RE: >>>night shifts - 2

Seine harten und emotionslosen Worte waren wir ein spitzer Pfeil, der mein Herz aufspießte. Ich hab also mal wieder alles falsch gedeutet und meine Chancen, auf einen netten Menschen und eine Verbindung, die weniger emotional war, verspielt. Das Leben hatte anderes für mich vorher bestimmt. Einsamkeit, Kampf und Arbeit. Ich drehte mich auf meine Gesunde Seite, sofern ich eine hatte und blickte aus dem Fenster. Irgendwann musste ich wohl eingeschlafen sein. Jedoch war ich zu tiefst betrübt, um mich für andere Leute zu scheren. Ich lass die Ärzte ein und aus gehen, lass die Schwestern meine Wunde betrachten, Werte notieren, Essen bringen und auch sonst, was für meine Genesung nötig war. Auch der Arzt, legte mir nah zu ruhen, aber das war mir egal. Wahrscheinlich mutierte ich zu einem Patient, den keiner mochte. Zwar meckerte ich nicht, doch meine Stimmung war sichtlich im Keller.
Als endlich der Tag der Verlegung kam, saß ich auf meinem Bett, anstatt zu liegen und blickte nun aus einem anderen Fenster, mit Blick auf die Hochhäuser der Stadt. Wirklich nicht Gesundheitsfördernd. Ich fuhr mir durchs Haar, lies die Schultern sinken und gab der Trauer in meinem Herzen nach. Tränen liefen über meine Wangen, ein schluchzen entkam meiner Kehle. Ich war stark und hielt auch viel aus, doch gerade war einfach alles zu Viel für mich.
Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte, wischte ich die Tränen an dem Krankenhaushemd ab, erhob mich und lief in das angrenzende Bad, wo es eine Toilette und ein kleines Waschbecken, gab.
Dort wusch ich mein Gesicht und erledigte mein Geschäft. Danach war ich erneut wie gerädert und legte mich zurück in das Bett und schlief ein bisschen.
Von Tag zu Tag veränderte sich mein Zustand nicht. Herr Ludkahamsson hab ich selten zu Gesicht bekommen. Wahrscheinlich wollte er nicht mehr mein Pfleger sein. Verständlich! Ich nahm es ihm nicht übel. Doch... seine emotionslose Art, die nahm ich ihm übel. Wahrscheinlich wäre er nicht gut auf mich zu sprechen. Sein Selbst zu verleugnen... aber wer weiß, ob mein Gayradar funktionierte. Ich hatte mich schon so oft getäuscht.
Am 5 Tage, meines Aufenthalts, in dem Krankenhaus, bekam ich endlich etwas zu Essen. Es war nicht viel und auch nicht sehr lecker. Aber ich hatte Hunger. Meine normale Zufuhr von Nahrung bestand hauptsächlich aus Junk Food oder Kantinen Essen, wenn ich Trainieren war und dort etwas gegessen hatte. Seufzend fuhr ich mir durch das Gesicht und überlegte, ob ich erneut türmen sollte. Nicht wegen einer Person, sondern um mal raus zu kommen. 5 Tage im Krankenhaus, in dem selben Bett, ungeduscht und gelangweilt. Doch als ich meinen Plan in die Tat umsetzten wollte, kam auch schon jemand in mein Zimmer. Er trug einen Anzug, war groß und gut aussehend, hatte ein Brett in der Hand, wo ein Stift dran baumelte und setzte sich ungefragt auf den Besucherstuhl.
"Guten Tag, Herr Zelmerlöw. Mein Name ist Andersson. Ich bin Psychologe in diesem Krankenhaus. Mir wurde nahe gelegt, mich Mal mit Ihnen zu unterhalten. Ich habe Ihre Akte gelesen... mein Beileid, wegen Ihren tapferen Kollegen." sprach er. Ich nickte nur und schwieg ansonsten.
"Wie fühlen Sie sich?" ging er zur Routine über. Immer die gleichen Fragen. Egal ob hier, oder bei dem Ärztecheck wegen meiner Arbeit.
"Mir geht es gut." antwortete ich.
"Haben Sie Alpträume?" fragte er weiter.
"Nein."
"Haben Sie Erinnerungslücken?"
"Nein."
"Denken Sie oft an den Tag zurück, an dem das Schreckliche Attentat stattfand?"
"Nein, aber Danke, dass Sie mich daran erinnern. Hören Sie. Ich kenne die Fragen! Ich weiß, die Antworten und ich leide nicht an den Tod. Ich kann mich ja noch nicht mal Verabschieden. Also wieso sollte ich noch ein einziges Wort mit Ihnen Reden? Sagen Sie dem zuständigen Arzt oder dem Pfleger, wem auch immer, dass ich kein Frack bin! Ich will einfach nur hier raus!" knurrte ich den Psychologen an. Nach 5 Tagen, mit einem Seelenklempner anzukommen... wirklich recht früh.

Selten hatten sich die Tage DERMASSEN hingezogen wie diese Woche. Wohl noch nie hatte ich einer Entlassung - zumindest eine VERLEGUNG - hingefiebert wie es momentan der Fall war. Und ich litt sichtlich darunter. Ich war kein Mensch der Nein sagte, so etwas gab es in meinem Repertoire der Worte nicht, außer natürlich unterbewusst. Wenn jemand über mir stand, tat ich es anstandslos, wenn jemand Hilfe brauchte, opferte ich mich. Mein Wohl stand immer erst einmal hinten an. Und doch, dieses eine Zimmer, diese 007, ich wollte sie tunlichst meiden, tat nur das Nötigste. Und trotzdem: Jedes mal war es, wie in meine persönliche Vorhölle/Fegefeuer zu kommen, in die Höhle des Löwen zu gehen. Aber dieser Löwe biss (leider) nicht...Nein, dieses sonst so starke, kraftvolle, herrschende Tier was wusste was es wollte - es war ein Schatten seiner Selbst. Kaum noch etwas war übrig von dieser einstigen ´Schönheit´- die selbst durch das ganze Blut, den Umständen und alles hindurchgeschimmert hatte. Nichts mehr übrig von dem Glanz. Nein, er schwieg einfach wenn ich das Zimmer betrat und er schwieg wenn ich wieder ging. Kein Wort fiel, nur meine Schritten hallten, das Klappern des Klemmbrettes, das Kratzen der harten Kugelschreibermine auf dem linierten Blatt Papier - wahlweise auch kariert - aber ansonsten: nichts.
Und obwohl ich ihm nur noch seltensten Besuch meinerseits zukommen ließ, studierte ich seinen Genesungsverkauf genau. Er entwickelte sich. Langsam. Nicht unnormal langsam, das nicht, aber nicht mit der Schnelligkeit, die ein Mann im leistungsstärksten Alter, mit überdurchschnittlicher Sportlichkeit, eigentlich haben müsste. Es war ein Abfall zu sehen. Natürlich konnte das organische Ursachen haben oder seine Lage wurde ihm klar - oder dergleichen. In allem Falle machte ich mir Sorgen um ihm. Immer wenn ich in der Cafeteria saß, wo andere Patienten waren, immer wenn ich gerade aus seinem Zimmer gegangen war - eine Abends sogar während meines Einschlafprozesses... Nein, so konnte es nicht weitergehen. Aber was konnte ich machen, dass - "Aua!" Ein Schmerzenslaut entkam mir, als mein Partner mir die Akte aus der Hand schlug. Gemeinsam einigen wenigen anderen Kollegen hatte eine Besprechung zu tätigen, doch ich war mal wieder in meinen Gedanken gefangen gewesen. Das schwarze Klemmbrett fiel auf den Tisch und es war kurz still. "E-Entschuldigung...", murmelte ich kleinlaut und nahm das Klemmbrett vom Tisch, platzierte es auf meinem Schoß. Dummerweise. Seine Hand legte sich auf meine und drückte sie anschließend fest auf das überaus harte Holzbrett. Schmerzerfüllt zischte ich - ganz leise - biss die Zähne zusammen. "Die Besprechung ist wichtig. ALLE sollten zuhören." Seine Hand festigte sich nochmals und ich war stocksteif, versuchte den Schmerz abzumildern, als er endlich losließ und ich mit schwerem Schlucken nickte. "Ja..." hauchte ich, ließ das Klemmbrett auf meinen Oberschenkeln reglos liegen. Tiefe Schlieren, Abdrücke des Brettes, hatten sich in meine Haut gebohrt und brannten wie Feuer, doch ich hielt den Kopf gerade...und hörte zu....
Die Besprechung war sinnvoll gewesen, wir hatten mit Personalmangel zu kämpfen, nachdem sich langsam eine Erkältung breit machte und natürlich die typischen Urlaube, längerfristige Krankschreibungen, Weiterbildungen etc. und so weiter...Bis abends war ich wieder nur auf Achse gewesen...und das bei einem 24h Dienst. Ich hatte heute noch so einiges zu bewältigen...Aber erst einmal machte ich meine Pause...wie sollte es anders sein mit der Akte neben meinem Teller. Ich studierte sie regelrecht, wischte immer mal wieder die Krümel des Knäckebrotes weg. *Psychologischer Bericht? Heute war der Psychologe da?!* Ich überflog den Gericht und mir verging das Essen. Da stimmte etwas gewaltig nicht...oder irrte ich mich? Mein schlechtes Gewissen meldete sich in meinem Magen, bereitete mir reale, körperliche Schmerzen. Meine harschen Worte waren doch nicht etwa Grund ...? Mit einem überaus ungutem Gefühl machte ich mich auf zurück der Station. Ohne anklopfen schlich ich mich hinein. "Sie sollten wirklich schlafen..."murmelte ich und schloss die Tür hinter mir. Eine schreckliche Atmosphäre lag in der Luft und ich traute mich gar nicht einen Schritt näher zu kommen, lehnte mich stattdessen wortlos mit dem Rücken an die Tür. "So geht das nicht weiter...Sie können sich nicht so gehen lassen, nur weil ich..." Voller Nervosität spielte ich mit meinem silbernen, feingliedrigen Armband zwischen den Fingern, hatte wieder einmal den Kopf gesenkt, studierte stattdessen den Boden und musste kleine Tränen zurückhalten. Oh fühlte ich mich schuldig. Und doch konnte ich ihn nicht verstehen.

