünglings. Es war ihm unverständlich, dass Nicolai keinen Lebenswillen zeigte. Er schien sich regelrecht nach dem Tod zu sehnen. Aus der Nähe betrachtet erkannte Dain das imense magische Potenzial seines Opfers. Er spürte dessen Aura wie eine gewaltige Explosion, die sich angesichts des drohenden Todes entfaltete. Selbstgefällig grinsend ob dieser Entdeckung überkam Dain der gerissene Gedanke, den Burschen in jene Hexerschule zu bringen, die auch ihn ausgebildet hatte. Damit hätte er seinen Soll erfüllt und wäre dem Wolforden nicht länger einen Schüler schuldig. Die Reise nach Kaer Morhen würde jedoch einige Wochen in Anspruch nehmen, weswegen der Jäger die Option, den Jungen einfach zu töten, mindestens genauso verlockend empfand, da er sich somit den erschwerlichen Ritt sparen würde. Nach kurzem Zögern beschloss er das Schicksal entscheiden zu lassen, indem er den Jungen auf dessen Würdigkeit prüfte.
"Ich soll es schnell machen? Etwa so?" schürte er die Furcht des Knaben mit gezücktem Dolch, den er ihm an die Kehle hielt und mit einer raschen Bewegung einen feinen, dünnen Schnitt auf dessen makelloser Haut hinterließ ohne tief ins Fleisch zu schneiden. Zuvor hatte er Nicolais Kopf mit der einen Hand in den Nacken gezerrt, um den Hals freizulegen. "Willst du wirklich sterben, närrischer Wicht?" hauchte er ihm mit ebenso scharfer Stimme entgegen "oder willst du deinen Frevel an mir wieder gut machen, indem du mir zu dienen schwörst? Ich werde dich lehren, deine Kräfte zu beherrschen. Im Gegenzug dafür bist du für die Dauer der Lehre mein willenloser Sklave." Dieses dünnlippige Grinsen im bleichen Gesicht des Hexers verriet, dass es kein Vergnügen werden würde jenem zu Diensten zu sein.

Immer noch hielt dieser Widerling seinen Kiefer fest wie in einem Schraubstock. Bei den Zwölf, er hasste diese schreckliche Visage mit ihren bleichen Haaren und diesem Grinsen wie ein Schakal der im Begriff war, den Hühnerstall zu plündern. Tapfer erwiderte er den Blick des Hexenmeisters, auch wenn es ihn all seinen Mut kostete, dem nahenden Tod so ins Auge zu blicken. Nichts anderes war er nämlich. Der Tod hatte ein Gesicht bekommen. Unter anderen Umständen hätte es vielleicht attraktiv gewirkt, doch dieses dämonische Grinsen verliehen ihm etwas Hässliches, Ungeheuerliches.
Er schloss die Augen und stöhnte gedehnt, als die scharfe Schneide seinen Hals mit seinem eigenen Blut färbte. Es tat weh, dass die ungeschützte Haut gewaltsam durchtrennt wurde und ein Wimmern konnte er nicht zurückhalten.
Als ihm der Hexer das unheilige Angebot machte, schien sein Innerstes zu Eis zu gefrieren. Seine Kräfte beherrschte er doch und es hatte ihn nie gelüstet, sie weiter zu erforschen. Und wenn das bedeutete, der Diener dieses Mannes zu werden - willenloser Sklave, wie er es ausgedrückt hatte -, so war er sich nicht sicher, ob es nicht besser war, wenn er ihn umbrachte.
"I-Ihr seid ein Hexer", rief er unter Tränen. "Ihr schützt die Unschuldigen vor den Bestien! Ich habe noch nie gehört, dass ihr euch stattdessen an ihnen vergreift als seid Ihr selbst welche!"

Dieses herrliche Blut, welches auf der Klinge verführerisch schimmerte, konnte eine wahre Sinnesfreude bedeuten im Rahmen eines Rituals oder einer Zeremonie. Mit größter Mühe konnte er dem Drang widerstehen, jenes für seine perfiden Neigungen zu missbrauchen. Die schmal gewordenen Augen legten sich neuerdings auf das Antlitz des Jüngeren.
"Falsch! Du bist die Bestie!" zischte er tonlos, was durch Mark und Bein ging. "Keine Gefahr ist so groß wie die, die von einem Narren ausgeht. Mit deiner ungeschulten Magie wirst du eines Tages eine Bedrohung für alle sein. Noch magst du faulen Hokuspokus betreiben könnnen, aber schon bald wird dich dein eigenes Potenzial umbringen. Du solltest mir also dankbar sein, wenn ich mich deiner annehmen will um dein elendiges Dasein zu retten."

"Ich!? Lachhaft", knurrte der Junge wütend und hielt dem bohrenden Blick des Mannes stand, während sein Gesicht putterrot anlief vor Wut. Es war ihm bis jetzt nicht aufgefallen, doch er hatte sich im Leben noch nie wirklich geärgert. War nie so wütend gewesen wie jetzt. Die Spannung die zwischen ihnen stand war fast körperlich greifbar und knisterte wie Blitze.
"Ich will nur meine Ruhe haben...", murmelte er schließlich matt. "Was soll daran falsch sein?"