RE: In deiner Schuld - 8

Nein" kam es entschieden von Alistar. "Tue ich nicht. Lijan ist mein Herr und ich bin sein Sklave, dass er mir erlaubt, ihn mit seinem Vornamen anzusprechen, ihn überhaupt anzusprechen, ändert nichts daran." ER trat an Quirin heran und legte ihm die Hand auf die Schulter. "Lijan ist ein guter Herr. Er kümmert sich um seine Sklaven, schaut dass wir genug zu Essen und zu trinken bekommen, gibt uns Kleidung damit wir Nachts nicht frieren. Das einzige, was er von uns dafür erwartet, ist das wir ehrlich sind ohne uns vor Strafe zu fürchten."
Er hatte mich bemerkt und lenkte das Gespräch in eine andere Richtung. "Du empfindest es als falsch, ihn beim Vornamen anzusprechen, ihn überhaupt anzusprechen? Dann lass es. Du empfindest es als falsch mit ihm an einem Tisch zu sitzen? Dan knie dich neben ihn auf den Boden, dorthin wo ein Sklave hin gehört. Du empfindest es als falsch in seinem Bett zu liegen? Dann leg dich auf den Boden, dorthin, wo ein Sklave hingehört. Du glaubst du müsstest für dein Betragen gestraft werden? Dan bitte ihn darum. Lijan unterstützt kein unhöfliches Verhalten, er unterstütz unsere Selbstständigkeit."
Alistar war tatsächlich etwas laut geworden, so kannte ich ihn gar nicht. War es das, was Quirin wollte? Das ich so behandelte, wie er es von früheren Herren her kannte?
Alistar seufzte. "Lijan mag ein Prinz sein, edle Kleider tragen, in einem Schloss leben, mit vielen Dienern und Sklaven aber wenn du glaubst, das er glücklicher ist als du oder ich ...."
Alistar durfte den Satz nicht beenden. Ich schob die Tür auf, trat ein und liess mir nicht anmerken, dass ich gelauscht hatte. "Alistar, lass uns allein." Ich bemühte mich streng zu klingen, ob es mir gelang wusste ich nicht. Alistar schien jedoch zu verstehen. Er verbeugte sich tief und fixierte dabei Quirin. "Wie ihr wünsch, eure Hoheit" sagte er überdeutlich und verliess das Zimmer rückwärts. Wie ihr wünscht, dass hat er seit Jahren nicht mehr gesagt. Ich sah zu Quirin, der sich wieder angezogen hatte und war gespannt wie er sich nun verhalten würde.

Mit spitzen Ohren hörte Quirin dem anderen Sklaven zu. Es hörte sich fast so an, als verteidigte er ihren Herren, als hätte er ihn wirklich gerne, und als würde er ihm vertrauen. Nicht das Vertrauen, dass man jemanden entgegen bringen musste, von dem man abhängig war, sondern das Vertrauen, dass man denjenigen Menschen entgegenbrachte, die man wert schätzte. Für Quirin war es unmöglich, dass ein Adeliger so jemand für einen Sklaven sein konnte. aber Alistar sprach mit Leidenschaft und Offenheit.
"Wie meinst du das, mit dem ehrlich sein?", fragte er. Doch dann wurde die Tür aufgeschoben. Erschrocken erblickte Quirin seinen Herren und ließ sich automatisch auf den Boden sinken. Den Blick, den Alistar ihm zuwarf bemerkte er nicht, da er zu sehr damit beschäftigt war den Boden zu betrachten. Zu gerne hätte er Alistar weitere Fragen gestellt, denn trotz der strengen Stimme wirkte er nicht beunruhigt, oder gar aufgewühlt. Dann waren sie beide wieder alleine ihm Raum des Prinzen.
Auch, wenn Lijan womöglich wollte, dass er mit ihm sprach, kam kein Ton über seine Lippen. Er hatte keinerlei Übung darin, mit den hohen Herrschaften zu sprechen, er konnte nicht einschätzen, was er sich herausnehmen durfte und was nicht.

Quirin richtete den Blick auf den Boden, kaum das ich eintrat. Sein erschrockener Gesichtsausdruck entging mir nicht. Er sank auf die Knie und wagte kaum, sich zu bewegen. "Du hast dich wieder angezogen" stellte ich fest. "Das habe ich dir nicht erlaubt." Ich holte ein Buch aus dem Real, Quirin konnte es nicht sehen, da ich mich hinter ihm befand. "Aber ich habe es dir auch nicht verboten. Du wusstest nicht, wann ich zurückkomme und bei den kühlen Temperaturen hier, bestand die Gefahr, dass du dich erkältest. Wenn du dich erkältest bist du nicht mehr in der Lage, deinem Herren zu dienen." Ich machte eine dramatische Pause, legte das Buch auf den Tisch und meine Hand auf Quirins Kopf. "Das hat Alistar mit Selbständigkeit gemeint. Wenn du dein Handeln auf diese Weise begründen kannst, brauchst du keine Strafe zu fürchten. Genauso verhält es sich mit der Ehrlichkeit, solange du mir die Wahrheit sagst, musst du keine Strafe fürchten, selbst wenn deine Antworten mir nicht gefallen sollten." Ich kraulte Quirin den Kopf ging dann vor ihm in die Hocke. Ich legte meine Finger an sein Kind, damit er hoch und mich ansah. "Verstehst du das, mein Kleiner?"

