RE: In deiner Schuld - 9

Offenbar hatte Lijans Vater etwas gegen Quirin. Das konnte er zumindest ein wenig besser verstehen. Der König hatte definitiv das Recht seinem Sohn Sachen zu verbieten, auch, wenn er schon erwachsen war. Allerdings entging Quirin nicht, dass man dem Prinzen nicht wirklich geantwortet hatte. Um seinen guten Willen unter Beweis zu stellen war er binnen weniger Sekunden auf Rosalie. Er formte das Wort "Danke", da Alistar ihm geholfen hatte. Er war ein guter Diener, egal, was Quirin eben noch gesagt haben mochte. Der warme, starke Körper hinter ihm tat gut. und sanft strich er über den Hals des Pferdes. Dieses Mal würde er nicht weglaufen. Lijan interessierte sich wirklich für ihn und so etwas wertvolles durfte er nicht einfach wegschmeißen.

Ich strich Quirin vor mir über den Kopf. "Sieht dieser Sklave für sich danach aus, weglaufen zu wollen?"
Eine Antwort bekam ich nicht. Ich warf den Kopf in den Nacken und stöhnte. "Also gut.... Was muss ich tun, damit du mich ihn mitnehmen lässt?"
Wortlos reichte mir der Hauptmann eine eiserne Halsfessel mit Kette.
"Tut mir leid, mein Kleiner" flüsterte ich und legte sie ihm an. Sie war schwer, kalt und absolut überflüssig, aber wer wusste schon, welche Vorlagen mein Vater uns auferlegen würde, würde ich Quirin zurücklassen. Am anderen Ende der Kette befand sich eine einzelne Handfessel, die ich mir selbst umlegte. "Zufrieden?"
Der Hauptman blieb mir auch dieses Mal eine Antwort schuldig, er winkte vier berittene Soldaten herbei. "Eine vierköpfige Eskorte? Ist das nicht etwas übertrieben?"
"Nicht, wenn es um eure Sicherheit geht, Hoheit."
Ich grinsend legte ich meine Arme um Quirin und nahm die Zügel. Alistar zog sich zurück.
Im gemächlichen Schritt verliessen wir den Hof über die Zugbrücke. Kaum hatten wir die Mauern hinter uns gelassen, flüsterte ich Quirin zu; "Gut festhalten."
"Dann versucht mal schön mit zuhalten! " rief ich den Soldaten zu und trieb Rosalie zum Galopp an. Über die Wiesen, einen Bach bis zum Wald hinüber.

Die Kette war kalt und schwer und fast hätte Quirin sich weggelehnt, um ihr zu entgehen. Aber als Lijan sie ihm mit einer kleinen Entschuldigung anlegte, blieb er still. Irgendwie gefiel ihm die Gewissheit, dass er an Lijan gebunden war. Auch der Prinz konnte ihn jetzt nicht mehr verlassen. Kurz blickte er nach hinten, um die Wachen zu erkennen, die ihnen nun folgen würden. Waren in letzter Zeit etwa Anschläge passiert? Oder besorgte den König die Tatsache, dass sein Sohn in einem Sklavenlager gefangen gehalten worden war doch so sehr.
Immerhin hatten Aren und die anderen den Prinzen nicht einfach so überwältigt, sondern erst, als er sie entdeckt hatte. Als Lijan begann los zu reiten, lehnte er sich leicht gegen ihn. Es war angenehm und gerade wollte er entspannt die Augen schließen, als ihm ein spitzer Schrei entfuhr und Lijan davon jagte. Innerhalb kürzester Zeit hatten sie die Wachen hinter sich gelassen. Schnell hielt er sich am Sattel fest. Damit hatte er wirklich nicht gerechnet.

Erst als wir den Wald erreichten liess ich Rosalie langsamer werden und die Wachen uns einholen. Würden sie uns verlieren, würde mein Vater sie sicherlich hart bestrafen und das wolle ich auf keinen Fall zu verantworten haben. Wir ritten nicht in den Wald hinein, sondern aussen herum. Auf der anderen Seite lag die Stadt in einem wirklich schönen Tal. "Alles in Ordnung?" fragte ich Quirin, dem ein kleiner Schrei entwichen war als ich los preschte. Gemächlich lenkte ich Rosalie in Richtung der Tore. Die Strassen waren voller Menschen die uns den Weg frei machten und sich verbeugten, kaum, dass sie uns sahen.

