RE: Spouse - 9

Ich hörte ihm zu, lief dann aber ohne noch viel zu diskutieren in meine Küche und machte das, was er sich wünschte, aber für uns beide. Es dauerte nur sehr kurz und ich kam dann mit dem Kakao wieder, stellte ihn auf den Tisch ab, welcher aus Weidenstöckern geflochten war, ein echtes Unikat. Dann holte ich noch zwei Decken aus meinem Schlafzimmer und kam mit auf das große Sofa. Ich wickelte mich, einem Kinde gleich, in die Decke und nahm meinen Kakao an mich und starrte dann gespannt auf das Buch. Ich erinnerte mich, dass meine Eltern mit als Kind auch mal vorgelesen hatten und ich das schon damals sehr genossen hatte, mehr als andere Kinder.
Zwischen dem Buch und ihm sah ich auf und ab, wartete darauf, dass er zu lesen begann.

Ich machte es mir sehr gemütlich auf dem Sofa und lehnte mich tief zurück. Anfangs starrte ich noch auf das Buch, dann irgendwann auf den Boden, und nach einer weiteren halben Stunde - oder eine? Ich verlor das Zeitgefühl - schloss ich meine hellblauen Augen. Dennoch war ich von der Geschichte sehr gefesselt. Und es dauerte nicht lange, da bekam ich eine kurze Hitzewallung und schmiss die Decke von meinem Leib. Die Geschichte ging weiter. Hier und dort lachte ich, aber schließlich kam irgendeine traurige Szene... und so kam es, dass meine medizinische Behandlung und die Tragik mich zum heulen brachte. Tränen rannen mir über die Wangen und ich begann zuckend zu atmen, versuchte aber leise zu bleiben, um zuzuhören. Unterdrückte das Schlurzchzen und Jaulen, nahm die Decke wieder, wickelte mich wieder ein.

Ich war einfach nicht dieser Mensch, den er nun hier neben sich sitzen hatte. Und ich schämte mich dafür. Am liebsten hätte ich das Geheule unterdrückt, aber es kam einfach, ohne zu fragen. Es kontrollierte mich, nicht umgekehrt. Und ich konnte mich nicht wehren. Als London mich ansprach, da sah ich zu ihm, sah auch den offenen Arm und spürte meine eigene Überforderung mit diesem Angebot. Ich wollte einerseits gerne, aber ich verbot es mir selbst, ihn zu nahe an mich zu lassen. Kurz blickte ich ihn an, es gingen Zuckungen durch meinen Körper, und ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Also schwieg ich einfach und sah dann wieder auf den Boden. "Tut mir leid", nuschelte ich peinlich berührt.

Ich fragte mich, wieso London so einen schrägen Vogel wie mich abbekommen hatte, und keine Frau, die er verdient hatte. Er war viel zu freundlich zu mir, hatte zu viel Verständnis, war zu weich und zu stark. "Du hast mich nicht verdient", murmelte ich irgendwann leise und ließ es aber zu, dass er mich zu sich zog. Ob es klug war, ihn entscheiden zu lassen? Er suchte mehr Nähe, als ich. Er wehrte sich kaum gegen diese ganze Tragödie und versuchte sie wohl einfach durchzustehen, und mich mit hinterher zu ziehen. Ich hätte ihn gerne unter anderen Umständen, in einer anderen Stadt und zu einer anderen Zeit kennengelernt.
Nun schwieg ich und hörte weiter zu. Die Tränen versiegten und irgendwann - es dauerte lange - da entspannte ich mich in seinen Armen und lehnte mich an ihn, schloss wieder die Augen und lehnte vor Müdigkeit meinen Kopf auf seine Schulter. Als der Schlaf an mir zog, gingen mir Gedanken durch den Kopf, die ich sonst nicht zulassen wollte. Er roch so gut... so verdammt gut... so....
Ohne es zu bemerkten war ich weiter nach unten gerutscht innerhalb der Minuten, nur damit mein Kopf näher an seiner Achselhöhle liegen konnte.