Innerhalb weniger Sekunden schaffte der Prinz es, dass sein Magen drohte das Frühstück wieder zum Vorschein zu bringen. Er hätte auf einen Befehl warten müssen... er hätte sich schließlich auch an den Kamin setzten können, um sich nicht zu erkälten. Doch dann bekam er eine Antwort auf seine Frage. Scheu blickte er in die Augen des Prinzen. Sie wirkten ruhig und freundlich. "Ja, Herr." Er glaubte, verstanden zu haben, was Lijan meinte. Der Kosename brachte ihm zum Lächeln. "Auch wenn ich am Anfang sicherlich Schwierigkeiten damit haben werde."
Wie es schien hatte wirklich ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Er wollte so sehr, dass Lijan seine Worte ernst meinte.

"War das ein Lächeln?" fragte ich nach. Hatte er eben wirklich gelächelt? Was genau hatte ihn zum lächeln gebracht? Es gefiel mir, wenn Quirin lächelte. "Was genau meinst du, wird dir Schwierigkeiten bereiten? Das ehrlich sein?" Ich wusste, dass es Menschen gab, denen es lieber war, eine Antwort zu bekommen, die ihnen gefiel als eine ehrliche. "Es tut mir leid, dass ich vorhin einfach gegangen bin." Ich redete ohne genau zu wissen, was ich redete, gerade verlor ich mich in Quirins tiefen, traurigen Augen. "Möchtest du mich heute Mittag in die Stadt begleiten oder lieber hier auf meine Rückkehr warten?"

Er nahm an, dass die Frage eine rethorische war und nickte nur. Scheinbar hatte er wirklich gelächelt. "Ich weiß nicht, was mir lieber wäre", gestand er. "Das ist es, was mir schwerfällt. Ich... ich hab nie Entscheidungen getroffen. Bis jetzt wurden sie immer für mich gemacht und ich habe mich damit arrangiert... jetzt wüsste ich gar nicht, was mir lieber wäre", versuchte er sein Dilemma zu erklären. "Im Grunde... weiß ich nicht, wie ich wirklich selbstständig Entscheidungen treffen kann."

„Ach nein?“
Diese Aussage überraschte mich jetzt aber. Ich liess Quirin los und stand auf.
„Wer hat den entschieden, weg zu laufen und wer hat entschieden, mein Leben zu verschonen?“ fragte ich mit leicht anklagendem Unterton. Existenzielle Entscheidungen schienen ihm leichter zu fallen, als so eine Kleinigkeit. „Frische Luft und etwas Sonnenlicht würden dir sicher nicht schaden“
Ich wollte raus aus dem kalten, dunklen Schloss und ich wollte Quirini nicht allein hier zurück lassen.

Verlegen blickte Quirin seinen Herren an. Er hatte Recht, Quirin hatte schon Entscheidungen getroffen, die er nicht hätte treffen dürfen. Doch scheinbar schien Lijan das nicht zu stören. Im Gegenteil, er wünschte es sich offenbar tatsächlich. "Wenn Ihr mich mitnehmen wollt, komme ich sehr gerne mit", meinte er also leise und vorsichtig, als er die nächsten Worte hörte. Er hatte immernoch die Sorge, dass er sich zuviel herausnahm. Wenn er ehrlich mit sich selbst war konnte er den Gedanken nicht ertragen alleine im Schloss auf Lijan warten zu müssen. Er wollte nicht schon wieder alleine sein.

Es freute mich, dass ich in Quirins Interesse entscheiden konnte und er sich offenbar darüber freute. Am liebsten wäre ich gleich aufgebrochen aber ich musste mich zumindest erst noch umziehen. Ich zog an der Kordel und beugte mich zu Quirin runter. "Würdest du bitte neben an warten?"
Neben an, war das Badezimmer. Alster kam und teile mir mit, dass mein Pferd bereit stand. "Wollt ihr nicht doch bis nach dem Essen Warten?" Ich schüttelte den Kopf. "Quirin und ich können ja auf dem markt was essen."
Alistar half mir, mich zu entkleiden und nutzte die Chance, meine Wunden neu zu versorgen. Mit seiner Hilfe zog ich meine Reitkleidung an.