"Ja, Eure Hoheit... Ich habe mich eben bloß erschrocken", flüsterte er ihm zu. Es tat gut, wieder im freien zu sein, und wenn es nach ihm ginge, hätten sie gerne noch ein paar Minuten innerhalb der ländlichen Gegend verbringen können. Doch Lijan steuerte auf die Stadt zu. Es war seltsam mit anzusehen, wie alle Umstehenden sich vor ihm klein machten. Natürlich wusste er, dass sie sich vor Lijan verbeugten, doch unter normalen Umständen wäre er unter den Bauern und Händlern gewesen, die sich vor seinem Herrn verbeugten.

Wir waren noch nicht lange auf der Strasse unterwegs da rannten ein paar spielende Kinder auf die Strasse. Rosaline erschreckte sich und stieg. Die Kinder erschraken darüber ebenfalls. Mit viel Mühe gelang es mir, Rosalie zu beruhigen. Die Mutter der Kinder kam angerannt, nahm sie in die Arme und entschuldigte sich an die Tausend mal. Ich stieg ab und half Quirin vom Pferd. Er schien etwas blasser geworden zu sein. Beruhigend legte ich der Frau meine Hand auf die Schulter. "Es ist ja nichts passiert. Oder?" Ich streichelte den Kindern über die Köpfe wie ich es bei Quirin schon getan habe. "Ich habt euch doch nicht verletzt?"

Dieses Mal hatte Quirin sich instinktiv in Lijans Unterarmen festgekrallt. Rosalies kleiner Ausfahl hatte ihn überfordert und das erste, was er zu greifen bekommen hatte war sein Herr gewesen. Mit pochendem Herzen stieg auch er vom Pferd hinunter und wandte sich zu ihm um, um es festzuhalten. "Neee!", hörte er das jüngere Kind schreien, bevor es anfing zu lachen. Offensichtlich verstand es nicht, wen es da vor sich stehen hatte. Mit einem kurzen Blick zu den beiden Kindern erkannte er, dass sie maximal vier Jahre alt waren. Während das eine geschockt wirkte, lachte das andere, als hätte es gerade das spannendste Abenteuer der gesamten Welt erlebt.

Der Schmerz den Quirin verurschachte, als er sich an mir fest hielt, ignorierte ich. Ich half der Frau sich aufzurichten, es war nicht zu übersehen, dass sie Schwanger war. Die Soldaten stiegen ebenfalls von ihren Pferden. "Wir sollten besser zu Fuss weiter gehen." Ich sah zu Quirin. "Du siehst aus, als wäre dir das nach diesem Schrecken auch lieber." Die Frau war die Gattin des Schankwirtes, sie bot uns an, die Pferde bei ihr in den Stall zu stellen. Die Kinder schienen Rosalies Stieg schon wieder vergessen zu haben und umringten das Tier. "Darf ich es anfassen?" fragte das jüngere. "Du darfst es nicht nur anfassen, du darfst sogar darauf nach Hause reiten. Das heisst, wenn deine Mutter es erlaubt."
"Ich will auch" rief das andere."
Die Mutter hatte nichts dagegen und so hob ich die Kinder auf Rosalies Rücken. "Gut festhalten" ermahnte ich sie und so folgten wir der Frau zum Gasthaus. irgendwann drehte sich der ältere zu Quirin um. "Bist du ein Sklave?" fragte er, als wäre es das normalste der Welt. "Ricki, solche Fragen stellt man nicht" schollt ihn die Mutter. Ich bezweifelte, dass Ricki überhaupt wusste, was ein Sklave war. Aber irgendwie war ich auf Quirins Antwort gespannt.

Als Lijan das Kind auf das Pferd hob, war Quirin unweigerlich dazu gezwungen, näher an den Prinzen heran zu treten, da er noch immer an das Handgelenk des anderen gekettet war. Mit einem Lächeln betrachtete, wie vorsichtig und behutsam der Andere mit den Kindern umging. Er konnte sich vorstellen, dass er im Volk sehr beliebt war. Das könnte unter anderem auch erklären, warum Alistar ihn so sehr schätzte.
Damit Rosalie ruhig blieb, griff er nach den Zügeln, um sie zu führen, während die beiden Jungen auf ihr saßen. Auf ein weiteres Missgeschick konnte er gut und gerne verzichten.
Bei der Frage verkrampfte er sich kurz. Am liebsten hätte er gar nicht auf sie geantwortet. "Ja, Herr, das bin ich", meinte er nach einer kurzen Zeit des Schweigens. Mit Sicherheit würde zumindest Lijan ihm verzeihen, dass er nicht näher auf die Frage einging.
Schließlich waren sie am Gasthaus angelangt und gaben Rosalie ab, bevor der Prinz mit Speisen eingedeckt wurde.

@Kimi
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