"Mir geht es gut. Ich brauch keinen Psychodoc oder sonstiges. Ich kenn meinen Körper und meine Seele, ansonsten wäre ich nicht so weit gekommen, wie ich es bin." sagte ich, schaute jedoch nur flüchtig zu der Gestalt, die im dunklen verborgen lag. Natürlich wusste ich, dass es Herr Ludkahamsson war. Seine Stimme, seine Art, seine Gestalt. Seit der Op war er mein Engel gewesen. Doch mit Gefühlen war ich nie so warm geworden. Gefühle waren störend, behinderten das Einfühlsvermögen. War ja zu sehen. Ich hab mal wieder völlig versagt. Ich fuhr mir durchs Haar und blickte wieder aus dem Fenster, wo ich die Dächer der Hochhäuser bestaunen konnte. Heute nieselte es. Wirklich kein schönes Wetter.
"Ist noch was? Ich bin mir sicher, die haben wichtigere Patienten. Liebevollere, die ihre Sorgen wertschätzen."
"Und keine Sorge. Ne Schwuchtel wie ich, wird Sie nicht mehr belästigen." quetschte ich kalt zwischen den Zähnen hervor. Das wars doch, oder? Das wollte er doch hören. Ich bin Schwul, zeigte Interesse, die ins leere verlief, nur weil ... ja warum? Weil er da war. Weil ich mich mit ihm verstand? Keine Ahnung. Vielleicht wollte ich auch nicht darüber nachdenken. Die Worte taten so schon weh.
Schwuchtel. Hat schon lange niemand mehr zu mir gesagt. Jetzt wird es nie wieder jemand tun. Ja, es tat weh und ab und zu dachte ich an meine Leute. Meine Einheit exsestierte nicht mehr. Oder wurde neu zusammen gestellt. Wahrscheinlich quoll mein Briefkasten über vor Briefen meines Arbeitgebers.
Ich drehte mich auf die Seite und versuchte zu schlafen. Doch mir war so gar nicht danach. War es soweit? Verfiel ich einer Depression? Wieso? Ich verstand es selber nicht, doch alles war besser, als von so nem Psychodoc analysiert zu werden.

Oh ja, er war aufgewühlt. Aufgewühlt und vor allem sauer. Aber konnte man es ihm wirklich verübeln? Wahrscheinlich nicht... Er hatte in den letzten Tagen so einiges durch gemacht und was er immer er von mir wollte, sich vielleicht in irgendeiner Art und Weise gewünscht, erhofft, was-weiß-ich hatte...ich hatte ihn unmenschlichst harsch angewiesen. Ich hatte ihn kaltherzig im Stich gelassen, er war mein Patient und ich wusste doch ganz genau, dass Seele ubd Geist nicht einfach so getrennt werden konnten, seine Akte zeigte selbst ganz deutlich auf, was ein gebrochener Geist mit einem machte, wie er den wichtigen Heilungsprozess behinderte, gar teilweise VERhinderte und somit zu einem gefährlichen Still stand oder Verschlimmerung kommen ließ... Ich selbst war schuld, dass es dem Mann da vor mir in der Dunkelheit so schlecht erging. Auch wenn ich mit dem eigentlichen Auslöser, dem Schusswechsel, gar nichts zu schaffen gehabt hatte.
Noch während ich mit dem Armband an meinem knochigen Handgelenk spielte, fing ich an zu reden, nachdem er seine ersten wagen Sätze geäußert hatte. "Ich bin bei weitem kein...Psychodoc, mit ziemlicher Gewissheit bräuchte ich wohl selber einen..." Wieder herrschte kurz Stille in dem steril weiß gestrichenen Zimmern mit den farblich dazu passenden weißen Möbeln, die den Anblick dieser Monotonie nur noch auf schreckliche Weise verstärkten. Und genauso kalt wie diese 'Farbe' sprachen auch wir miteinander. Wobei, sprachen wir wirklich miteinander? Konnte man es sprechen nennen? Oder war es nicht nur ein bloßes Herauspressen von Worten, die sich zufällig zu Sätzen oder Satzfetzen zusammenreihten. Im Ernst: was für eine Arr Kommunikation führten wir hier gerade? Man konnte es ja nicht einmal guten Gewissens als Streitgespräch oder Diskussion beschreiben. Nein, das war es ganz ganz sicher nicht, nicht einmal im geringsten Ansatz...
Als ich weiterredete, war mein Kopf erst einmal immer noch gesenkt. Noch immer nicht traute ich mich dem in der Dunkelheit liegendem Wesen mein Gesicht zu offenbaren, als würde es dann die Gelegenheit bekommen, seine Klauen in mich zu haken und dementsprechend zu zerreißen. "Es liegt gar nicht in meiner Autorität mir auszusuchen wen-" Die Klauen trafen mich. Aber nicht in ihrer physischen, realen Form, nein, die noch viel schlimmere, unsichtbare Form der Psyche bohrte sich durch meinen zierlichen Körper und durchdrang alles imWeg stehende 'Material' schmerzhaft und erbarmungslos. Ja, Worte trafen so manches mal mehr ins Herz als eine Spitze Klinge vom besten Schmied der Welt. Und dennoch, genau das rüttelte mich wach und ließ mich aus der versteinerten in die menschliche zurück gelangen. Zaghaft, aber bestimmt setzten sich meine Füße hintereinander auf sen blauen Linoleumboden, hallten an der Raufasertapete wieder und trafen mein erneutes Ohr. Es hatte etwas schauderhaftes an sich, selbst für mich, der ich der Verursacher war.
*Also doch...* Meine Vermutung und der überdeutliche, von mir verdrängte Wink mit dem Zaunpfahl bestätigte sich endgültig und war nicht mehr von der Hand zu weisen. "Schwuchtel...haben sie dich so genannt?" Meine Stimme war ruhig, aber leicht brüchig. Mittlerweile war ich angekommen, angekommen an seinem Bett. Ohne Nachfrage platzierte ich mich wieder auf dessen Rand, dieses mal jedoch zu seiner rechten, sodass er den Rücken zu mir gedreht hatte. "In meiner Familie ist es üblich, die Kinder kurz nach der Geburt zu taufen...Das geschah bei mir am 12. Dezember , Konformation hatte ich im Sommer, im Juni...Aus der Schule, aber natürlich auch aus der Kirche und Nachbarschaft kannte ich Gleichaltrige. Es waren nur Mädchen, ich hatte irgendwie immer lieber mit ihnen die Zeit verbracht. Sie spielten Spiele die ich mochte, taten sich nicht gegenseitig, waren so sanft zueinander und kreativ und alles. Kurzzeitig wollte ich sogar mal ein Mädchen sein." Bei den schönen Kindheitserinnerungen lächelte ich in mich hinein. "Meinen Eltern missfiel dieses 'unnatürliche' Verhalten nicht, sie taten alles, damit ich mehr Zeit mit Jungs verbrachte und... Nun ja, männlich wurde. später enttäuschte ich sie wieder. Aber anderweitig." Es wurde von Wort zu Wort schwerer für mich. Andere sagten vielleicht, dass ich überreagierte und es dramatisierte, doch ich war so unglaublich sensibel...
"Sünder... Antichrist... Gotteswidrig...So haben sie mich genannt...Meine Eltern sind streng religiös und dementsprechend behandelten sie mich nach meinem..." Ich schluckte und rieb mir mit der freien Hand über die kühle Armbeuge. "Outing..." Stille. Mit Tränen in den Augen grub ich meine Finger in die dunkelblaue Hose, sah zu dieser hinunter und mein silbernes Armbabd glitze zu mir hinauf. Stumm nahm ich einen Stift aus meiner Brusttasche und missbrauchte die Hand Erics. "Frey" schrieb ich - in der Dunkelheit fast blind - auf die Handinnenfläche von ihm. Woher ich die Motivation dazu nahm oder die Idee? Ich wusste es nicht...

