RE: Famiglia - 6

Als der junge Pietro das Zimmer betrat um die Einladung zum Essen zu überbringen, verbesserte sich Santinos Laune zumindest ein wenig. es gab etwas zu tun... endlich! Sehr erleichtert ging er duschen und holte einen eleganten Anzug aus seinem Schrank. So schnell wollte er Valerio nicht mehr die Chance geben ihn ausziehen zu wollen. Die Situation hatte sich so oder so in sein Gedächtnis eingebrannt- er war noch immer verwirrt davon. Nachdem er sein Spiegelbild für annehmbar befunden hatte, ging er zum Speisesaal des Anwesens. Hier kamen eine Menge Erinnerungen an den Alten hoch... ob Orlando dabei war? Er konnte es nicht genau sagen,der neue Don war meistens sehr undurchsichtig mit dem was er vor hatte.

Tatsächlich wirkte Santino, genau wie Valerio vermutet hatte, wenig ausgelastet. "Ah, Tino", grüßte Valerio seinen Mitarbeiter und erhob sich, um herzlich seine Arme zu öffnen und ihm mit einem zufriedenen Lächeln in Empfang zu nehmen. "Du siehst besser aus", lobte er dann, nach dem er ihn die Arme geschlossen hatte. Auch Orlando lächelte, auch, wenn Valerio erkennen konnte, dass er den Schock noch immer nicht ganz überwunden hatte. Es tat ihm leid, dass er seinen kleinen Bruder da mit hinein gezogen hatte, aber manche Dinge konnte man nicht mehr rückgängig machen.

Santino erwiderte die Umarmung,es war gut dass Valerio ihn wieder herzlich begrüßte, es zeigte ihm dass nachdem die Fronten geklärt waren alles zumindest halbwegs beim alten war. Zumindest auf den ersten Blick. Er lächelte leicht und musterte den Don mit einem belustigten Funkeln in den Augen. "Danke für das Kompliment- aber ich fühle mich wie ein Hauskätzchen." Er fühlte sich nicht wohl wenn er nicht mindestens ein paar Kratzer hatte. Nachdem er den don begrüßt hatte ging er zu Orlando hinüber und umarmte ihn fest. Er musste dafür ein wenig in die Knie gehen. "Danke... für alles",murmelte er ihm leise ins Ohr.

"Damit wirst du auch ein wenig auskommen müssen", lächelte Valerio, bevor er sich wieder hinsetzte und das Essen für alle drei hineingetragen wurde. Sie würden sich zumindest gleich selbst bedienen, da Valerio es nicht mochte, wenn bei privaten Treffen Angestellte mit im Raum waren, aber ein wenig Prunk wollte er sich dennoch leisten.
Orlando umarmte seinen besten Freund ebenfalls feste. Er war seinem Bruder sehr dankbar, dass er Gnade hatte walten lassen. Auf der anderen Seite fragte er sich, was sein Vater von all dem halten würde. Er wollte nicht, dass Valerio alleine für ihn Prinzipien brach.

Erleichtert stellte Tino fest,dass Orlando die Umarmung erwiderte. Dann war er zumindest nicht mehr allzu böse auf ihn. Hoffentlich. Er setzte sich auf einen Platz den Brüdern gegenüber und wartete geduldig bis es etwas zu essen gab. "Gibt es schon irgendwelche Neuigkeiten? Zu Marco oder einem der anderen?" Ihm wurde bewusst dass er keine Gelegenheit gehabt hatte Bericht zu erstatten.

"Marco weilt nicht mehr unter uns, aber er hat uns ein paar Informationen hinterlassen, die nützlich sein werden... Du, allerdings, wirst nichts mit dem Fall zu tun haben", erklärte Valerio mit Nachdruck, während er begann zu essen. Erst dann begannen auch die beiden Anderen. "Was sagt der Arzt über deine Wunde?", wollte er dann wissen.

Santinos Kiefermuskeln verkrampften sich bei dem Kommentar und er wandte den Blick ab. Er akzeptierte es, aber das hieß noch lange nicht dass es ihm passte. "Dann werde ich keine Informationen haben, die Sie noch nicht kennen ",gab er kühl zurück und fing an zu essen. Es ärgerte ihn dass seine Mission gefährlich war, aber er kein Lob dafür bekam und die Informationen die er besorgt hatte nicht einmal von ihm überbracht wurden. Aber das Thema stand sowieso nicht mehr zur Debatte das war ihm klar. "Er... ist recht zufrieden. Es heilt schnell und es ist nur der Muskel verletzt. Der wird zwar erstmsl etwas schwächer sein, aber nichts weiter."

