RE: In deiner Schuld - 4

"Guten Morgen" lächelte ich als der Sklave mich so offen begrüsste und aufstand.
Es freute mich zu sehen, dass er frische Sachen anhatte, sich gewaschen und wohl auch gegessen hatte.
"Es tut mir leid, dass ich dich so lange allein gelassen habe. Aber wie ich sehen haben sich Alistar und Gwen gut um dich gekümmert. Wie fühlst du dich?"

"Besser, Sir", meinte er leise, auch wenn er nicht gerne an gestern zurück dachte. Doch was ihn genau so sehr ängstigte wie seine Erinnerungen, waren die Gedanken an seine Zukunft. Wie würde es jetzt weiter gehen? War er wieder ein Sklave? Schließlich war es undenkbar, dass der Prinz ihn frei ließ. "Wenn ich in Zukunft helfen kann, tue ich das gerne", meinte er also. Er wünschte sich zurück in das Lager. Sein leben dort hatte gerade erst angefangen. Aber er musste sich irgendwie an die Umstände anpassen, denen er nun ausgesetzt war und der Prinz schien nicht grausam.

Ich sah das mein Bett unberührt war. Alistar hatte es wohl gerichtet und es schien als hätte der Sklave es nicht benutzt. "Hast du etwa auf dem kalten Boden geschlafen?"
Quirin kam nicht dazu, mir zu antworten, da klopfte es an der Tür. Alistar brachte Frühstück und nicht zu knapp. "Ich nehme an, du hast für drei gerechnet."
"Ich kann nicht rechnen, dass wisst ihr doch" lachte er und richtete an dem kleinen Tisch an. "Ich hab mit Gwen gegessen" meinte er und fragte nach Quiris Wohlbefinden. "Er hat auf dem Boden geschlafen."
"Warum das denn?" fragte er den Sklaven direkt. "Wo soll ich mit all dem hin?" Alistar hatte eine ganze Menge mitgebracht und meinte, dass ich zu Kräften kommen muss nach der unangenehmen Nacht. Ich nahm mir einen Apfel und bot dem Sklaven an sich zu bedienen.

Stumm hörte Quirin den beiden Männern zu, als sie sich über ihn unterhielten. Es war komisch einfach daneben zu stehen, doch wollte er nichts dazu sagen. Als Alistar eine Frage an ihn stellte zuckte er bloß mit den Schultern. Er hatte nicht das Gefühl gehabt ein Recht darauf zu haben im Bett des Prinzen zu schlafen. Einmal war wohl mehr als genug. Vorsichtig nahm sich ebenfalls einen Apfel. Hoffentlich nahm er sich damit nicht zu viel hinaus. Dann beäugte er das üppige Frühstück. Es roch herrlich und sah fantastisch aus. Besser hätte er selbst es nicht hinbekommen können.

Die Unsicherheit des Sklaven war offensichtlich und nicht verwunderlich.
Ich bat Alistar uns alleine zu lassen.
"Wie ist dein Name?" fragte ich und setze mich auf einen der Stühle.
"Du warst im Lager nicht sehr mitteilungsbedürftig. Vielleicht bist du es ja heute."
Ich wollte mehr über den Sklaven wissen.

Natürlich. Zwar hatte er dem Prinzen das Leben gerettet, doch hatte er sich nicht sonderlich freundlich ihm gegenüber verhalten. Dieses Verhalten würde er vermutlich nun zurück bekommen. "Quirin, Herr", meinte er leise. Zwar wusste er nun auch, wer der Fremde war, doch wollte ihm sein Name nicht einfallen. Er würde Alistar fragen müssen... allerdings würde er den Prinzen so oder so nie beim Namen nennen...

"Quirin"
Wiederholte ich und stand auf. Das Sitzen viel mir schwer, besonders mich anzulehnen.
"Hast du den gar keinen Hunger?" fragte ich da der junge Mann sich lediglich nur einen Apfel genommen hatte.
"Was für eine Art Sklave warst du?"
Genau diese Frage hatte ich ihm schon einmal gestellt.

Als der Prinz sich erhob wich Quirin einen Schritt zurück.
"Doch, Herr", meinte er leise und lies seinen Blick wieder zu dem Buffet gleiten. Aber er durfte sich nicht mehr nehmen, als der Prinz. "Ich war ein Haussklave..." Dieses Mal beantwortete der Sklave die Frage, ohne lange auf sich warten zu lassen. Ob der Prinz ihm böse war, dass er die Frage beim ersten Mal nicht beantwortet hatte?

"Haussklaven werden nach meinem Wissen nicht wirklich schlecht behandelt im vergleich zu anderen." Warum bist du weggelaufen? Du wusstest doch, was dich erwartet, wenn man dich erwischt."
Quirin wich vor mir zu rück. Hatte er angst vor mir? Wahrscheinlich.
"Du darfst dir nehmen, was du möchtest und frei sprechen, solange wir alleine sind" veruchte ich ihn etwas von seine Angst zu nehmen.