Fuck! Wieso tat er das. Wieso ging er nicht einfach? So wie er gegangen ist, als ich mich entschuldigt hatte, um zu hoffen, dass alles wieder so wird, wie vorher, denn ich wusste, dass ich eine Grenze überschritten hatte. Doch damit hatte ich, wie immer, alles ruiniert und nun? Wir leben aneinander vorbei, sprachen kein Wort. Taten so, als kannten wir uns nicht. Und jetzt? Ich war da nicht ganz darauf vorbeireitet. Dennoch lauschte ich. Lauschte der erdrückenden Stille, den piepsenden Geräten und dann seiner Stimme. Sie erhält einfach alles. Mein Leben, mein Blick und meine Stimmung. Ich musste stark schlucken, als er sich auf meine Bettkante setzte, von seiner Familie erzählte und dann von dem schrecklichen Erlebnis seines Outings.
Ich erschauderte, als er etwas auf meine Hand schrieb. Es war nicht viel. Ich zog meine Hand widerwillig zurück und las den Namen im Schein des Mondes. Frey stand auf meiner Innenseite. Erneut schluckte ich angestrengt. Ich drehte mich langsam herum und sah zu ihm hoch. Frey, mein Engel.
"Das tut mir Leid. Es ist noch schwerer, wenn die Familie streng religiös ist. Mein Leben war schon immer bestimmt gewesen. Mein Vater war war ebenfalls bei der Polizei. Nicht in einer Spezialeinheit, sondern im Außendienst. Beschützer der Bürger und sorgte dafür, dass Diebe, Kleine - Straftaten und Sachbeschädigung sofort aufgeklärt werden sollten. Irgendwann beschloss er, dass dieser ehrenwerte Beruf in der Familie bleiben sollte. In der Highschool war ich sehr gut in Sport und wäre lieber Sportlehrer oder so geworden. Ich mochte die Schule. Ich hab mich nämlich dort nicht geoutet. Ich wusste, dass es schlimm werden würde. Als ich dann den Beruf erwählte, den mein Vater für mich ausgesucht hatte und seine Kontakte spielen gelassen hatte, tat ich ihm den gefallen. In der Ausbildung jedoch, wurde ich dabei erwischt, wie ich in meiner Freizeit in einen Gay Club hinaus spazierte. Keiner Fragte, als es ans Licht kam, was sie dort getan haben, sondern nur ich war das Opfer. Sie haben mich rum geschubst, die Ausbildung schwerer gemacht und Schwuchtel, war da noch das harmloseste Wort. Wenige von meiner Gruppe, haben mich akzeptiert, andere toleriert, aber der Rest... sie haben mich als Abschaum gesehen. Das witzige ist, jetzt wo meine gesamte Einheit gestorben ist, vermiss ich es, wenn sie mich mal so genannt hatten. Es wurde zur Alltäglichkeit, meine Kosewörter. Und jetzt, wo ich sie nie wieder hören werde, vermiss ich sie alle, wie Hölle." gestand ich fuhr mir mit der Hand, in der sein Name stand, übers Gesicht und durch mein Haar. Tränen hingen in meinen Augenwinkeln, wollte jedoch noch nicht über meine Wange gleiten.
"Meine Eltern haben natürlich davon Wind bekommen und sich dafür entschieden, dass ein Schwuler Polizist nicht das ist, was Sie in ihrer Gesellschaft haben wollen. Wahrscheinlich ist deswegen, niemand hier erschienen. Es ist nicht leicht, als Schwuler Mann in der Gesellschaft zu existieren. Auch wenn die allgemeine Toleranz gestiegen ist." erzählte ich meine Geschichte. Sie war vielleicht nicht spannend genug, aber sehr Schlimm und es zeigte, dass man nirgendwo Sicher war, vor Feindlichen Übergriffen, nur weil man Schwul war.
"Ich hab mich aber nicht aufhalten lassen, baute mir den Respekt auf, den ich nun habe und wurde Leiter meiner Einheit. Auch wenn mir das wohl nun den Job gekostet hat. Wahrscheinlich wird bald in allen Zeitungen stehen, dass ein schwuler SpezialForce Polizist, schuld an dem Tot seiner gesamten Einheit war. Vielleicht war der Terror auch Schuld, doch wenn man es auf jemanden schieben kann, macht man lieber das Leben eines einzelnen Kaputt." Ich schluckte stark und sah zu ihm auf. Er hörte mir zu, ohne einmal selbst zu Wort zu kommen. Er lauschte einfach und ließ meine Gesichte erzählen. Ich nahm seinen Stift aus der Hand und schrieb ihm meinen Lieblingsnamen auf seine Handinnenfläche.
Måns
"Eric ist zwar mein Rufname, da mein Vater ihn sehr mochte, doch mein Zweitname ist der, den ich liebe." erklärte ich und merkte, wie es wieder Still im Raum wurde. Sie war jedoch nicht bedrückend, sie war befreiend.

Dass er die Bedeutung meiner Nachricht verstanden hatte konnte ich nicht überprüfen, doch sah ich sehr wohl die Bewegung aus meine Augenwinkeln, hörte aber auch das Knistern der Bettdecke, während er sich bewegte, um sich zu mir zu drehen. Aber nun gut, wirklich kryptisch war sie ja nun wirklich nicht gewesen. Als skandinavischen, männlichen Namen kannte er ihn sicherlich und welchen Sinn hättest es schon, wenn ich einen x-beliebigen Namen aufschreiben würde einer Person, die er sowieso nicht kannte - naja, es war sinnlos, natürlich verstand er es, er war schließlich sicherlich nicht dumm. Dem Mondschein - Vollmond - welcher in seiner Pracht strahlte - geschuldet waren die Buchstaben für ihn überhaupt erkennbar..."Hm, nun ja...schwerer würde ich es jetzt wirklich nicht nennen, nur halt...ich weiß nicht...anders...ganz anders vielleicht...also manchmal." Sichtlich unwohl rieb ich seufzend meine Hände aneinander. "Einen festen Berufszweig hatte unsere Familie nie." Ein schiefes Lächeln bildete sich auf meinem Gesicht. "Also stand mir meine Berufswahl ziemlich frei! Die Schule war überhaupt kein Problem. Wahrscheinlich war ich schon damals......auf Männer fixiert gewesen, aber lange hatte ich mich so überhaupt nicht für irgendetwas in Richtung Beziehung, Liebe, und noch mehr interessiert. Und natürlich immer diese drängende Frage. Diese Frage nach Gott..." Ich hatte gewartet, bis er mit seiner Geschichte komplett fertig gewesen war, strich mir nun eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht, welche verrutscht war und mein Sehfeld verkleinert hatte. "Ich bin gerne ein Christ, wirklich. Ich bin...stolz getauft worden zu sein und mich dafür entschieden zu haben gläubig zu sein, Ich bin froh, dass es da oben jemanden gibt, der über uns alle wacht und aufpasst. Dennoch..." Kurzzeitig hatte ich aus dem Fenster in die schwarze Nacht geschaut, als könnte ich meinen Gott - oder Hinweise auf ihn, seine Existenz, seine Anwesenheit finden.
"...jeder Mensch hat so eine ganz andere Auffassung von Gott und der Bibel...und hast´e nicht gesehen. Wem glaubt man nun? Niemanden ist Gott wirklich begegnet! Bin ich nun wirklich ein Sünder...weil ich Männer liebe?! Oder stört das Gott nicht. Man sagt doch, er liebe alle Menschen...aber auch, dass er alle gleich behandle. Warum lässt er also solch schreckliche Dinge passieren. Dinge, wie..." Ich ließ den Satz unbeantwortet. Eric und ich, wir waren in Berufen in denen man ständig mit dem Tod zu tun hatte, bei uns lauerte er in jeder Ritze, in alle seiner Grausamkeit. Vor allem seiner Grausamkeit...Der beste Beweis war der "Vorfall" vor wenigen Tagen...Auf dieses Thema folgte bei mir erst einmal eine ganze Weile Gesprächspause, ehe ich wechselte. Eric schien nicht christlich zu sein, er verstand den inneren Kampf wohl kaum, den ich täglich führte, stempelte ihn vielleicht sogar noch als lächerlich.
"Ich glaube, dass das normal ist.", beruhigte ich ihn und erinnerte mich an einige Fälle, die ich mehr oder weniger persönlich miterlebt hatte. "Expartner fangen wieder an zu trauern und das alte Ehepaar, was sich nur noch die Pest an den Hals gewünscht hat, bereut auf einmal alles...Das ist völlig normal, wir sind an Dinge gewöhnt und wenn diese nicht mehr da sind -waren sie auch noch so grausam - so fehlt erst einmal etwas in unserem Herzen und Lücken werden immer negativ bewertet." Es war komisch, wie wir hier beide dasaßen. Zwei erwachsene Männern, sich noch immer ziemlich fremd und doch erzählten sie aus ihrer Kindheit und Jugend, ihren Werdegang. Hatten dabei Tränen in den Augen - beide blau. Ganz klassisch der Skandinavier halt. "Frauen akzeptierten so etwas um Längen besser, deshalb fällt es hier nicht auf." Leicht lächelte. Die vielen Schwestern waren lieb, zu den meisten hatte ich ein gutes oder zu allermindest ein respektvolles Verhältnis. Frauen waren in der Hinsicht einfach sowieso offener Vielleicht auf, weil es sie nicht "aktiv" betraf, der "Betroffene" nicht vom selben Geschlecht wie sie war und somit die "Normalität" dieser Person nicht weiter in Frage in Frage gestellt wurde. Schließlich ging keine Gefahr von ihm aus.
Er war der Leiter gewesen?! Etwas entsetzt sah ich zu ihm. Leiter einer Spezialeinheit...wow. Dieser Mann hatte es wirklich schon zu etwas gebracht in seinem Leben. Mit so jungen Jahren und dazu noch mit dem "Handicap" schwul zu sein. Ich war wirklich zutiefst beeindruckt, dagegen wirkte ich in meiner Krankenschwesterrobe geradezu unnütz und wie ein Würmchen. "Und das tut mir jetzt leid...", murmelte ich, sah von meiner sitzenden Position auf ihn hinunter. Ich selbst hatte die Anwesenheit des Stiftes zwischen meine Finger schon längst wieder vergessen, als der Mann zu meiner Seite ihn mir entwendete. Ein verdutztes Gesicht machend beobachtete ich ihn bei seinem kleinen Kunstwerk, schaute dann verwirrt drein, als ich den Namen sah. Die Parallelen verstand ich aber natürlich sofort. *Achso, sein Zweitname!* Wir hatten wirklich mehr zusammen, als man auf den ersten Blick vielleicht vermuten ließ. "Ahhh, Måns! Måns? - wie der Künstler?!" Leise lachte ich. ((((Nehmen wir einfach mal an, dass der reale Sänger nicht genauso heißt, sondern einfach sehr ähnlich! ;P))))