Aus den Augenwinkeln sah Quirin, wie Lijan an der Kordel zog, die Alistar rufen würde. Mit einer kleinen Verbeugung begab er sich in das kalte Badezimmer neben an. Warum rief Lijan Alistar? Wenn er sich schick machen wollte, konnte Quirin ihm genauso gut dabei assistieren. Allerdings gingen ihn die Beweggründe seines Herren nichts an. Vielleicht wollte er auch noch etwas anderes mit ihm besprechen. Die Verlockung an der Tür zu lauschen war groß. Doch würde Quirin es nicht wagen in die Privatsphäre seines Herren einzugreifen.
Erst als Lijan nach ihn rief trat er wieder in das wärmere Zimmer. Lijan sah verdammt gut aus.

Kaum, dass Quirin mein Zimmer verlassen hatte, überkam mich ein seltsames Gefühl. Ich wollte ihn nicht weg schicken, Ich wollte ihn in meiner Nähe haben. Immer und überall. Aber ich wollte auch nicht, dass er meinen geschundenen Körper sah. Ich seufzte leise. Alistar glaubte, mein Seufzen kämme davon, dass es mich schmerzte wenn er meine Wunden verband und entschuldigte sich. "Hat nichts mit dir zu tun" erklärte ich. "Womit dann?" hackte er nach. "Etwa mit Quirin?" Ich zuckte zusammen. Er hatte den Nagel auf den Kopf getroffen.

Als ich wieder angezogen war, rief ich Quirin zurück ins Zimmer. Er kam auch gleich und sah mich mit grossen Augen an. Meine Reitkleidung schien ihm zu gefallen. "Wollen wir?" fragte ich und ging zur Tür. Dort hielt ich noch mal inne. "Bleib dicht hinter mir."
Das er niemanden Anschauen und jeglichen Augenkontakt vermeiden solle, brauchte ich ihm kaum extra zu sagen.

"Ja, Eure Hoheit", murmelte er leise auf die Anweisung. Er rief sich die Worte des Prinzen ins Gedächtnis. Er brauchte sich nicht vor einer Strafe fürchten, selbst, wenn Lijan ihm eine androhen würde. Der Prinz würde wirklich auf ihn aufpassen. Er haftete seinen Blick auf die Fersen seines Herren und folgte ihm in einem angemessenen Abstand durch die Gänge. Hoffentlich würde er sich hier bald zurecht finden können, auch, wenn er das bezweifelte. Doch wie es schien würden sie zumindest hier noch niemandem begegnen. Er konnte nur inständig hoffen, dass ihn der Großteil nicht als den Sklaven wieder erkannte, der hätte geköpft werden sollen.

Quirin folgte mir in den Hof hinaus. Alistar überholte uns und führte mein Pferd aus dem Stall. Ich streichelte sie und winkte Quirin näher heran. "Keine Angst, Rosalie ist sehr leb. Komm her, damit sie dich kennen lernen kann."
"Ihr wollt ausreiten, Hoheit" vernahm ich eine vertraute Stimme. Der Hauptmann der königlichen Wache näherte sich und. Sein Blick viel auf Quirin und wurde sehr ernst. "Ihr wollt doch nicht etwa euren Sklaven mit nehmen?"

Mit einem kleinen Lächeln trat er an Rosalie heran. Sie war eine schöne Stute und ohne scheu stellte er sich ihr vor, um sie kurz darauf zu streicheln. Kurz wechselte er einen Blick mit Alistar. Noch immer fragte er sich, was er getan hatte, dass Quirin nicht auch übernehmen konnte. Doch als eine Wache zu ihnen trat senkte er den Blick schnell wieder. Er wunderte sich über den anklagenden Tonfall der Wache. Wer glaubte er zu sein, dass er eine Handlung des Prinzen in Frage stellen durfte? Doch trotzdem blieb er still.

"Ja, ich will ausreiten und ja, ich will meinen Sklaven mitnehmen."
Ich seufzte als mir klar wurde, warum der Hauptmann hier war. "Hat mein Vater dich geschickt?"
"Nach allem, was letztes Mal geschehen ist, sollte ihr nichts riskieren."
Ich zog Quirin von Rosalie weg, stieg auf und reichte ihm meine Hand. Mit etwas Hilfe von Alistar sass er schliesslich vor mir auf dem Pferd. "Ich kann euch nicht davon abbringen, auszureiten, nicht war?"
"Nein, kannst du nicht."
"Dann lasst euch wenigstens eskortieren und lasst den Sklaven zurück. Er ist einmal weg gelaufen, er wird wieder versuchen zu fliehen."