Es war deutlich zu erkennen, dass es Tino nicht passte, einfach so übergangen zu werden. Aber das hätte er sich vorher überlegen können. Wenn er zwei Tage länger gewartet hätte, wäre er es gewesen, der Marcos Verhör übernommen hätte. Aber er hatte sich den Regeln widersetzt und erwartete dafür hoffentlich kein Lob. Still legte Valerio sein Besteck ab und griff nach dem Weinglas. Während er sich zurück lehnte, schwenkte er die Flüssigkeit ein wenig hin und her. "Sehr gut. Ich werde mich morgen mit ihm unterhalten, bezüglich deiner Rehabilitation." Dennoch würde Tino das Haus nicht verlassen dürfen. Es war eine Ehre, dass er mit am Tisch der Brüder saß.

Valerio ging auf das Thema nicht weiter ein, was bedeutete dass es damit erledigt war. Santino verlor auch kein Wort mehr darüber, er wollte den Don nicht nochmal wütend machen. Trotzdem, er hielt es keine Woche mehr in den Mauern des Anwesens aus, er musste raus, etwas tun. Ein Tiger im Käfig würde früher oder später gefährlich werden. Auf die Erwähnung des Arztes zuckte er nur die Schultern. "Es ist nur ein Kratzer sonst nichts. ich bin deswegen nicht außer Gefecht." Langsam vermutete er dass Valerio das als Vorwand nutzte um ihn hier festzuhalten. Aber Orlando sollte wissen was passierte wenn man ihn zu lange zwang nichts zu tun.

"Tino", warnte der Don. Er hatte die Wunde gesehen, bei zu starker Belastung konnte es sein, dass sie wieder aufriss. Es war definitiv mehr, als nur ein harmloser Kratzer, auch, wenn es Santino nicht vollkommen aus dem Gefecht setzte. "Du wirst diesen Monat keinen Außeneinsatz haben. Ich habe dich gewarnt." Valerio hatte das Gefühl, dass Santino sich nicht mehr im klaren darüber war, dass er gerade eine Strafe absaß. Dass er mit den Brüdern essen durfte, war bloß eine Belohnung für sein gutes Benehmen.

Er stellte sein Glas vor Frust etwas zu fest ab und verbiss sich ein Knurren. "Ja,Don. Ich habe schon verstanden.",entgegnete er kühl und aß weiter. Es machte ihn einfach fertig dass er drinnen bleiben musste,er hielt das unmöglich aus. Früher oder später würde er trotzdem ausbrechen, einen Weg suchen nach draußen zu kommen. Aber er wusste sehr gut dass Valerio nicht zu erweichen war und dass er aus einem bestimmten Grund hier beim Essen saß. Trotzdem fiel es ihm schwer seinen Frust zu verbergen, wenn er nichts zu tun hatte wurde er wirklich unausstehlich.

Jetzt musste Valerio doch lachen. Sein Lachen klang dunkel und hielt nicht lange an, aber das Benehmen seines Ziehbruders war zu amüsant, als das er sich zurück halten konnte. "Wenn du dich weiterhin benimmst, werde ich dir bald eine Aufgabe zukommen lassen", versprach er. Im Büro gab es viel zu tun. "Also enttäusche mich nicht." Es war schade, dass sie so tun mussten, als wäre Santino ernsthaft verletzt. So war sein Team auf andere aufgeteilt worden.

Bei diesem Lachen lief Tino ein Schauder über den Rücken, er konnte sich nicht erklären wieso. Aber plötzlich kam ihm die Situation in Valerios Büro vor ein paar Tagen in den Sinn und seinw ganze Haut kribbelte aufgeregt. Verlegen räusperte er sich und wich dem Blick seines Bosses aus. "Ja Don wie Sie meinen.",antwortete er ruhig,er hasste Büroarbeit aber es war besser als nichts zu tun. Er zuckte leicht die Schultern und leerte langsam und scheinbar bedächtigt seinen Teller. Aber innerlich war er einfach nur frustriert,gelangweilt, angespannt... Mit einem leisen Grollen legte er sein Besteck auf die Seite. "Ich werde Sie nicht enttäuschen. Aber ich bin in den letzten Tagen auch sehr gut darin geworden die Decke anzustarren."

"Daran hättest du denken können, bevor du dich willentlich meinen Befehlen widersetzt." Noch immer stand Tino in seiner Schuld und Valerio hatte nicht vor, ihn das vergessen zu lassen. Dennoch gefiel es ihm, wie der Jüngere sich seinen Willen beugte. "Und wenn es deine Beobachtungsgabe schult, dann bin ich sehr froh darüber, dir ein guter Lehrer sein zu können." Orlando musste inzwischen auch Grinsen. Er merkte, dass Valerio gerade seinen Spaß hatte.

Das Zähneknirschen war definitiv im ganzen Raum zu hören, aber er konnte es wirklich nicht verhinden. "Ja...Don. Ich habe verstanden." Seine Stimme klang wie aus dem Gefrierfach. Dass Valerio mit ihm spielte machte ihn langsam irgendwie wütend, da er rein gar nichts gegen ihn tun konnte. "Aber wenn Sie so darauf bestehen dann muss ich eben mit der nackten Wahrheit leben." Seine Augen blitzten und es musste für Valerio offensichtlich sein worauf er anspielte.