"Ja, genau so. Meine Mutter hat sich durchgesetzte. Sie wollte, dass nicht nur ein Traditioneller Name, sondern auch ein moderner, in meinem Namen existiert. Ich bin ihr dafür mehr als Dankbar. Ich mag Eric, aber dieser Name ist so oft in Schweden und auf der ganzen Welt zu finden. Ich bin glücklich und zufrieden mit meinem Namen." gestand ich. Ich gähnte und hielt mir die Hand vor dem Mund. Ich wurde Müde, da ich in letzter 5 Tagen nicht so viel geredet habe, wie jetzt.
"Meine Mutter ist selbst sehr religiös. Mein Vater ist aber Rationalist und so wurde ich mit der Rationalität aber auch mit Religiöser Hand, erzogen. Ich versteh deinen Zwiespalt. Aber in der Bibel steht nicht, das Gott etwas gegen Schwule hat. Er liebt die Menschen in all ihren Facetten und nirgendwo steht geschrieben, dass Schwule nicht akzeptiert werden oder als Sünder angesehen werden. Zudem steht in den Geboten geschrieben, dass man seine Familie Ehren soll. Ich finde es traurig, wenn Eltern ihre Söhne und Töchter verleugnen. Sie verstoßen gegen Gebote. Ist das nicht die eigentliche Sünde?" fragte ich Frey und lächelte ihn an. Das erste Mal, seit gefühlt einem Monat. Gott, wie konnte ich ohne ihn überleben?
Irgendwie fühlte ich mich mit ihm vollkommen. Erst jetzt bemerkte ich wirklich, wie geschafft mein Körper ist und mich all der Schock und meine trüben Gedanken einholten.
"Frey... Es tut mir immer noch Leid, dass ich dich auf deine Privatsphäre angesprochen habe. Wahrscheinlich wollte ich einfach nur wissen, ob ich Chancen hab." gestand ich ihm und schmunzelte ihn mit einem schiefen Lächeln, an. Ich ergriff seine Hand, wie so oft zuvor und spielte mit seinen schlanken Händen. Ich streichelte jeden Finger nach, jeden Knochen, seinen Handrücken und sogar seine Lebenslinen, die auf seiner Innenseite, verliefen.
"Seit der OP... hab ich gedacht, ich wäre tot. Bis ich eine Stimme vernahm, die so sanft und beruhigend war, wie die eines Engels. Als ich dann kurz einen Blick auf die Stimme erhaschen konnte, sah ich dich und ... verbinde dich mit einem Engel. Deswegen finde ich deinen Namen verdammt göttlich und passend." gestand ich und hatte gefallen dran gefunden, mit seiner Hand zu spielen. Wie sie sich wohl auf meiner Haut anfühlen würden?
Es ließ mich erschaudern und zum ersten Mal seit langem, hatte ich Bilder in meinem Kopf, die ich seit Jahren verbannt hatte. Bilder davon, einen Mann wirklich, aufrichtig zu lieben, zu geben, was man zu geben gewollt war. Ich atmete tief durch und versuchte mich wieder zu beruhigen.
Es war anstrengend und ich wurde wirklich verdammt müde. War er nicht auch müde? Ich wusste nicht, wie genau seine Schichten waren, doch er sah ebenfalls sehr verspannt aus.
"Frey... könntest du über Nacht bleiben?"

"Also ich mag die Idee!" Lächelnd zog ich die Schultern an. "Wobei...er ist ja in unserem Alter...ups...da hat wohl jemand nicht ganz nachgedacht..." Peinlich berührt errötete ich und strich eine blonde Haarsträhne nervös hinter das Ohr. "Ich meine, ich mag meinen Namen ja auch wirklich, aber ´Gott des Wetters´ Hm...es gibt schönere Bedeutungen. Zumal ich nicht wirklich überhaupt nichts mit einer Gottheit zusammen habe. Ein unwichtiger kleiner Mann, nicht besonders hübsch, ohne besondere Talente...für niemanden wichtig. Und das Wetter kann ich ja auch nicht beeinflussen. Zu meiner Geburt hat es ununterbrochen geschneit...SO zumindest haben Vater und Mutter es mir erzählt." Ich seufzte. "Naja, wenigstens klingt er ganz schön und es war ja ein guter Gedanke dahinter..." Nickend stimmte ich ihm zu. "Eric ist nun wirklich keine Seltenheit, man weiß auch nicht, ob man es nun mit c oder mit k schreibt...Und Måns ist so schön skandinavisch! Ich könnte mir gut vorstellen meinem Kind später auch einen nordischen Namen zu geben. Ich weiß nicht, irgendwie finde ich es schon schön, einen Namen zu geben, der ein bisschen von der Herkunft hat. Ich...mag unsere Kultur eigentlich. Mit ihren Wikingern und nicht weit entfernt die Saami. Und so. Ich liebe auch Rentiere und diese süßen nordischen Pullover und unsere Royals natürlich und das Luciafest und - Ups Ich übertreibe oder?!" Meine Röte stieg ein wenig an und mein Lächeln wurde noch zögerlicher. "Tut mir leid, Sie finden mich bestimmt total altmodisch mit meinen ganzem...traditionellem Zeug...und so."
Seine Worte über das Christentum gefielen mir wirklich sehr und gaben mir außerdem Halt. Es war schön, jemanden zu haben, der mich zumindest einigermaßen verstand. Im Gegensatz zu früher, waren nicht mehr so viele Menschen religiös und ich war mehr oder weniger eine Minderheit. Mehr oder weniger..."Vielleicht hast du ja recht...", erwiderte ich, entspannte mich etwas. Beim Themawechsel, machte ich dann kurz große Augen. *Ch-Ch-Chancen?! Aber-* Er wusste doch, dass ich einen festen Partner hatte, nein, Moment, ich hatte es ihm nie erzählt. Oh nein, hätte ich es bloß getan. "Hmmm Måns ..." ich fand nicht wirklich den Mut, weiterzureden, sah ihn nur an während er sprach. "Uh? Ich?...Ein Engel? Und schöne Stimme? Oh Nein, Nein, Nein, Nein." Schüchtern winkte ich ab, schüttelte den Kopf. "Oh und eine schöne Stimme? Nein, auch nichts besonderes." Komplimente, das war etwas, was ich nicht oft bekommen hatte, beziehungsweise bekam. "Trotzdem Danke ich Ihnen natürlich vielmals."
"Über Nacht bleiben? Oh...Ich bleibe sowieso über Nacht...24h-Dienste sind sicherlich keine schöne Sache...Von daher...Ich kann nachher nochmals vorbeikommen, obwohl Sie dann wahrscheinlich schon schlafen." Lächelnd streichelte ich auch seine Hand kurz. "Also brauchen Sie keine Angst zu haben, ich bin nicht weit weg. Aber hier bleiben kann ich nun einmal leider auch nicht..."