Was trotzdem nichts daran änderte, dass er keinerlei Rechte hatte. Doch das würde er dem Prinzen nicht sagen können. "Ich bin weiter verkauft worden...", meinte er also undurchsichtig. Er hätte gar nicht weglaufen dürfen, das wusste er. Aber er würde es wieder tun.
Es verwunderte ihn ein wenig, dass der Prinz so ruhig blieb. Sicherlich würde er ihn bestrafen. Dafür, dass er sich im Lager ihm gegenüber nicht respektvoll verhalten hatte und dafür, dass er geflohen war. Und vermutlich noch für tausend andere Dinge...

Offenbar wollte der Sklave nicht über seine Vergangenheit sprechen. Die Situation war ungewöhnlich, für uns beide. Quirin war ein Sklave und daran würde sich auch niemals etwas ändern aber ich stand in seiner Schuld und auch daran würde sich niemals etwas ändern. Womöglich hatte er noch nicht wirklich verstanden, was das bedeutete. Auf der Suche nach den richtigen Worten ging ich im Zimmer umher. Schliesslich wandte ich mich ihm zu. "Quirin, setz dich bitte."

Es war ungewöhnlich seinen Namen aus dem Mund eines Adeligen zu hören, doch setzte er sich sofort auf einen der Stühle. Hoffentlich war das das Richtige gewesen, in der Anwesenheit eines Herren kniete man gewöhnlich. Dass der Prinz unruhig im Zimmer umherging machte ihn nervös. Der Prinz entschied gerade über seine Zukunft, das wusste er. Aber bis jetzt hatte er vernünftig und ruhig gewirkt. Die Sklaven, die für den Prinzen arbeiteten wirkten glücklich... vielleicht durfte er hier bleiben.

Ich stand dicht vor Quirin, legte ihm meine Hände auf die Schultern. "Schau mich an."
Eine Weile verlor ich mich in den Augen meines Gegenüber. "Nicht einmal ich kann dir die Freiheit schenken, Quirin. Für meinen Vater und die Menschen von Andraka wirst du dein Leben lang ein Sklave bleiben. Nicht aber für mich."

Um meinen Worten etwas mehr Nachdruck zu verleihen und ihm das Ausmass begreiflicher zu machen, ging ich auf die Knie. "Du hast mir das Leben gerettet. Die selben Gesetze die mir verbieten, dir die Freiheit zu schenken, gebieten mir dir zu dienen, ein Leben lang."
Diese Gesetze standen in etwa dem selben Wiederspruch zu einander wie ich zu Quirin. Aber es waren nun mal Gesetze an die sich jeder zu halten hatte.

Langsam hob Quirin den Blick und überwand sich in die Augen des Prinzen zu gucken. Es fiel ihm schwer und gerne wäre er den Blicken wieder ausgewichen, doch irgendetwas in dem Blick des anderen zeigte ihm, dass er ihm vertrauen konnte. Als der Prinz jedoch vor ihm auf die Knie ging, meinte er, sein Herz würde für einen Moment aussetzten. Das war nicht richtig! Er räusperte sich. Was bedeutete das jetzt genau?
"Aber... das geht nicht", brachte er heiser hervor. "Ihr seid der Prinz. Ihr dient niemandem..."

Das der junge Sklave nicht wirklich wusste, wie er auf meine Worte reagieren solle, war klar.
"Mein Vater würde dir da sicher zustimmen. Meine Mutter jedoch nicht." Ich setzte mich auf dem Boden etwas bequemer hin. "Ein König sollte niemals mehr sein, als ein Diener seines Volkes." Nun, gerade nahm ich dies vielleicht etwas zu wörtlich. "Ich mag ein Prinz sein und du ein Sklave, dass ändert jedoch an der Gesamtsituation nichts" versuchte ich zu erklären. "Es macht nichts, wenn du das jetzt noch nicht oder niemals verstehst. Du musst nur wissen, dass es dir als mein Sklave gut gehen wir und ihr dir keinen Wunsch abschlagen werde, den zu erfüllen in meiner Macht steht."
Im dem Moment wurde die Tür aufgerissen und Alistar platzte herein wie am Abend zu vor. Was auch immer er sagen wollte, die Worte blieben ihm im Halse stecken. Das Bild, das sich ihm bot war ziemlich grotesk. "Gewöhn dir an, anzuklopfen!" rief ich etwas zorniger als ich es wollte. "Tschuldigung" kam es darauf hin von Alistar. Kleinlaut zog er die Tür zu und meinte noch: "Ist nicht so wichtig."