Ich versuchte so lange wie nur möglich, wach zu bleiben und der spannenden Geschichte dieses Jungen zu lauschen, welcher anscheinend Zauberkräfte entwickelte und zu Größerem bestimmt war. Es war eine alte Geschichte. Ich hatte bereits früher mal von ihr gehört, aber weder die Videos gesehen, noch die Bücher gelesen.
Irgendwann aber überkam mich nicht nur ein Duft, sondern auch meine eigene Müdigkeit. Es war so warm und kuschelig hier, die Füchse lagen neben uns auf dem Sofa und schliefen schon lange. Ich hatte zum Glück schon Futter hingestellt und das Klo vorher gereinigt.
Ich bekam nicht mit, wie er durch meine Haare fuhr. Einige Stunden schlief ich, bis ich dann irgendwann aufwachte. Mein Schlaf war seit der ganzen Geschichte sehr unruhig und mit tiefem Atem schreckte ich hoch.

Ich musste einige Male tief ein- und ausatmen, ehe ich realisierte, dass ich Zuhause war. Und dann auf einmal seine Stimme, die mich hochschrecken ließ. Ich drehte mein Gesicht zu ihm und musterte ihn im schwachen Licht einer kleinen Lampe, die sich automatisch gedimmt hatte. "Oh Gott, bitte erschreck mich nie wieder so", bat ich ihn und merkte, wie schwer mein Herz schlug. Ich strich mir die Haare aus dem Gesicht und sammelte mich noch einige Momente lang. "Ja, du hast ja recht", murmelte ich leise und erhob mich langsam. Ich war genervt von den ständigen unruhigen Träumen und meinem leichten Schlaf, seit Tagen schon. Gerädert schlenderte ich dann durch den Raum und öffnete die Tür zu meinem Schlafzimmer. Es war größtenteils aus Holz und hatte eher erdfarbende Kissen auf dem großen Bett mit vielen Decken.

Ich nickte leise. "Ja, das bin ich wohl." Ich sah ihn dann noch einmal an, bevor ich im Schlafzimmer verschwandt. Ich war so müde, so instinktgesteuert, dass ich einfach das tat, was ich immer war, nachdem er außer Sichtweite war. Ich zog mich komplett aus, da ich normalerweise immer nackt schlief und dieses Gefühl auch sehr genoss. So konnte man eben alles auf seiner Haut spüren. Ich legte mich in mein Bett und zog die Decke grade mal so weit über mich, dass man nicht mein Geschlecht sehen konnte, aber durchaus noch die dunkle Haarspur, die von dortaus zu meiner Bauchnabel spürte. Ich hatte in meiner Müdigkeit den Gast schon längst wieder vergessen und wäre auch direkt eingeschlafen, wenn er jetzt nicht auf einmal in den Raum kam. "Hmm?", murrte ich leise und sah ihn mit halb geöffneten Augen hinein treten. Er stellte den Tee auf meinen hölzernen Nachtschrank und ich hob den Kopf an, um daran zu riechen. "Riecht sehr natürlich, gefällt mir", sagte ich und nahm den Tee, um vorsichtig daraus zu trinken.

Ich trank einige Schlücke von dem Tee, der so würzig und angenehm schmeckte, dass ich mich in den Geschmack hätte verlieben können. Aber so war es mit vielem momentan. Entweder lieben oder hassen, das verlangten die Hormone, und nichts anderes dazwischen.
Ich legte mich wieder hin und schloss die Augen. Ich war so müde, trotz vieler Gedanken, und konnte daher in einen ruhigen Schlaf verfallen.

Der nächste Morgen. Ich wachte erst spät auf und nahm ein Handtuch aus meinem Schrank. Ich hatte den Besuch in der Müdigkeit erneut völlig vergessen und schritt nun auf meinem Schlafzimmer hinaus. Das Handtuch bedeckte grade noch mein Geschlecht, während ich völlig ungeachtet von allem in mein Badezimmer stolperte. Ich hatte den anderen nicht einmal bemerkt. Die Tür des Bades ließ ich offen und stieg dann unter meine Dusche.