"Wirklich nicht? Hast du so viel nachts zutun? Kannst du nicht hier bleiben oder wenigstens so lange, bis ich einfeschlafen bin. Und wenn du wieder kommst, dann kannst du mich rihig wecken." bat ich Herr Ladkahamsson drum. Ich kuschelte mich auf die andere Seite, wo ich Blick auf den Pfleger hatte, hielt weiter seine Hand und schmunzelte zu ihm hoch.
Ich streichelte weiter seine Hand und irgendwie beruhigte es meine Seele und mein Körper entspannte sich, so sehr, dass ich einschlief.
Ich spürte noch, wie er mir eine Gute Nacht wünschte und dann mein Zimmer verließ.
Als ich das nächste Mal wieder wach wurde, Dämmerte es bereits und ich erblickte im Halbschatten eine Gestalt.
"Frey?" fragte ich in den Raum und richtete mich schwerfällig auf. Dabei rieb ich mir mit einer Hand über die Augen.
"Schon Morgen. Das ging echt schnell." brummte ich verschlafen. Jedoch bemerkte ich plötzlich, dass die Gestalt nicht Frey sein konnte. Mein Körper geriet in Alarmbereitschaft und konzentrierte sich auf die fremde Person.
"Wer sind Sie?" fragte ich gefasst und war für jede Überrascgung gewapnet. Auch wenn ich schwächlich aus sah, wusste mein Körper immer noch, wie er kämpfen konnte. Die Gestalt kam auf mich zu und zückte etwas aus seiner Tasche. Durch die Reflektion der Sonne, konnte ich erkennen, dass es ein Messer war. Sofort sprang ich aus dem Bett und gab dem Typen einen kräftigen Tritt in die Magengrube. Danach setzte ich nach und knockte ihn mit einem gezielten Tritt gegen seinen Kopf, aus.
Der Sturz verursachte Lärm und als Frey ins Zimmer kam, erschreckte er zutiefst, als er die Person auf dem Boden sah und mich davor.
Mein Fuß tat ein wenig weh, doch ich war sicher und andere wahrscheinlich auch. Als das Licht an ging hatte ich wieder klare Sicht in meinem Zimmer und was sich vorhin wohl zugetragen hatte. Gegenüber von meinem Bett lag ein Handy sowie Kopfhörer, die am Smartphone angeschlossen waren, ein Klemmbrett, wo meine Akte befestigt war und als ich auf die Person sah, erkannte ich einen Arztkittel, ungewöhnlich rosa Haar und ein hübsches, schlafendes Gesicht.
"Aber... er hatte ein Messer!" sagte ich zu meiner Verteidigung. Als ich inbseiner Hand einen silbernen Kulli sah, erschlaffte mein Körper und ich sackte gegen das Bett, zusammen.
"Aber... ich hab ihn angesprochen. Er hat nichts gesagt." versuchte ich mich weiter zu Erklären.
"Frey... ich wollte das nicht." sagte ich und schaute zu ihm hoch.
Mein Engel kniete sich zu aller Erst zu den verwundeten Arzt. Er behandelte ihn recht liebevoll und untersuchte ihn auf Wunden.
"Ich hab ihn getreten. Einmal in den Magen und dann am Kopf. Ich dachte es wäre irgendein Terrorist oder so. Bitte glaub mir." flehte ich Frey an. Als Schwestern mit einer Liege ins Zimmer kamen, ging alles ganz schnell und der fremden Arzt war weg und ich lag immer noch am Boden.

Widerwillig seufzend stimmte ich ihm nickend zu, dass ich zumindest so lange bleiben würde bis er eingeschlafen war. Solche Geschichten kannte ich normalerweise nur von Kollegen der Kinderstation. Ich selbst war ja dort nicht tätig. Es würde mir viel zu sehr das Herz bluten ständig mit diesen armen verletzten, kranken - teilweise ja schwer - Wesen meinen Tag zu verbringen...Glücklicherweise war er dann aber auch schnell im Reich der Träume und ich erhob mich vorsichtig wieder von der Matratze. Ich wollte nicht riskieren, dass er wieder aufwachte, aber er war natürlich einfach erschöpft. Doch kaum war ich aufgestanden, spürte ich, dass es ein großer Fehler gewesen war sich so gemütlich in die Dunkelheit zu fläzten und zu quatschen. Meine Beine fühlten sich wacklig an, meine Augenlider schwer. "Mist verdammter...!", murmelte ich leise. Wie sollte ich denn bis morgen früh nur durchhalten?! Leise ins Bad schlurfend wurde ich von dem grellen Licht begrüßt und spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht Dabei fiel mir abermals auf, dass ich ja seinen Namen jetzt auf der Hand und er meinen. Wie kitschig...Aber es brachte mir ein breites Lächeln ins Gesicht und ich entschied es nicht abwaschen. Er war so ein lieber, herzensguter Mensch und konnte so toll reden!
Den nächsten Morgen begann ich müde. In einer Stunde würde meine Schicht zu Ende sein, ich hatte immerhin 4-5 Stunden Schlaf bekommen, definitiv besser als gar nichts! Die Sonne war dabei aufzugehen, als der Pieper los ging. Sofort war ich wieder hellwach, jetzt war Konzentration gefragt. Jemand hatte den Zimmernotruf abgesetzt...bei Eric! *Wäre ich doch nur nochmal gucken gegangen!* Das schlimmste ahnend spurtete ich los, weit war es nicht. Auf dem Weg begegnete ich einer weiteren Schwester, die ebenfalls auf dem Weg ins Zimmer war. "Ich kümmere mich darum!", rief ich ihr im Laufen vorbei und sie fiel zurück. "Bei Verstärkung rufe ich!" Ich hätte viel erwartet. Von harmloses Schwindel/Übelkeit bis hin zu einer offenen OP-Wunde oder derartiges Zeug. Aber darauf war ich nicht gefasst.
Einen panischen Schrei absetzend stürzte ich zu Boden. Das dürfe schon genug sein um zwei, drei Menschen erreicht zu haben. Mein Liebster lag blutend auf dem Boden, die Augen geschlossen. Der Übeltäter direkt gegenüber. Ich schüttelte den Arzt hysterisch. "Wach auf!" War er tot?! "WAS HAST DU GEMACHT?!", schrie ich, sah aber nur kurz zu dem eigentlichen Patient auf, ehe ich mich wieder meinem Partner widmete. Meine letzten Gehirnzellen kratzten sich zusammen. *PULS!* Ich bildete mir ein, einen zu spüren. Oder waren das nur meine zitternden Finger? Ich wusste ja nicht genau was passiert war, ich wusste nur, dass der Schwede durch seinen Beruf eine mehr als ausführliche Ausbildung zur Selbstverteidigung und darüber hinaus genossen hatte. Und ich wusste, wie schlimm Kopfverletzungen ausgehen konnte. Wenn sie nicht den Tod herbeiführten, so konnte ein Sauerstoffmangel die Organe nachhaltig schädigen, das Gehirn selbst nahm bleibenden Schaden...er könnte ein Komapatient werden. Kopfverletzungen...sie waren das schlimmste.
Meine Hände hielten seinen Kopf auf meinem Schoß, als mein Blick auf meine Hand fiel. ´Mans´ stand da immer noch...Es löste eine Kurzschlussreaktion bei mir aus. "Du-Du kranker Psychopath!", schluchzte ich, ehe ich verzweifelt nach Hilfe rief und dem Sicherheitsdienst. Es tat oftmals noch mehr weh, wenn man der Person, zumindest in gewisser Weise, vertraut hat, ein ganz anderes Bild erwartet hätte. Dass dieser freundlich wirkende junge Mann zu so etwas in der Lage war...Vielleicht lag es ja am Medikamenteneinfluss oder er hatte verständlicherweise ein Trauma. Und überhaupt: Welcher normale Mensch hat schon so einen Beruf in den er täglich Leute kaltblütig abknallte - um es mal ganz salopp zu sagen. "Mattis, komm schon, komm zu dir!" Weinend klopfte ich ihm auf die Wangen, den Rest der Welt um mich herum vergessen. "Mach die Augen auf!"

Ich schaute dem unglaubigen Schauspiel zu. Frey war auf die Seite des Mannes, der anscheinend sein Geliebter war und ich hatte nun entgültig jegliche Glaubwürdigkeit, bei ihm, verloren. Mir war nach schreien zu Mute, doch ich hielt mich zurück, richtete mich langsam auf und setzte mich auf die Bettkante. Nach einer halben Stunde kam ein anderer Arzt in mein Zimmer. Ihr Name war Dr. Merysson. Natürlich befragte sie mich nach dem Vorfall und ich erzählte ihr alles ganz genau. Das ich erst in der Annahme war, das es ein Pfleger war, dann aber ein komisches Gefühl hatte und nach dem Namen der Person gefragt hatte. Als daraufhin keine Antwort kam, war ich in Alarmbereitschaft und aus dem Bett gesprungen. Als dann etwas aufblitzte, dachte ich an ein Messer oder Skapel und ich trat dann einfach zu.
Die Ärztin lauschte meiner Geschichte sehr aufmerksam und nickte.
"Sie müssen sich keiner Schuld bewusst sein. Mein Kollege trägt den Großteil der Schuld. Er hätte sich bemerkbar machen müssen und seine schlechte Angewohnheit, bei der Arbeit Musik zu hören. Ich bin mir sicher, dass es keineKonsequenzen haben wird." sagte sie verständnissvoll, doch leider irrte sie sich. Frey hasst mich und will wohl nie wieder was mit mir zu tun haben. Und Chancen hab ich auch keine. Man sah deutlich, dass er diesen Arzt liebt. Kein Wunder. Er heilt Menschen und ich bring sie um. Ich hatte nie eine Chance.
"Kann ich entlassen werden?" fragte ich sie.
"Was? Aber nein. Eine Woche müssen wir Sie auf jedenfall noch hier behalten. Ich versteh, wenn es Ihnen hier nun nicht mehr gefällt. Ich werde mich einfach persönlich um sich kümmern.
"Ich möchte aber nicht mehr hier bleiben. Ich möchte mich selbst entlassen. Geben sie mir einfach das Formular und ich bin gier weg."
"Aber Herr Zelmerlöw, dass kann ich nicht tun. Ihre Wunden könnten aufreizen, sich entzünden oder schlimmeres. Bitte sein Sie vernünftig." bat sie mich drum, doch ich ertrug es einfach nicht mehr.
"Nein! Geben Sie mir die Papiere!" schnauzte ich Sie an und fuhr mir dann durchs Gesicht.
"Entschuldigung." nuschelte ich.
"Wie wäre es, wenn Sie sich mal etwas frisch machen und wir besprechen alles weitere beim Frühstück. Ich lad Sie ein." sagte sie unbeeindruckt und verschwand dann durch die Tür und schloss diese hinter sich. Ich sah ihr sprachlos hinterher.
Ich tat dennoch was sie wollte, wusch mich und saß danach wieder auf dem Bett und wartete. 5 Minuten später kam sie mit Kleidung, Pflegeprodukten und einer kleinen Tasche, zurück.
"Das kam vorhin für Sie an. Ein Polizeibeamter hat die Tasche für Sie vorbei gebracht und hier sind Sachen von mir. Ich weiß ja nicht was sich darin befindet." klärte sie mich auf und stellte alles neben mir ab. Ich öffnete die Tasche und zog Kleider hervor. Die grüne OP-Kleidung verschwand in den Schrank und sie verabschiedete sich wieder, sagte mir jedoch, dass sie auf mich warten würde.
Ich zog mir normale Kleider an, putzte meine Zähne, bürstete mein Haar und kam dann mit der Halterung, für die Beutel, die mit dem Katheter verbunden waren, heraus.
"Wunderbar. Kommen Sie." sagte sie freundlich und nahm mich am Arm und zog mich mir durch die Station, bis zum Aufzug. Von Frey keine Spur.
Im Aufzug fuhren wir hinunter zur Kantine, wo die Gerüche meinen Damm sprangte. Mein Magen knurrte und ich spürte, wie der Speichelfluss angeregt wurde.
"Da hat einer aber Hunger." kicherte Sie und setzte mich an einen Tisch und orderte Frühstück. Ich fühlte mich so sehr bemuttert, wie schon lange nicht mehr.

Ich blieb von nun an die ganze Zeit bei meinem Partner, hatte schon innerlich zu beten angefangen. Ich war kein Mensch, der täglich betete und der auch brav ununterbrochen jeden Sonntag in die Kirche ging, aber ab und an, je nach Bedarf, kam beides auch bei mir mal vor. Es dauerte nicht lange und er war bestens umsorgt. Natürlich, er war schließlich Oberarzt. In einem Privatzimmer platziert bewachte ich ihn, traute mich gar nicht auch nur die Tür aufzulassen, aus Angst man könnte ihm nochmal etwas antun. Bei der Untersuchung, er war bereits wieder wach, wenn auch nicht ganz klar im Kopf, stellte sich heraus, dass zumindest nichts wirklich gravierendes passiert war, jedoch wurden ihm ein paar freie Tage empfohlen. Ob er aber wirklich zuhause blieb, das war die andere Sache. Ich für meinen Teil war einfach nur froh, dass nichts schlimmeres passiert war und er wohl keine bleibenden Schäden davontragen würde. *Herr hab Dank!...*
Das Verlangen sofort ins Bett zu gehen kam in mir hoch. Am besten natürlich direkt neben Mattis. Wohlig geschützt und in Liebe gebettet. Leider ließ uns unsere Berufswahl viel zu wenig Zeit für Zweisamkeit und diese musste dann noch viel zu häufig auf irgendeine unromantische Weise erfolgen. Im Krankenhaus, im Augen, eben irgendwo zwischen Tür und Angel. Eigentlich müsste ich ja mittlerweile daran gewohnt sein, der Arzt war Liebe auf den ersten Blick gewesen und das war, als ich gerade erst die Schule abgeschlossen hatte, in dieser Klinik an Praktikum anfing. Während alle Mädchen immer einen coolen Jungen haben wollten, der sie auf Händen trug und nicht ungemein viel älter war, war ich von dem Arzt geradezu besessen gewesen. Wie er sich durchsetzte und in allem so erwachsen und überaus männlich. Er tat was er wollte, sie gehorchtem ihm. Er war...irgendwo versteckt...doch ein bisschen wie mein Vater. Vor ihm hatte ich auch immer gekuscht, wo er doch das Familienoberhaupt war. Ungefähr genauso, dominierte mich Mattis. Und das bekam ich nicht einmal immer mit.
Mit ihm lebte ich in meiner kleinen Traumwelt, niemand würde ihn je ersetzten können und ich könnte mich glücklich schätzen, dass er jemanden wie mich überhaupt beachtete. Ihm ordnete ich mich zu 100 Prozent unter, meistens ohne überhaupt Widerworte zu geben. Und wenn ich es tat, nur leise und verhalten. Doch diese wurden sowieso nicht ernst genommen, ignoriert, verdrängt und belächelt. Ich war sein Eigentum, ich hatte nicht den Mund aufzumachen um meine Worte gegen ihn zu verwenden. Ich hatte zu gehorchen und zu funktionieren. Und das tat ich auch meist anstandslos.
Gähnen richtete ich mich auf. "Ich werde mir mal Frühstück holen, möchtest du auch etwas?" , fragte ich Mattis, der neben mir noch im Bett lag und stand von meinem Stuhl auf. Etwas schummerig fühlend ging ich zum Fahrschul, dieser war aber gerade ganz woanders und ich beschloss die Treppen zu laufen. *Jeder Schritt hält fit!* Motivierte ich mich selbst und tänzelte mit meinen weißen Turnschuhen schon bald über den grauen Steinstufen hinunter ins Erdgeschoss, zur Cafeteria. War man eine Weile hier, so duzte man sich und begrüßte sich quasi mit Handschlag. Die Kantinenmitarbeiter kannten natürlich nicht jeden mit Namen, aber jeder hier im Haus kannte ihren. Für mich war es nicht nachvollziehbar, wie man Kantinenessen über einen Kamm scheren konnte. Sicherlich musste man bei uns vielleicht etwas tiefer in die Tasche, als bei so manch anderen Einrichtungen, aber immerhin schmeckte unser Essen dafür auch!
Gerade hatte ich mich verabschiedet und mein Tablett mit lecker belegten Brötchen genommen, erstarrte ich zu einer Salzsäule. Live und in Farbe mein aktueller Fein Nummer 1 und frühstückte, als könnte er keiner Fliege etwas zu leide tun. In mir kochten die Gefühle der Wut und vor allem der tiefen Enttäuschung wieder hoch. Aber ich konnte nicht so aus dem Stand heraus anfangen rumzuschreien. Brauchte ich aber auch nicht, denn seine Begleitung, eine Ärztin, die ich mehr oder weniger kannte, beschloss Servierten zu holen und sofort fing ich sie ab. "Wissen Sie was der Mann getan hat?! Er hat- er hat-" Ich musste mich zutiefst beherrschen, als sie besänftigend ihre Hand auf meine Schulter legte und versuchte die Situation zu entspannen. "Nein, Nein, Nein, Nein, Nein!", protestierte ich verzweifelt. Ja wollte sie mir etwa nicht glauben?! Ich hatte ja wohl schon mehr Kontakt zu ihm gehabt als sie! Die Diskussion hielt nicht lange an, ich stellte das Brett scheppernd auf die Holzplatte neben mir. "Sie verstehen das nicht! Sie glauben mir gar nicht!" Die ersten Tränen krochen über meine zarte Haut. Ein weiterer kurzer Wortwechsel und ich drückte schluchzend meine Handflächen auf die Augen. "Sie haben überhaupt keine Ahnung!" Aufgelöst rannte ich aus dem Raum, stieß ich große Glastür auf um einfach nur noch weg zu sein. Ich verfehlte meinen Weg nach draußen und fand mich plötzlich in der Rettungsstellte wieder. Doch das machte mir nichts aus. Ich setzte mich weinend zu den anderen wartenden Menschen mit meiner blutenden Hand, kotzend, mit Harmlosen Rückenschmerzen, einer entzündeten Wunde, Zahnschmerzen oder sonst etwas dasaßen.

Nachdem Dr. Merysson mit dem Frühstück zurück kam, sah Sie ein wenig mitgenommen aus. Ich sah sie mit einer gehobenen Braue an.
"Ich habe gerade Herr Ludkahamsson getroffen. Er versteht nicht, dass es ein Unfall war. Darf ich Fragen, ob da eine Beziehung entstanden ist? Haben Sie sich mit ihm angefreundet oder so?" fragte Sie.
"Ich ... hab mich ... vielleicht ein bisschen in ihn verkuckt. Aber ich hab sowieso keine Chance gehabt und nun hasst er mich endgültig." erklärte ich und zuckte mit den Schultern. Egal war es mir nicht.
Das er wegen mir leidet, war nicht meine Absicht gewesen.
"Ich wusste ja nicht, dass der Typ, in meinem Zimmer, ein Arzt war. Es war Dunkel, aber ich versteh, dass er nichts mehr mit mir zu tun haben will. Dieser Arzt... hat er eine Freundin?" fragte ich Dr. Merysson.
"Nicht das ich wüsste, aber wenn Sie denken, dass da was läuft, dann kann ich nur zustimmen. Viele wissen bescheid. Dr. Mattis ist ein brillanter Arzt, aber als Lover eine Katastrophe. Ich würde Frey wirklich jemanden besseres gönnen.
Jemanden wie Sie. Auch wenn sie Polizist sind und schlimme Dinge tun, Sie tun es für die Bürger des Landes was sie Lieben und sie würden Frey mit allem beschützen. Wahrscheinlich denkt der kleine gerade schlecht von Ihnen, doch ich bin mir sicher, dass er Sie immer noch mag. Aber lassen Sie ihn jetzt ein bisschen Schmollen." sagte Dr. Merysson und lächelte mich liebevoll an.
"Sie wären eine tolle Freundin für Frey." gestand ich und schmierte mir ein Brötchen und belegte es mit Käse.
Nach meinem 2 Kaffee, 3 Brötchen und Quark mit Früchten, war ich satt und wurde wieder hoch ins Bett gescheucht. Von der Entlassung wurde nicht mehr gesprochen, auch wenn ich immer noch fand, dass es eine gute Idee war. Als ich in einer der falschen Etagen ausstieg, bekam ich mit, wie der Arzt, den ich niedergeschlagen hatte, gerade Laut wurde. Ich erkannte, dass die Person, die zwischen Wand und ihm eingequetscht war, Frey war. In meinem Kopf herrschte Durchzug und bevor ich dachte, handelte ich auch schon.
"Was fällt dir eigentlich ein! Du bist zu nichts nutze! Du Muttersöhnchen! Langsam hab ich es so satt!" tobte der gut aussehende Arzt mit der ungewöhnlichen Frisur.
"Wären wir jetzt nicht hier, würde ich dir mal wieder eine Klatschen, vielleicht verstehst du es ja dann!" drohte er nun.
"Wag es dich!" knurrte ich bedrohlich und zog ihn am Kragen von Frey weg und schubste ihn ein paar Schritte weiter.
"Du bist doch der, der mich niedergeschlagen hat! Dieser Polizist, der wahllos alle umballert!" sagte er.
"Dich hätte ich dann wohl mit umknallen sollen." sagte ich so kalt, dass die Polkappen wieder zu froren.
"Du bist kein Bulle! Du bist genauso ein Terrorist, wie die, die ein Stadtteil ausradiert haben!" fauchte er zurück. Ich sah ihn unbeeindruckt an und schwieg. Ich drehte mich zu Frey um und stellte mich vor ihm hin.
"Du ziehst ihn mir vor? Jemand, der dich niedermacht, dich schlagen will und wahrscheinlich auch tut und dir jeden Traum zerstört? Ich weiß, dass du mich hasst, weil ich aus versehen, deinen Lover umgenietet habe. Ich wünsch dir viel Glück und hoffe, dass du weißt, was du an ihm findest, dass du dir dein Leben so verfuschen lässt. Mich bist du demnächst ebenfalls los." sagte ich und drehte mich dann wieder zu dem Arzt um.
"Wenn ich noch einmal sehe, wie du mit deinen dreckigen Händen, Frey drohst oder auch nur andeutest zu schlagen, werde ich meine Pflicht, Bürger zu beschützen, aufgeben und dir ne Kugel durch die Augen jagen, verstanden?" fragte ich ihn und knurrte fast genauso wie ein Rotweiler.
Ich verschwand zurück zu den Aufzügen und fuhr hoch zu meinem Zimmer und packte meine Sachen wieder in die Reisetasche, entfernte den Katheter von meinem Handgelenk und machte mich auf den Weg zur Information, wo ich nach einem Formular für die Entlassung, wartete.

Weitestgehend unbeachtet konnte ich hier auf meinem grünen Sitz mich ausheulen und ein bisschen abreagieren. Als ich mich dann so weit beruhigt hatte, die Knie angezogen an meine Brust und Schuhe ebenfalls auf der Sitzfläche des Plastikstuhls, legte ich meinen Kopf auf den Beinen ab. So viele Fragen in meinen Kopf. Aber keine einzige plausible Antwort. Er konnte doch nicht so einfach SO reagieren. Doch egal welche Grund er gehabt hatte, wieso taten alle so, als wäre rein gar nichts passiert?! Als ob...er eben NICHT Mattis abgegriffen hatte?! Er hatte ihn ja nicht bloß eine Cola weggenommen oder in den Arm gekniffen. Er hatte ihn blutig geschlagen, zu Boden! WARUM war keine Polizei da, keine Strafe, kein nichts?! Verzweifelt drückte ich mein Gesicht auf die harten Knie. Der Schmerz an Nase und Augenhöhle tat gut...irgendwo. Ich hatte meine Hände zu Fäusten geballt - meine gepflegten Nägel bohrten sich in meine blasse Handinnenfläche. Die Zähne waren zusammengekniffen.
Es wollte mir einfach nicht in den Kopf gehen, aber mir wurde nach wenigen Minuten klar, dass darüber zu grübeln nichts brachte. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass mein 24h Stunden Dienst nun auch endlich zu Ende war und meine Müdigkeit erinnerte mich daran, dass ich nach Hause wollte. Besser ich holte meine Sachen, sah nochmal nach Mattis und holte mir dann zuhause meinen wohlverdienten Schlaf. *Alva sollte ich auch wirklich mal wieder anrufen...*, rief ich mir ins Gedächtnis, als die Erinnerung meiner kleinen Schwester aus dem selben Hause hoch kam. Wir telefonierten eigentlich meist regelmäßig, außer wenn wir uns gestritten hatten, im Urlaub waren oder sonstige Außergewöhnlichkeit die die Kommunikation deutlich erschwerten. Und um jeden Preis musste das ja nun wirklich nicht sein.
Meinem Trübsal ein Ende setzend, verließ ich die Rettungsstelle und kramte meine Sache aus dem Personalzimmer zusammen, zog das Bett ab welches ich benutzt hatte und belegte es wieder neu mit Kissen und Decke. ich war natürlich der einzige im Raum. Daraufhin führte mein Weg natürlich sofort zu meinem Partner, als mir einfiel, dass ich das Tablet unten hatte liegen lassen. Um die Brötchen zu trauern wäre vielleicht etwas unnütz gewesen, doch mein Portmonee lag dort unten noch! Panisch wählte ich wieder einmal die Treppen. Es war eine Qual anzustehen - es gab eigentlich IMMER eine Schlange - doch ich traute mich auch nicht mich vorzudrängeln, als mich plötzlich eine der Kantinenfrauen zu sich rief. "Hier, das gehört doch sicherlich Ihnen oder?" Freundlich streckte sie mir das Navyblaue Portmonee mit all meinen wichtigen Sachen: Führerschein, Kreditkarte, Organspenderausweis, Geld etc. entgegen und ich hätte zum glorreichen dritten mal an diesem Tag Tränen vergießen können, dieses mal aber natürlich zur Freude. "Gott sei Dank!", stieß ich mit einem erleichterten Seufzer aus und nahm den Gegenstand entgegen, verbeugte mich leicht voller Dankbarkeit.
"Und hier die Brötchen!" Weiterhin grinste sie.
"Oh! Sie sind einfach...göttlich! Viel zu gütig! Danke Danke Danke Danke! Sie haben was gut bei mir, fest versprochen."
"Ach was, für Menschlichkeit will ich keinen Bonus. Geben und Nehmen!
Meine Laune war jetzt zumindest ein bisschen gebessert und erleichtert machte ich mich nun endlich zu meinem Arzt auf, ebenfalls ein Lächeln auf dem Gesicht. Freude war ansteckend. Überraschenderweise fand ich meine Schatz dann schon im Gang wieder und mein Lächeln wurde nur breiter. "Oh du bist ja schon wieder auf den Beinen, wie schön! Ich habe Brötchen mitgebracht, du glaubst gar nicht was mir passiert ich habe da unten dann IHN wiedergesehen und war völlig aufgelöst, weil sie einfach mal NICHTS machen und dann hab ich mein Portmonee liegen gelassen und-" Just im nächsten Moment fand ich mich urplötzlich an der Wand wieder. Seine Hände hielten meine fest, drückten die zierlichen Gelenke zwischen seinen kräftigen Finger und dann nochmals gegen die mit Rausfasertapete besetzte Wand. "Ah!" Das Armband grub sich in meine Haut und verursachte noch einmal zusätzlichen Schmerz. "Bitte lass mich los! Du tust mir weh! Mein Armband-!" Harsch brachte er mich mit seiner Stimme zum Schweigen und eingeschüchtert kniff ich die Augen zusammen, rutschte an der Wand hinunter obwohl er meine Hände weiterhin nach oben hielt, entblößte somit meinen Bauch. "Bitte!", wimmerte ich, als meine Hände wieder Freiheit fanden. Völlig erschrocken rutschte ich nun ganz hinunter und fand mich mit dem Hinterteil auf dem Linoleumboden wieder.
Eric hatte plötzlich die Bühne betreten und sogleich finden sie heftig an miteinander zu schimpfen, sich zu drohen und zu beleidigen. Und ich? Ich saß zitternd da, konnte mich nicht rühren und sah nur mit großen nassen blauen Augen dem verbalen Kampf dieser beiden testosterongeladenen Männern zu. Sie schienen ziemlich ebenwürdig zu sein, auch körperlich. Zumindest dachte ich das. An Technik hatte der Blondhaarige sicherlich mehr drauf als mein Partner, aber rein von der Statur wäre es ein fairer Kampf. Hätte man mich gefragt, was genau sich die beiden da an Kopf geworfen hatten, ich hätte es nicht beantworten können. Mein Herz raste wie wild, mein Körper bereitete mit dem ganzen Adrenalin sich auf eine Flucht vor und-...der neue Zuschauer verschwand auch schon wieder, mit bitteren Abschlussworten. Mattis richtete seine Krawatte, sah ihm kurz nach und ich warf mich untergeben an seine Brust, fing an zu flehen was das Zeug hielt. "Mattis, ich habe damit nichts zu tun! Bitte! Bitte tu mir nicht wieder weh, bitte, ich wollte nichts böses, bitte bitte ich liebe dich doch du bist der einzige für mich, bitte, du musst mir glauben - bitte!" Als hänge mein Leben davon ab, klammerte ich mich an seinen Kittel, grub die immer noch bebenden Finger in den weißen Baumwollstoff. Das Gesicht vergrub ich an seiner Brust - welche genau auf meiner Augenhöhe war, schließlich war ich ziemlich klein.

"Denkst du wirklich, dass dieser Typ Interesse an so einem Flittchen wie dir hätte? Du bildest dir echt was ein und ich bin ganz bestimmt nicht eifersüchtig auf diesen Terroristen. Würde nur mein Bild von dir bestätigen. Geh mir aus dem Weg!" sagte ich und schubste ihn von mir und lief den kahlen Flur entlang. Ich richtete meinen Kittel und wischte die Tränen und den Schnodder von dem weißen Baumwollstoff. Wirklich widerlich! Wäre er nicht so willig, würde ich mich gar nicht auf diesen Zwerg einlassen. Aber wenn ich unbedingt Druck abbauen muss, ist er genau der Punching Ball, den ich brauchte, damit es mir wieder besser ging.
Natürlich verstand, die Hohle Nuss, dass nicht und dachte wirklich, dass ich ihn lieben würde oder ähnliches. Ich lach mich immer wieder kaputt, wenn er mir schöne Augen machte und dachte, ich würde ihm die Liebe geben, die er suchte. Er war mein Spielzeug und niemand würde mir es weg nehmen. Ich hatte ihn in meiner Hand und würde es zwangsweise aus zerstören, wenn es mir keinen Spaß mehr machte. Schließlich konnte man Spielzeuge ersetzten.
Jedoch gefiel mir die Beziehung zu dem Polizisten, die Frey zu ihm ausgebaut hatte, nicht. Eigentlich wollte ich ihm ein Mittel spritzen, dass es ihm wieder schlechter ging und er vielleicht sogar zur ins Koma fiel, aber dann wurde der Kerl ja Handgreiflich. Das hatte ich nicht bedacht.
Ich trat in den Personalraum und wechselte meinen Kittel, zog einen frischen an und machte mich dann wieder an die Arbeit, nachdem ich mir meine Blessuren anschaute. Meine Nase war ein bisschen rot und an meinem Hinterkopf klebte ein weißes großes Pflaster. Ich warf eine Schmerztablette ein und ging zurück auf meine Station und machte meine Visite zu Ende.
Gegen Ende meiner Schicht, bekam ich die Bestätigung, dass sich der Polizist auf eigenen Wunsch entlassen hatte. Man verordnete ihm, 3 Mal die Woche das Krankenhaus, für die Nachbehandlung, aufzusuchen, die Medikamente zu nehmen und auf sich zu achten. Hoffentlich krepierte er an seiner Spucke!
In meinem Büro fuhr ich mir durchs Haar und kramte mein Privathandy aus der Schublade und grinste dreckig. Eins meiner Sexdates hatte geschrieben und war verdammt willig, wie die Fotos bewiesen.
Ich leckte mir über die Lippen und hatte verdammt große Lust auf, Danny. Er war Student aus Amerika und wollte die heißen Schweden den Kopf verdrehen. Hat er geschafft, mit seinem großen Exemplar, was mir aus dem Foto formlich entgegen Sprang und diese versauten Nachrichten, die er auf gebrochenem Schwedisch, schrieb. Ich fand es Sexy und machte mich sofort auf den Weg.
Als ich in meinem Mantel steckte und meine Tasche um hing, fand ich Frey vor meiner Tür.
"Was willst du hier? Ich will deine Visage heute nicht mehr sehen! Ich meld mich, wenn ich dich wieder ertragen kann." sagte ich und fuhr mir durch mein unnatürliches Haar, was durch einen Unfall entstanden war, jedoch recht beliebt bei den Boyz wurde. Ich lief an ihm vorbei, ließ ihn einfach stehen und lief zum Ausgang des Krankenhauses und setzte mich in meinen schicken Sportwagen. Ein Porsche, im tiefsten Schwarz, mit vielen Extra wünschen. Ich raste förmlich vom Parkplatz, zu dem Hotel, in dem Danny auf mich wartete.

Als ich am Abend Zuhause war, empfing mich meine kleine Wohnung, mit den alten Möbeln mit dem geflickten Charme, den sie noch ausstrahlten. Manches hatte ich auch selbst gebaut, wie den Tisch aus Paletten oder das Bett aus alten dunklen Holz. Es war ein großer Raum, mit einem angrenzenden Bad. Man konnte es als Loft bezeichnen. Ich mochte es und konnte ungestört aus Schießübungen, an den Wänden, verrichten.
Als ich mich schwerfällig auf die Couch legte, spürte ich das erste Mal, alle meine Knochen gleichzeitig. Das Morphium im Krankenhaus, vermisste ich sehr. Es betäubte alle Schmerzen, sogar den Herzschmerz, den ich seit Jahren nicht mehr hatte und auch nie mehr haben wollte.
Ich fuhr mir durchs Haar und zog ein bisschen in der strohigen Mähne. Ich hab seit Wochen nicht mehr auf mein äußeres Geachtet. Ich war mit Training, Vorbereitungen und Schlaf beschäftigt. Essen und alles andere wurde verschoben.
Jetzt hatte ich genügend Zeit. Auf meinem Tisch lagen die Briefe, die sich über die Tage angehäuft hatten. Darunter waren ein paar Briefe von meinem Arbeitgeber, dem Staat.
Doch ich wollte mich heute nicht mehr mit diesen Schreiben beschäftigen, sondern ich versuchte den Rest des Tages zu schlafen. Vielleicht sah der nächste Morgen schon wieder fröhlicher aus.
Jedoch spuckte in meinem Kopf zu viel Frey herum.
Gott! Wie konnte mir so eine schwedische Schönheit als Krankenpfleger präsentiert werden, der nicht offen Schwul ist, einen miesen Lover hatte und sich das Leben diktieren lässt.
Mein Helfersyndrom meldet sich da doch automatisch, oder nicht? Hat das Schicksal denn überhaupt kein Mitleid mit mir?
Ich zog das Kissen über meinen Kopf und blendete einfach alles aus und konzentrierte mich einfach aufs einschlafen. Durch die Schmerzen und die Mittel, wurde alles irgendwie zu einer Schlaftablette, die meinen Körper erschöpft in sich zusammen sinken ließ.